Zwar hätten die Inflationssorgen nach der Anhörung des US-Notenbankchefs Jerome Powell etwas nachgelassen, sagte Marktanalyst Milan Cutkovic vom Broker Axi. Der Fed-Chef hatte frühere Aussagen wiederholt, dass der aktuelle Preisdruck vorübergehend sei und es für einen Kurswechsel in der Geldpolitik noch zu früh sei. Trotzdem fehle es an den Börsen momentan an frischen Impulsen, um die Indizes zu neuen Höchstständen zu treiben.
BILANZSAISON NIMMT FAHRT AUF
Eine starke Bilanzsaison könnte das allerdings ändern, sagte Cutkovic. "Hier besteht trotz hoher Erwartungen Potenzial für positive Überraschungen." Als letzte der großen US-Banken meldete Morgan Stanley einen Gewinnsprung. Dank des globalen Fusions- und Übernahmefiebers verdiente die Bank im zweiten Quartal unter dem Strich elf Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.
In Deutschland ließ Daimler aufhorchen. "Die Geschäftszahlen lagen deutlich über den Erwartungen, selbst ohne Einmal-Effekte", sagte ein Börsianer. Die Aktien des Autobauers konnten ihre Anfangsgewinne dennoch nicht halten und lagen 0,3 Prozent tiefer. Einige Investoren seien offenbar enttäuscht, weil das Ergebnis der Nutzfahrzeug-Sparte die Prognosen nur knapp übertroffen habe, fügte der Aktienhändler hinzu.
PROBLEME BEI SIEMENS GAMESA BELASTEN SIEMENS ENERGY
Eindeutig abwärts ging es dagegen für Siemens Energy. Wegen Problemen bei der spanischen Windkraft-Tochter Siemens Gamesa kippte der Energietechnik-Konzern seine Gesamtjahresziele. Die Enttäuschung darüber wiege schwer, sagte ein Börsianer. Schließlich sollte Gamesa ein Wachstumstreiber sein. Die Aktien von Siemens Energy stürzten daraufhin um bis zu 13,5 Prozent ab - so stark wie noch nie seit dem Börsengang im Herbst 2020. In Madrid drohte den Titeln von Siemens Gamesa nach einer Verlustwarnung mit einem Minus von gut 18 Prozent der größte Tagesverlust seit fast 13 Jahren. In ihrem Sog büßten die Rivalen Nordex und Vestas jeweils rund sechs Prozent ein.
Den Papieren von Avast winkte dagegen mit einem Plus von bis zu 17 Prozent der größte Tagesgewinn seit mehr als einem Jahr. Der Anbieter von Antiviren-Software ist nach eigenen Angaben in fortgeschrittenen Gesprächen über eine Fusion mit dem Rivalen NortonLifeLock.
ÖLPREIS UNTER DRUCK - WAS WIRD AUS DER FÖRDERBREMSE?
Spekulationen auf eine Angebotsausweitung drückten den Preis für die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee 1,4 Prozent ins Minus auf 73,70 Dollar je Barrel (159 Liter). Dies brockte dem Index für die europäischen Öl- und Gaswerte ein Kursminus von 3,1 Prozent ein.
Insidern zufolge haben sich Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) auf einen Kompromiss zur künftigen Förderpolitik geeinigt. Das VAE-Energieministerium hat dies allerdings dementiert. Ein Deal käme aber ohnehin zu spät, um den aktuellen Angebotsengpass kurzfristig zu beenden, warnen die Experten der Citigroup. Brent werde daher bald wieder anziehen und die Marke von 85 Dollar anvisieren.
rtr