Sorge bereitete den Investoren, dass die steigenden Energiepreise das Wirtschaftswachstum ausbremsen und sich bei den Unternehmensergebnissen bemerkbar machen werden. Zudem werde im November der Start zur Reduzierung der Notenbankhilfen erwartet. "Aus diesem Grund sind die Prognosen der Unternehmen für die Anleger derzeit so wichtig", sagte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade.

Die Stimmung der deutschen Börsenprofis hat sich im Oktober weiter eingetrübt. Das zeigte der ZEW-Index, der überraschend stark um 4,2 Punkte auf 22,3 Punkte gefallen ist. "Zum einen laufen die Nachholeffekte im Dienstleistungssektor aus. Zum anderen belasten die Materialknappheiten die Industrie unverändert schwerwiegend", sagte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. "Eine Abkühlung der Wirtschaft ist in Stein gemeißelt."

ÖLPREIS-RALLY GEHT WEITER


Für Verunsicherung sorgten die weiter steigenden Ölpreise. Der Preis für die Sorte Brent lag nahe 84 Dollar je Barrel und damit in Sichtweite zu einem Drei-Jahres-Hoch. Ölproduzenten kämpfen damit, sich von den massiven Kürzungen während der Coronavirus-Pandemie zu erholen. Wegen der drastisch gestiegenen Gaspreise werde zudem vermehrt auf Öl als Energiequelle ausgewichen, was die Nachfrage zusätzlich anheize, erläuterten Börsianer.

"Wir sind der Ansicht, dass der derzeitige Kostenanstieg ein Gegenwind für die Wirtschaftstätigkeit ist und als solcher den Wachstumsaufschwung begrenzen wird", sagte Sarah Hewin, Ökonomin bei Standard Chartered. "Die Märkte hatten die Botschaft, dass die Inflation vorübergehend sei, geglaubt und stellen sie nun infrage." Untermauert wurden die Befürchtungen durch einen Anstieg der Großhandelspreise in Japan auf ein 13-Jahres-Hoch. Die Verkaufspreise im deutschen Großhandel stiegen im September so stark wie seit über 47 Jahren nicht mehr.

"Dies ist Teil eines Phänomens, das wir weltweit beobachten, nämlich die Sorge, dass die Inflation aufgrund der höheren Energiepreise weiter ansteigen könnte", sagte Shane Oliver, Chefökonom bei AMP Capital in Sydney. Anleger fürchteten, dass die anziehende Inflation den Druck auf die US-Notenbank erhöht, die Zinsen früher anzuheben.

Dies setzte den Anleihemarkt erneut unter Druck. Im Gegenzug stiegen die Renditen zweijähriger US-Bonds mit 0,356 Prozent auf den höchsten Stand seit mehr als 18 Monaten. Dagegen zeigten sich die Staatsanleihen in der Euro-Zone wenig verändert. Der derzeitige Inflationsschub in der Euro-Zone sei kein Anlass für geldpolitische Maßnahmen, da das Wachstum der Dienstleistungspreise und der Löhne schwach bleibe, hatte der Chefökonom der Europäischen Zentralbank, Philip Lane, am Vortag versichert.

Bei den Einzelwerten ging es beim für die Pharma- und Kosmetikindustrie produzierenden Verpackungshersteller Gerresheimer auf Berg- und Talfahrt. Im Handelsverlauf stabilisierten sich die im MDax notierten Aktien und lagen rund ein Prozent im Plus. Gerresheimer teilte mit, dass die bereinigte operative Umsatzrendite in diesem Geschäftsjahr nur das untere Ende der Prognosespanne erreichen werde und machte dafür die steigenden Rohstoff- und Energiepreise verantwortlich. Analysten hatten im Vorfeld allerdings eine Gewinnwarnung erwartet, sagte ein Händler. "Die kam nur in kleinen Teilen."

rtr