Knallten erst vor wenigen Tagen die Sektkorken zur Begrüßung des neuen Jahrzehnts, geht die Party womöglich in rund eineinhalb Monaten in die Verlängerung. Im März beginnt das zwölfte Jahr der seit 2009 fortwährenden Hausse an den Börsen. Die Zeichen, dass sich die Bullen weiterhin durchsetzen, stehen gut: Die USA und China haben sich auf ein Teilabkommen geeinigt, der Brexit macht Fortschritte und die Unternehmensgewinne drehen im laufenden Jahr voraussichtlich wieder nach oben.

Bevor wir uns im Detail den Konzern­ergebnissen widmen, halten wir noch einige interessante Fakten zu dem längsten Aufschwung des DAX fest. Die bisher ausgiebigsten Haussephasen bei Deutschlands Börsenelite dauerten von drei Jahren (1967 bis 1970) bis nahezu acht Jahren (1982 bis 1990). Auch der Bullenmarkt von 1992 bis 2000 endete im achten Jahr. Angesichts dieser Statistik wundert es nicht, dass sich viele Anleger Sorgen um die mittlerweile überdurchschnittlich lange Klettertour machen. Auch wenn sich der Bullenmarkt möglicherweise bereits im Endstadium befindet, muss es 2020 aber keinesfalls zu einem abrupten Ende der Hausse kommen. Denn während frühere Boomphasen oft aufgrund einer restrik­tiven US-Geldpolitik endeten, hat die Fed zuletzt ihre Schleusen weit geöffnet. Allein 2019 kam es zu drei Leitzinssenkungen der US-Notenbank, und im ersten Quartal 2020 rechnet die Mehrheit der Ökonomen mit einem weiteren Schritt nach unten.

Auch auf dem alten Kontinent ist keine Wende in Sicht. Die neue EZB-Chefin Christine Lagarde stellte bereits klar, dass sie den von Mario Draghi eingeschlagenen Kurs fortsetzen wird. "Die mittelfristigen Inflationserwartungen sowie die Konjunktur- und Inflationsprognosen der EZB lassen erwarten, dass die Niedrigzins­phase in Europa noch weit über das Jahr 2020 anhalten wird", sagt Carsten Klude, Volkswirt bei M.M. Warburg.

Schwache Konjunktur


In Sachen Wirtschaftswachstum bremst derzeit vor allem Deutschland. Laut dem Statistischen Bundesamt legte das Brutto­inlandsprodukt (BIP) 2019 so langsam zu wie seit sechs Jahren nicht mehr. Während die Verbraucher sowie der anhaltende Bauboom die Konjunktur am Laufen hielten, verhinderte der schwache Außen­handel eine größere Expansion. "Mit einem Plus von 0,6 Prozent dürfte das deutsche BIP-Wachstum 2019 eines der schwächsten der Industrieländer sein - lediglich Italien schneidet noch schlechter ab", sagt der DWS-Chefvolkswirt für Europa, Martin Moryson. Große Sprünge sind im laufenden Jahr ebenfalls nicht drin. "Die Konjunktur wird sich auch 2020 seitwärts bewegen", erwartet der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben. Seiner Ansicht nach werden Belastungsfaktoren wie die schwache Weltkonjunktur nicht so schnell verschwinden. Experte Moryson von der DWS sieht aufgrund der schrumpfenden Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter sogar mittelfristig keine ­hohen Expansionsraten: "Mitte der 20er-Jahre dürfte ein Wirtschaftswachstum von einem Prozent als Erfolg gefeiert werden."

Steigende Gewinne


Das schließt aber nicht aus, dass die Unternehmensgewinne, die bei der Einschätzung der Gesamtmarktchancen eine wichtige Rolle spielen, zulegen können. Im Gegenteil, auf diesem Gebiet sieht es derzeit durchaus rosig aus. Laut dem Datensammler Factset werden die DAX-Gewinne 2020 einen Wert von 936,5 Punkten erreichen, was einem Anstieg um 10,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Bei einzelnen Unternehmen wird noch mit deutlich höheren Raten gerechnet. Eine Auswertung unserer Datenbank zeigt, dass der "Wachstumsstar" in diesem Jahr Continental ist. Allerdings ist dafür vor allem ein Basiseffekt verantwortlich. Bereinigt um den Automobilzulieferer führen Bayer, Merck und SAP das Ranking an.

Ob das aktuell prognostizierte Gewinnwachstum von kapp elf Prozent im DAX tatsächlich realistisch ist, dürfte sich erst in den kommenden Wochen zeigen, wenn die Firmen in der allmählich startenden Berichtssaison ihre Planungen und Erwartungen für 2020 konkretisieren. Was die Zukunft angeht, meldete sich kürzlich Fresenius-Chef Stephan Sturm eher skeptisch zu Wort. Auf einer Konferenz in San Francisco ließ er durchblicken, dass für das laufende Jahr nur ein begrenztes Gewinnwachstum zu erwarten sei. Da­rüber hinaus plant er auch keine Aktienrückkäufe.

Aktuell rechnet der Konsens bei dem Gesundheitskonzern mit einem Zuwachs beim Ergebnis je Aktie von 7,7 Prozent. Gut möglich, dass die Analystenhäuser nach der Aussage von Sturm nun den Rotstift bei ihren Schätzungen ansetzen. In den vergangenen Wochen ist es im DAX bereits übergreifend zu negativen Gewinnrevisionen gekommen. Für die Ergebnisse des laufenden Geschäftsjahres reduzierten sich die Erwartungen in den vergangenen vier Monaten bei 19 Bluechips. Die größten Abstriche mussten die Deutsche Bank, Infineon und Covestro machen. M.M. Warburg-Ökonom Klude erwartet allerdings, dass das Eindampfen der Gewinnprognosen nicht sonderlich auf den Markt durchschlägt: "Dieser negative Effekt dürfte erneut von den Aussichten auf anhaltend niedrige Zinsen kompensiert werden." M.M. Warburg rechnet mit einem Gewinnwachstum beim DAX von rund sieben Prozent.

Autos geben Gas


Mit Blick auf die Ergebnisse für 2020 kam es zuletzt aber auch zu positiven Revisionen. SAP, Merck und auch der Deutschen Telekom traut der Konsens sogar mehr zu. Besonders SAP dürfte im laufenden Jahr das Tempo verschärfen. Der Konsens rechnet mit einem Gewinnplus von 62,8 Prozent.

Überdurchschnittliche Zuwächse werden auch den beiden Autokonzernen BMW und Daimler für 2020 zugetraut. Allerdings ist das Gewinnniveau des Duos, anders als bei SAP, im Vergleich zu den Vorjahren immer noch sehr niedrig. Bei Daimler liegt das erwartete Ergebnis je Aktie für 2020 sogar 46 Prozent unter dem bisherigen Rekordwert aus dem Jahr 2017.

Die Autobranche spielt aber trotz der Rückwärtsfahrt in den vergangenen Jahren im DAX eine gewichtige Rolle. Knapp elf Prozent der Kapitalisierung stemmen BMW, Continental, Daimler und VW. Im Hinblick auf ihren Umsatz- und Gewinn­anteil ist der Einfluss des Quartetts auf den Index noch deutlich höher. 45 Prozent der Erlöse, 29 Prozent der Ergebnisse sowie 21 Prozent der Dividenden entfallen laut Commerzbank-Berechnungen auf die vier PS-Konzerne.

Aus der deutschen Vorzeigebranche sticht vor allem VW heraus. Die Wolfsburger verzeichneten trotz der Dieselkrise, die dem Konzern 2015 sogar einen Verlust einbrockte, ein durchschnittliches jährliches Gewinnwachstum zwischen 2010 und 2019 von 6,85 Prozent. Damit zeigt VW der deutschen Konkurrenz die Rücklichter. Dies gilt auch auf der Absatzseite. Volkswagen hat 2019 mehr Autos ausgeliefert als je zuvor. Knapp elf Millionen Fahrzeuge wurden an die Kunden übergeben, 1,3 Prozent mehr als 2018.

Kurse auf Rekordjagd


Was die Gewinne angeht, soll sich das Wachstum Analysten zufolge fortsetzen. VW selbst wird erst bei der Bilanzpressekonferenz im März einen genauen Ausblick auf das Jahr geben. Trotz der guten operativen Leistungen sowie der bis dato positiven Aussichten ist die Aktie unter KGV-Gesichtspunkten derzeit deutlich günstiger als die heimischen Wettbewerber und nach Lufthansa auch der preiswerteste Titel im DAX.

Alles andere als günstig ist derzeit der Gesamtmarkt. Das DAX-KGV liegt mit 14,3 deutlich über dem Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre von 11,5. "Aus unserer Sicht spricht die von der EZB angetriebene Jagd nach Dividendenrenditen für die relativ hohe KGV-Bewertung", heißt es in einer aktuellen Studie der Commerzbank. Großes Kurspotenzial sehen die Analysten für 2020 nicht. Den fairen Wert für den Index taxieren sie auf 13 700 Punkte, erwarten im Jahresverlauf allerdings eine hohe Schwankungsbreite zwischen 11 800 und 14 400 Zählern.

Zu Jahresbeginn tendiert der DAX mehr in Richtung obere Begrenzung des Zielkorridors. Die Kurse nahmen den Schwung aus dem Vorjahr mit und avancierten trotz Iran-Krise um weitere 1,5 Prozent. "Was noch fehlt, sind neue Höchststände bei den deutschen Aktien", sagt Stephan Albrech von der Albrech & Cie. Vermögensverwaltung. Doch könnte dies nur noch eine Frage der Zeit sein. "Ohne Re-Investment der Dividendenzahlungen stehen die Kurse der 30 größten deutschen Unternehmen auf dem Niveau von 2000. Die Gewinne der Unternehmen haben sich allerdings seitdem vervierfacht", erklärt der Finanzfachmann. Seiner Ansicht nach geht die Aufholjagd 2020 weiter.

Auch die Saisonalität spricht für zunächst weiter steigende Aktienkurse. Eine Rückrechnung bis 1956 zeigt, dass die Monate Januar bis April im Schnitt die höchsten Renditen im Gesamtjahr brachten. Der Topmonat ist dabei der April mit einem durchschnittlichen Kursplus von 1,6 Prozent. Die rote Laterne trägt übrigens der September mit einem Minus von im Schnitt 1,4 Prozent.

Selbst wenn stets mit temporären Rückschlägen gerechnet werden muss, in Anbetracht der Rahmenbedingungen stehen die Chancen gar nicht mal so schlecht, dass die Börse im März 2020 in ihr zwölftes Jahr des laufenden Haussezyklus eintritt. Nachfolgend stellen wir sechs DAX-Titel vor, denen wir in den kommenden Monaten überdurchschnittliches Potenzial einräumen.

5 Chancen
Niedrige Zinsen: Sowohl in den USA als auch in Europa dürfte sich 2020 die expansive Geldpolitik der Noten­banken fortsetzen.
Ende des Handelsstreits: Am 15. Januar unterzeichneten die USA und China ein erstes Teilabkommen.
Keine Rezession: Die Stimmung der deutschen Wirtschaft hellte sich zuletzt auf. Der heimischen Konjunktur bleibt ein Abschwung erspart.
Unternehmensgewinne: Der Analystenkonsens geht für dieses Jahr von einer kräftigen Steigerung der DAX-Gewinne um knapp elf Prozent aus.
Üppige Dividenden: Für den DAX wird mit einer Rekordausschüttung für 2019 gerechnet. Bei mehr als der Hälfte der deutschen Standardwerte beträgt die Rendite mehr als drei Prozent.

5 Risiken
Hohe Bewertung: Das DAX-KGV auf Basis der erwarteten Gewinne für 2020 liegt knapp vier Punkte über dem Zehn-Jahres-Durchschnitt.
Übertriebener Optimismus: Gewinnrevisionen bei den Bluechips könnten in den kommenden Monaten für deutlich geringere Wachstumsaussichten sorgen.
US-Wahl: Beim Urnengang am 3. November besteht die Gefahr, dass ein nicht wirtschaftsfreundlicher Demokrat gewinnt. Zudem ist das "Amtsenthebungsverfahren" von Präsident Donald Trump noch nicht vom Tisch.
Geopolitik: Iran, Nordkorea, Syrien - die Liste der Krisen­regionen ist lang.
Handelsstreit: Das Ringen der beiden Großmächte USA und China um die wirtschaftspolitische Vormachtstellung eskaliert.

Deutsche Börse: Positive Überraschung durchaus möglich


Um stolze 10,8 Prozent steigerte die Deutsche Börse ihren Gewinn je Aktie im Schnitt pro Jahr seit 2010. Damit liegt der Konzern im oberen Drittel im DAX. Auch das soeben begonnene Geschäftsjahr soll sich nahtlos in die positive Serie einreihen, erwartet wird eine Steigerung um 13,6 Prozent. Investoren honorieren eine derartige Entwicklung. So konnte sich die Aktie allein in den vergangenen drei Jahren nahezu verdoppeln. Doch nicht nur über Kursgewinne dürfen sich Anteilseigner freuen, auch zahlt der Börsenbetreiber kontinuierlich eine Dividende. Dieses Jahr dürfte die Gewinnausschüttung zum fünften Mal in Folge erhöht werden. Der Konsens geht derzeit von 2,75 Euro je Aktie aus. Doch könnte Anlegern noch mehr Geld zufließen. Ende Oktober stellte Finanzchef Gregor Pottmeyer einen Aktienrückkauf in Aussicht, sollte die Deutsche Börse keine größeren Übernahmen tätigen können. Rund zwei Milliarden Euro stehen für M & A-Transaktionen zur Verfügung. Doch auch ohne Zukäufe wächst das Unternehmen kraftvoll. Um 18 Prozent legte der Überschuss im dritten Quartal zu und übertraf damit die Erwartungen der Analysten. Für das Gesamtjahr stellt der Vorstand ein bereinigtes Ergebniswachstum von rund zehn Prozent in Aussicht. Das Brokerhaus Jefferies geht in seiner neuesten Analyse davon aus, dass dieses Ziel übertroffen wird.

Deutsche Post: Päckchenflut schiebt die Gewinne an Wer in diesem Jahr ein Päckchen per DHL verschickt, muss tiefer in die Tasche greifen. Die Tochter der Deutschen Post erhöhte zum 1. Januar die Preise verschiedener Päckchen- und Paketprodukte. Da immer mehr Deutsche online bestellen, dürfte sich dies positiv auf die Bilanz des Logistikkonzerns auswirken. An einem normalen Tag werden hierzulande durchschnittlich etwa fünf Millionen Pakete zugestellt, in der Vorweihnachtszeit können es sogar mehr als das Doppelte sein. Mit einem Umsatzanteil bei Paketen von 44 Prozent ist DHL Marktführer. Der boomende Paketmarkt und das florierende Expressgeschäft treiben derzeit die Geschäfte der Post an. Im dritten Quartal legte der Umsatz um 4,7 Prozent auf 15,6 Milliarden Euro zu, der operative Gewinn (Ebit) verbesserte sich von 376 auf 942 Millionen Euro. Im Vorjahr belasteten hohe Kosten für die Sanierung des Brief- und Paketgeschäfts das Ebit. Das ist aber Schnee von gestern, Konzernchef Frank Appel hat die Sparte wieder auf Vordermann gebracht. Der Bereich dürfte auch dafür gesorgt haben, dass der gelbe Riese sein Gesamtjahresziel beim Ergebnis von vier bis 4,3 Milliarden Euro erreicht hat. Auch für 2020 und darüber hinaus ist Appel, der seit zwölf Jahren den Konzern führt, zuversichtlich. Im laufenden Jahr wird ein operativer Ertrag von mehr als fünf Milliarden Euro erwartet, 2022 sollen es dann über 5,3 Milliarden Euro sein.

Infineon: Künstliche Intelligenz als Wachstumsmotor


Die Chipbranche musste im vergangenen Jahr kleinere Brötchen backen. Doch sollte es in diesem Jahr wieder aufwärts­gehen. Die Beratungsgesellschaft PwC sieht vor allem die künstliche Intelligenz (KI) als Treiber. Dabei räumen die Experten der Automobilindustrie das größte Wachstumspotenzial ein. Die Umsätze mit Halbleitern für den Kfz-Bereich werden PwC zufolge mit jährlich durchschnittlich 11,9 Prozent am schnellsten wachsen. Der Grund ist einfach: Elektro- und Hybrid­autos benötigen rund doppelt so viele Chips wie Fahrzeuge mit herkömmlichem Antrieb. Die Halbleiter für die KI-Anwendungen kommen noch obendrauf. Diese Entwicklung spielt Infineon in die Hände, der Münchner Chipkonzern erzielt das Gros seiner Umsätze mit der Autoindus­trie. Infineon-Chef Reinhard Ploss ist, was Assistenzsysteme im Fahrzeug betrifft, ebenfalls zuversichtlich. Seiner Ansicht nach ist eine Beschleunigung der Automatisierung zu beobachten. Für das laufende Geschäftsjahr geht Ploss von einem Umsatzplus von drei bis sieben Prozent aus, und beim Gewinn sollte die Talsohle erreicht sein. Der Analystenkonsens rechnet damit, dass das Ergebnis je Aktie 2019/20 (30. September) wieder nach oben dreht und um knapp sieben Prozent zulegen wird. Die Gewinnwende könnte auch den Infineon-Kurs in Richtung des Allzeithochs bei 25,36 Euro schieben.

Merck: Mit Innovationen auf Rekordjagd


Mitte Dezember schaltete die Merck-Aktie einen Gang hoch und raste förmlich durch die alte Bestmarke. Innerhalb von nur vier Wochen steht ein stolzer Zuwachs von zwölf Prozent zu Buche. Auch wenn Merck dieses hohe Tempo vermutlich nicht halten kann, der Aufwärtstrend sollte sich dennoch fortsetzen. Dafür sprechen vor allem die guten Gewinnaussichten. Nach einem Rückgang 2018 stehen die Zeichen wieder auf dynamisches Wachstum. Helfen sollen dem Konzern dabei Innovationen. "Wir wollen das führende Wissenschafts- und Technologieunternehmen werden", verriet Unternehmenschef Stefan Oschmann kürzlich unserem Schwesterblatt "Euro am Sonntag". Dazu arbeiten die Darmstädter in der Sparte "Life Science" unter anderem an der kompletten Digitalisierung des wissenschaftlichen Labors. Im Pharmasegment befinden sich aussichtsreiche Wirkstoffe wie die Prüfsubstanz Evobrutinib bei Multipler Skle­rose in der Pipeline. Und im Halbleiter­bereich, den Merck erst im Herbst 2019 durch den milliardenschweren Kauf des US-Herstellers Versum verstärkt hat, sieht Oschmann in diesem Jahr eine Trendwende. Das könnte die Sparte "Performance Materials" wieder auf Wachstumskurs bringen. Gute Chancen also, dass Merck seine Gewinndynamik aus 2019 in diesem Jahr wiederholen kann. Aufgrund der jüngsten Rally erhöhen wir unser Kursziel auf 130 Euro.

MTU Aero Engines: Der Höhenflug geht 2020 weiter


Getreu dem Motto "The trend is your ­friend" geht die Kursrally der MTU-Aktie 2020 in eine neue Runde. Der DAX-Neuling beendete das vergangene Jahr mit einem Plus von 60 Prozent als Spitzenreiter in der ersten Börsenliga und legte seit Silvester um weitere sechs Prozent zu. Der Aufwärtsflug wird von einer starken operativen Leistung begleitet. Der Triebwerkshersteller strebt für 2019 ein operatives Rekordergebnis von 750 Millionen Euro an, das entspricht einer Steigerung um 11,8 Prozent. Auch für das laufende Jahr trauen sich die Münchner bereits eine Prognose zu und erwarten Zuwächse im hohen einstelligen Prozentbereich. Dabei sollen das zivile Seriengeschäft sowie die Instandhaltung die größten Wachstumstreiber sein. Ältere Flotten der Airlines sowie das Flugverbot für die Boeing 737 Max, wodurch andere Maschinen zum Ausgleich mehr Flugstunden absolvieren müssen, dürften das Wartungs- und Ersatzteilgeschäft anschieben. Das spült viel Geld in die Kasse: Barclays-Analystin Milene Kerner rechnet damit, dass der freie Cashflow zwischen 2018 und 2022 durchschnittlich um 34 Prozent pro Jahr wachsen wird. Zum Vergleich: Bei Konkurrent Safran wird lediglich ein Wert von 17 prognostiziert. Der Mittelzufluss macht wiederum hohe Dividenden und Aktienrückkäufe möglich. Ziel- und Stoppkurs passen wir nach oben an.

SAP: Neue Spitze sorgt für Fantasie


Auf ein ereignisreiches Jahr dürfen sich Anleger bei SAP einstellen. Zum einen möchte die neue Doppelspitze aus Jennifer Morgan und Christian Klein Europas größten Softwarekonzern auf Rendite trimmen. Zum anderen soll die Aktie weiter an Attraktivität gewinnen. Dabei war der DAX-Titel bereits im vergangenen Jahr gut in Form. Mit einem Anstieg von 38 Prozent schaffte es das Indexschwergewicht unter die Top 5. Die Chancen stehen gut, dass es auch 2020 wieder zu einer vorderen Platzierung innerhalb des DAX reicht. Um noch mehr Interesse zu wecken, nimmt SAP viel Geld in die Hand. Aktienrückkäufe oder Sonderdividenden in Höhe von 1,5 Milliarden Euro prasseln dieses Jahr auf die Anteilseigner herab. Wie genau das Kapital verteilt werden soll, steht zwar noch nicht fest. Doch womöglich lassen sich Morgan und Klein bei der Präsentation des 2019er-Zahlenwerks am 28. Januar diesbezüglich in die Karten schauen. Zudem könnten weitere Details ans Licht kommen, wie die Margenexpansion um 500 Basispunkte bis 2023 gelingen soll. Bekannt ist, dass das Duo mit Sparmaßnahmen und Effizienzsteigerungen bereits zwei Hebel für eine steigende Rendite gefunden hat. Ferner sollen das lu­krative Cloud-Geschäft gestärkt und die hohe Komplexität des Angebots vereinfacht werden. Dazu werden alle zugekauften Softwareprodukte auf der SAP-Cloud-Plattform integriert.