"Investoren haben derzeit nur die Entwicklung in Frankreich im Kopf und werden diese Woche sehr vorsichtig agieren", sagte Chris Scicluna, Chef-Analyst der Investmentbank Daiwa Capital Markets. In aktuellen Umfragen trennen die vier wichtigsten Kandidaten nur drei bis vier Prozentpunkte. Für die erste Runde der Präsidentschaftswahl am 23. April sehen Demoskopen weiterhin den unabhängigen Kandidaten Emmanuel Macron sowie Marine Le Pen vom rechtsextremen Front National vorne. Ein Sieg der Euro-Kritikerin Le Pen bei der Stichwahl am 7. Mai würde die Börsen Experten zufolge ins Chaos stürzen und die Gemeinschaftswährung auf Talfahrt schicken. Am Dienstag verteuerte sich der Euro allerdings um einen knappen halben US-Cent auf 1,0682 Dollar.
Der Nervosität der Anleger spiegelte sich am Anleihemarkt wider: Der Renditeaufschlag (Spread) für zweijährige französische Papiere zu vergleichbaren deutschen Titeln stieg auf ein Zwei-Monats-Hoch. Gleichzeitig kletterte der Bund-Future, der auf der als sicher geltenden zehnjährigen Bundesanleihe basiert, um bis zu 18 Ticks auf 163,72 Punkte. Die "Antikrisen-Währung" Gold hielt sich mit 1284,63 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) in Reichweite ihres Fünfeinhalb-Monats-Hochs vom Ostermontag.
MAY KÜNDIGT NEUWAHLEN FÜR JUNI AN
Am Mittag kündigte die britische Premierministerin Theresa May für den 8. Juni Parlamentswahlen an, um sich für die Brexit-Verhandlungen Rückendeckung zu sichern. Umfragen zufolge dürften Mays Konservative die Abstimmung deutlich gewinnen. "Das ist politisch ein kluger Schachzug und sollte mehr Stabilität für die Zeit unmittelbar nach dem Ausstieg aus der EU bieten", sagte Simon Derrick, Chef-Analyst von Bank of New York Mellon. Ende März 2019 scheidet Großbritannien aus der Staatengemeinschaft aus. Das Pfund Sterling verteuerte sich nach Mays Ankündigung um etwa einen US-Cent auf 1,2667 Dollar.
Außerdem beschäftigte Börsianer erneut die Verfassungsreform in der Türkei. Am Sonntag hatten die Wähler mit 51,4 Prozent für die Einführung eines Präsidialsystems gestimmt. Kritik an der Rechtmäßigkeit des Referendums wies Präsident Recep Tayyip Erdogan zurück. Die Währung des Landes werte am Dienstag zwar weiter auf und der Leitindex der Istanbuler Börse hielt sich gegen den europäischen Trend knapp im Plus. Die Stimmung kann Experten zufolge aber schnell kippen, weil die erwartete Verschlechterung der Beziehungen zur EU die türkische Wirtschaft weiter belasten wird. Commerzbank-Analyst Tatha Ghose sagte für die kommenden Monaten einen Anstieg des Dollar auf 3,75 Lira voraus. Am Dienstag kostete er 3,6833 Dollar.
ROHSTOFFWERTE UNTER DRUCK - EISENERZPREIS STÜRZT AB
Bei den Aktienwerten standen vor allem die Rohstoffwerte unter Verkaufsdruck. In London büßten die Minenbetreiber Anglo American, Antofagasta, BHP Billiton, Glencore und Rio Tinto bis zu 4,6 Prozent ein. Stahlkocher wie ArcelorMittal, ThyssenKrupp, Salzgitter oder Voestalpine verloren sogar bis zu 5,6 Prozent. Ein Grund hierfür war der Preisverfall von Eisenerz. In China brach der Kurs um 6,5 Prozent ein - so stark wie seit fast fünf Monaten nicht mehr. Das aktuelle Stahl-Überangebot dämpfe die Erz-Nachfrage, sagte Analyst Vivek Dhar von der Commonwealth Bank of Australia. Stahl verbilligte sich an der Börse Shanghai um 3,7 Prozent.
rtr