Anleger scheuten wegen des Zollstreits das Risiko. "Die Verhandlungen stehen auf des Messers Schneide", warnte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. "Ein Scheitern der Gespräche war noch nie so wahrscheinlich wie jetzt." Die Regierung in Peking reagierte auf den US-Bann auf Produkte des chinesischen Netzwerk-Ausrüsters Huawei mit patriotischen Tönen. Die Entschlossenheit Chinas, die nationalen Interessen zu schützen sei "steinhart", hieß es in einem Leitartikel der Renmin Ribao, der Zeitung der regierenden Kommunistischen Partei.
Auch die von US-Präsident Donald Trump angedrohten Autozölle für Europa sind nicht vom Tisch. Die Entscheidung darüber soll Insidern zufolge aber um bis zu sechs Monate aufgeschoben werden. Der europäische Automobilsektor-Index machte daraufhin etwas Boden gut und lag noch 1,5 Prozent im Minus.
EXPERTEN ERWARTEN BALDIGEN STURZ VON MAY
Mit wachsender Nervosität beobachteten Investoren außerdem auf die Brexit-Verhandlungen zwischen den Tories von Premierministerin Theresa May und der oppositionellen Labour-Partei. "Am Markt wird zunehmend von einem baldigen Rücktritt von May ausgegangen", schrieben die Analysten der BayernLB. Ihr Nachfolger werde voraussichtlich ein Brexit-Hardliner. Ex-Außenminister Boris Johnson warf seinen Hut bereits in den Ring. Die Furcht der Investoren vor einem ungeordneten EU-Ausstieg der Briten mit seinen negativen Folgen für die Wirtschaft drückte das Pfund Sterling auf ein neues Vier-Monats-Tief von 1,2740 Dollar. Der Euro stagnierte bei 1,1171 Dollar.
FURCHT VOR AMAZON LASTET AUF DELIVERY HERO
Der Einstieg des US-Onlinehändlers Amazon beim britischen Konkurrenten Deliveroo setzten die Aktien von Mitbewerbern in Europa unter Druck. Am deutschen Aktienmarkt gaben Delivery Hero mehr als drei Prozent nach. In Amsterdam verloren die Titel der Lieferando-Mutter Takeaway knapp fünf Prozent, die Papiere des britischen Essenslieferanten Just Eat verbilligten sich sogar um acht Prozent. Die Angst vor einem wachsenden Konkurrenzdruck sei aber überzogen, schrieb Ian Whittaker von der Investmentbank Liberum. Vor allem Just Eat habe als Nummer eins in Großbritannien wenig zu befürchten, da der Marktanteil für den wirtschaftlichen Erfolg entscheidend sei.
Unter Verkaufsdruck standen auch die Aktien von Dürr, die sich um 4,6 Prozent verbilligten. Umsatz und Auftragseingang im ersten Quartal lägen zwar über den Erwartungen, schrieb Analyst Gordon Schönell vom Bankhaus Lampe. Angesichts der schrumpfenden Margen sei aber zweifelhaft, ob das Unternehmen seine bekräftigten Gesamtjahresziele erreichen könne.
EasyJet-Anleger ließen sich vom gestiegenen Halbjahres-Verlust dagegen nicht beirren. Die Titel des Billigfliegers setzten sich mit einem Plus von vier Prozent an die Spitze des Londoner Auswahlindex FTSE. Das bekräftigte Gewinnziel für das Gesamtjahr sorge für Erleichterung, schrieben die Analysten der Bank Credit Suisse.
rtr