Kopfschmerzen bereitete Börsianern die Unterzeichnung eines Gesetzes zur Stärkung der Protestbewegung in Hongkong durch US-Präsident Donald Trump. Die Regierung in Peking verwahrte sich gegen eine Einmischung und drohte mit "massiven Gegenmaßnahmen". Diese Entwicklung habe das Potenzial, die Gespräche über das geplante Teil-Handelsabkommen scheitern zu lassen, sagte Analyst David Madden vom Online-Broker CMC Markets.
Adam Cole, Chef-Anlagestratege für Devisen bei der Investmentbank RBC Capital Markets wies allerdings darauf hin, dass China den Deal bislang nicht direkt infrage gestellt habe. "Das ist der Grund für die moderaten Kursreaktionen." Auch Rabobank-Volkswirt Teeuwe Mevissen hält eine Einigung immer noch für möglich. "Das Interesse der USA und Chinas, die Lage nicht zu verschlechtern und den Konflikt einzudämmen, ist noch da."
ÖL UND KUPFER BILLIGER - GOLD UND ANLEIHEN GEFRAGT Dennoch trennten sich Anleger von Aktienwerten, die besonders vom China-Geschäft abhängen. So verloren die deutschen Autobauer BMW, Daimler und Volkswagen bis zu 1,5 Prozent. Die Papiere der stark in Asien engagierten Großbank HSBC büßten in London ein Prozent ein.
Auch an den Rohstoffmärkten war die Nervosität der Anleger spürbar. Die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um 0,5 Prozent auf 63,75 Dollar je Barrel (159 Liter) und das wichtige Industriemetall Kupfer kostete mit 5906,50 Dollar je Tonne 0,6 Prozent weniger als am Mittwoch.
Im Gegenzug deckten sich einige Investoren mit der "Krisen-Währung" Gold ein. Das Edelmetall verteuerte sich um bis zu 0,3 Prozent auf 1458,20 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Die Nachfrage nach den ebenfalls als sicher geltenden Bundesanleihen drückte die Rendite der zehnjährigen Titel auf ein Vier-Wochen-Tief von minus 0,386 Prozent.
WAHLUMFRAGEN SCHIEBEN PFUND AN
Am Devisenmarkt kletterte das Pfund zeitweise auf 1,1762 Euro, den höchsten Stand seit sieben Monaten. Rückenwind erhielt die britische Währung von einer Umfrage, der zufolge die Tories um Premierminister Boris Johnson bei der Wahl am 12. Dezember 359 der 650 Parlamentssitze erobern können.
"Die Märkte mögen Gewissheit", sagte Analyst Jeffrey Halley vom Brokerhaus Oanda. "Wenn diese Umfrage korrekt ist, liefert sie genau dies für das Thema Brexit." Experten gehen davon aus, dass Johnson bei einem Wahlsieg seinen Brexit-Deal durch das Parlament bringt und Großbritannien zum 31. Januar 2020 offiziell aus der EU ausscheidet. Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com, warnte allerdings vor überzogenen Erwartungen. "In vielen Wahlkreisen sind die Rennen sehr knapp." Außerdem könnten sich Tory-Wähler durch die Umfragen in Sicherheit wiegen und auf eine Stimmabgabe verzichten.
VIRGIN MONEY ÜBERRASCHT BÖRSIANER MIT KURSSPRUNG
Bei den Aktienwerte sorgte Virgin Money für Furore. Trotz eines überraschend starken Gewinnrückgangs und einer gestrichenen Dividende stiegen die Titel der britischen Bank um gut 28 Prozent - so stark wie nie. Ein Händler sagte, viele Investoren hätten im Vorfeld auf eine Prognosesenkung und fallende Kurse gewettet und müssten sich nun mit den Titeln eindecken. Zudem seien Anleger erleichtert, dass das Institut in dem branchenweiten Versicherungsskandal das Schlimmste überstanden sieht. Viele britische Banken hatten ihren Kunden überteuerte Restschuldversicherungen verkauft und wurden vom britischen Gerichtshof zur Rückabwicklung gezwungen.
rtr