Chart 1 - Intradaychart auf Fünf-Minuten-Basis
Wir sehen nur zwei mögliche Erklärungen für die Zurückhaltung der Investoren hierzulande: Die erste wird offenbar, wenn man sich das Ausmaß der jüngsten Aufwärtsbewegung anschaut: Der DAX hat seit dem Zwischentief im Oktober im der Spitze wieder um mehr als 1100 Punkte an Wert gewonnen. Das ist eine extrem positive Bilanz, die dazu geführt hat dass der Index sich stark von seinem kurzfristigen Durchschnittskurs des vergangenen Monats - gemessen an der 21-Tage-Linie - nach oben abgesetzt hat.
Die Erfahrung Zeigt, dass bei Abständen von mehr als 3,2 Prozent von diesem Mittelwert häufig erst einmal eine Pause angesagt ist, deutlich wird dies an dem unterhalb des Tagescharts abgebildeten Indikator, der die Differenz zur 21-Tage-Linie darstellt. Somit ist eine Konsolidierung denkbar, während der sich die Kurse, so wie aktuell zu sehen, etwas seitwärts oder sogar leicht abwärts bewegen. Anschließend ist dann der nächste Aufwärtsschub möglich, mit dem Anleger bis zur Kursentwicklung der voraus geeilten Wall Street aufholen wollen.
Schließlich läuft der DAX dem US-Leitindex S&P 500 stets hinterher, die so genannte Korrelation - der gemessene Gleichlauf - der beiden Marktbarometer ist seit Jahren schon auf einem sehr hohen Stand. Es gibt aber auch eine zweite Denkbare Option: An den US-Märkten findet eine Übertreibung statt, die vernünftige Anleger hierzulande nicht mitmachen. Dafür spricht das Kursverhalten des S&P 500, der sich in der Zwischenzeit um 3,7 Prozent von seinem Monatsmittelwert entfernt hat. Normal sind Werte von 2,8 bis 3,6 Prozent. Den letzten Exzess dieser Art zeigten die Notierungen im Jahr 2011, damals folgte darauf eine erneute Abwärtskorrektur des Aktienmarktes von mehr als zehn Prozent.
Welche Sichtweise zutrifft, ist derzeit noch offen. Die Chancen auf eine Jahresendrally stehen aber besonders hierzulande nicht schlecht, wenn Anleger ihre bisherige Zurückhaltung aufgeben oder sich nach einer noch etwas längeren Atempause des Marktes die Überhitzung nach der jüngsten Kursrally etwas beruhigt. Wir bleiben auf jeden Fall optimistisch, solange der DAX nicht unter 9150/9220 Zähler zurückfällt, denn der kurzfristige - und damit der derzeit aktuelle - Trend zeigt nach oben. Mit kleinen Positionen auf die nächste Aufwärtswelle nach der Konsolidierung zu setzen, ist auf jeden Fall eine spannende Spekulation. Der Basispreis eines dafür verwendeten Hebelproduktes sollte allerdings mit einigem Abstand unter der 21-Tage-Linie liegen, so wie beispielsweise bei der am Ende der Analyse (Seite 6) vorgestellten Trading-Idee der Commerzbank mit Basispreis bei 8900 DAX-Punkten.
Je länger der Markt aber zögert, die Verkaufszone bei 9500 (200-Tage-Linie) und 9600 (horizontale Verkaufszone mit mehreren Wendepunkten in der Vergangenheit) zu überwinden, desto vorsichtiger werden wir. Dann ist ein erneuter Rückfall bis an den Monatsmittelkurs bei 9050 oder sogar die bereits mehrfach bewährte Kaufzone bei 8820/80 nicht mehr auszuschließen. Sobald die Kurse unter die 9150er-Marke fallen, können spekulativ orientierte, kurzfristig denkende Trader den Wave Put der Deutschen Bank mit Basis 9600 Zählern verwenden, um eine Abwärtsbewegung von mindestens einem oder zwei Prozentpunkten mit hohem Hebel mitnehmen zu können.
Chart 2 - S&P 500 Tageschart mit Abstand zur 21-Tage-Linie in %
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Chart 3 - Tageschart mit Abstand zur 21-Tage-Linie in %
Erst wenn der Markt sich deutlich über die 9600 erholt, sinkt mittel- bis langfristig die Gefahr weiterer Verkäufe. Dann wäre der Bereich um 9770/9891 Punkten die nächste Orientierungsmarke. Hier liegen seit Jahresbeginn mehrere Wendepunkte und Zwischenhochs im Chart. Bis es soweit ist, bleibt aber die Zone um 8100/8150 Punkte weiterhin ein realistisches Kursziel auf der Unterseite. Dort lagen über viele Jahre hinweg ehemalige Allzeithochs des Deutschen Aktienindex, das Areal ist in den Köpfen der Marktteilnehmer dadurch noch sehr stark präsent. Wenn der Index erneut auf dieses Niveau zurück fällt, könnten viele langfristig denkende Anleger dies als zweite Einstiegschance in einen mehrjährigen Aufwärtstrend sehen - daran dürfte die Mehrheit immer noch glauben.
Darunter hinaus gehende Rückschläge sind vorerst eher unwahrscheinlich, eine Seitwärtsbewegung zwischen dem Bereich 9600/9891 oder sogar dem Allzeithoch bei 10.050 Zählern auf der Oberseite und maximal 7500/8000 Punkten auf der Unterseite (siehe Wochenchart auf der folgenden Seite) bleibt vorerst das wahrscheinlichste Szenario. Gegen weitere Verluste spricht vorerst die scharfe Erholung des Marktes nach dem jüngsten Einbruch im Oktober, die unter Chartexperten als V-Formation bekannt ist, weil sie diesem Buchstaben gleicht. Dieses Kursmuster entsteht, wenn Marktteilnehmer eine panikähnliche Verkaufswelle am Markt nutzen, um auf Schnäppchenjagd zu gehen. Das Ausmaß der anschließenden Käufe kann nur dann so hoch werden, wenn die breite Masse ihren vorangegangenen Ausverkauf als Irrtum oder Übertreibung einstuft und dann schnell wieder zugreift. Ist dies der Fall, ist das Stimmungsumfeld für einen weiteren Anstieg anschließend oft deutlich besser als zuvor.
Chart 4 - Wochenchart mit Abstand zur 200-Tage-Linie
Der Chart auf Wochenbasis zeigt die Bedeutung der Zone um 8000/8150 Zähler, ebenso wird die 7500er-Marke als weiterer Haltebereich sichtbar. Erst wenn es weiter abwärts geht, müssen Anleger sich Gedanken machen. Dann hilft der Abstand zur 200-Tage-Linie, ein Kursziel zu definieren. Er kann zwischen minus 20 und minus 40 Prozent betragen, daraus resultieren Zielmarken zwischen 7600 und 5700 Punkten. Letztere ist eher unwahrscheinlich, nur in Extremphasen hat sich der DAX so weit von seinem durchschnittlichen Kurs der vergangenen 200 Börsentage nach unten abgesetzt.
Chart 5 - Kerzenchart auf Tagesbasis
Unterstützungen und Widerstände
Andreas Büchler ist Herausgeber des "Index-Radar", der größte tägliche Börsenstatistik-Report Deutschlands. Der Experte für Handelssysteme ist zudem Vorstand der Qarat AG, einer auf Quantitative Analyse und Algorithmic Trading spezialisierten Forschungsgesellschaft.
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