Chart 1 - DAX im Stunden-Chart
Jetzt mal ehrlich: Lesen Sie noch jede Tickermeldung zur Griechenland-Krise? Wir nicht! Zweifellos wird irgendwann in nicht allzu weiter Ferne eine der Schlagzeilen einen wenn auch nicht finalen, so doch hoffentlich wenigstens länger wirksamen Schlussstrich unter dieses leidige Thema verkünden. Doch bis dahin dient die Nachrichtenflut ausschließlich diversen Medien dazu, ihre Existenz zu rechtfertigen. Und so überlassen wir es insbesondere Menschen mit viel Freizeit, sich von dieser künstlich aufgeblasenen Menge an Pseudo-Information berieseln zu lassen.
Denn wenn etwas Wichtiges passiert, werden professionelle Investoren es unverzüglich in die Kurse einpreisen. Erst wenn der DAX dadurch nachhaltiger reagiert und nicht nur bei jeder kleinsten Nachricht kurz in die entsprechende Richtung zuckt, sehen wir uns zu einer Neubewertung der Situation veranlasst. Bis dahin gilt die schon von einem der Urväter der Technischen Analyse, Charles Dow, Ende des 19 Jahrhunderts verkündete Weisheit, dass alle bereits bekannten Nachrichten schon in den Kursen eingepreist sind, und dass ein Trend solange fortbesteht, bis er sich umkehrt. Vor 130 Jahren gab es noch kein Internet und keinen Hochfrequenzhandel, daher muss die Aussage vielleicht auf langfristige Trends reduziert werden. Kurzfristig kann es durchaus zu starken, psychologisch und technisch bedingten Schwankungen kommen, wie wir sie gerade erleben. Doch auch diese sind seit einiger Zeit recht klar strukturiert.
Für diejenigen unter Ihnen, die diese börsentägliche Analyse heute zum allerersten Mal lesen, fassen wir die in den vergangenen Tagen bereits ausführlich erläuterte Situation gerne noch einmal zusammen: Seit vier Tagen befinden wir uns in einer Seitwärtsbewegung, die nach unten bis an ein paar lokale Zwischentiefs bei rund 10.900/10.965 und nach oben bis an den Monatsdurchschnittskurs und einem kleinen Doppelhoch im Fünf-Minuten-Chart bei 11.200/11.288 reicht (siehe Seite 4). Zwischen diesen Grenzen bildete noch die 11.130 eine schwache Unterstützung, an der regelmäßig gekauft wurde - gestern ist sie aber nach unten durchbrochen worden.
Lehnt man sich etwas zurück um die Tendenz der vergangenen Monate erkennen zu können, befinden wir uns in einem Abwärtstrend, der bereits im April seinen Anfang genommen hat. Er entfaltet sich in einem recht scharf abgegrenzten Trendkanal, gut erkennbar im Ein-Stunden-Chart. Der Kurskorridor lässt den Notierungen nach oben Luft bis rund 11.520. Aktuell ist aber die Unterseite des Trendkanals bei rund 10.615 wichtiger. Auf dem Weg zu diesem Kursziel könnte der DAX höchstens bei 10.800/10.865 noch einmal halten, hier liegen mehrere Zwischentiefs des Vormonats, was durchaus erneut Käufer anlocken könnte.
Wer mit dem Tagesgeschäft gar nichts zu tun haben möchte, schaut auf den Wochenchart. Er zeigt einen nach wie vor intakten langfristigen Aufwärtstrend, der erst in Gefahr gerät wenn der Index deutlich unter die 9400er-Marke fällt. Doch zuvor dürften schon mehrere Wendepunkte bei 9900/10.100 Schnäppchenjäger anlocken, und auch die 200-Tage-Linie knapp unter der 10.600 war früher häufig eine Kursstütze - diesmal könnte es hier aber eng werden. Da noch genug Luft nach unten ist, bevor über einen Trendwechsel diskutiert werden muss, besteht aber kein Anlass zur Panik. Anleger sollten sich daher nicht von jeder neuen Meldung aus dem Süden der Europäischen Union beunruhigen lassen. Selbst wenn der Markt noch einmal unter Griechenland leiden sollte, muss dies nicht zwangsläufig zu einem Trendwechsel führen.
Chart 2 - Tageschart mit Abstand zur 21-Tage-Linie
Der Tageschart liefert einen länger zurück reichenden Blick auf den Kursverlauf des Deutschen Aktienindex. Hier werden Kursmarken erkennbar, an denen es in den vergangenen Monaten und Jahren zu mehreren Wendepunkten gekommen ist (mittelfristige Unterstützungen und Widerstände). Sie sind oft stärker als die nur vorüber gehend wirksamen Chartniveaus im Fünf-Minuten- oder Ein-Stunden-Chart auf der ersten Seite der Analyse.
Wichtig ist der unter dem Kursverlauf abgebildete Indikator: Er misst den Abstand des Index zu seinem durchschnittlichen Kurs der vergangenen 21 Tage (dem Monatsdurchschnitt). Verlaufen die Kurse weit unter der 21-Tage-Linie, fällt der Indikator in die untere Extremzone. Werte, die tiefer liegen als etwa minus vier Prozent signalisieren eine erhöhte Chance auf eine Bodenbildung/Zwischenerholung. Werte über rund plus 3,8 Prozent deuten auf eine Überhitzung des Marktes hin, was die Gefahr einer Korrektur erhöht.
Chart 3 - Wochenchart mit Abstand zur 200-Tage-Linie
Für langfristig denkende Anleger ist der Wochenchart am wichtigsten. Er blendet die Tagesschwankungen des Marktes aus und zeigt die Tendenz aus einer übergeordneten Perspektive. Kommt es hier zu einem Trendwechsel oder einem Verkaufssignal, hat dies oft nachhaltige Auswirkungen.
Der Indikator im unteren Bereich des Charts zeigt den Abstand des Deutschen Aktienindex zu seinem 200-Tage-Durchschnittskurs. Diese unter Anleger wohl populärste Durchschnittslinie repräsentiert den langfristigen Trend des Index. Weicht er zu weit nach unten von ihr ab, ist er überverkauft. Ab Werten von minus 22 Prozent ist dies der Fall. Dann steigen die Chancen auf eine Bodenbildung. Entfernt sich der DAX dagegen zu sehr von der 200-Tage-Linie nach oben, was bereits ab plus 14 bis 20 Prozent zutrifft, erhöht sich das Risiko einer Korrektur, und das restliche Kurspotenzial auf der Nordseite sinkt.
Chart 4 - Fünf-Minuten-Intradaychart
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Unterstützungen und Widerstände
Andreas Büchler ist Herausgeber des Magazins und Vorstand der Qarat AG, einer auf Quantitative Analyse und Algorithmic Trading spezialisierten Forschungsgesellschaft für Börsenhandelssysteme.
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