Auch in den USA signalisierten die Futures Verluste. "Das Geschehen an den Märkten ist von Angst und Panik dominiert, und entsprechend hektisch geht es zu", sagte Michael Winkler, Chefstratege bei der St. Galler Kantonalbank Deutschland. Verschärft würden die Kursschwankungen durch automatisierte Handelsprogramme.
Investoren erwarteten koordinierte Konjunkturhilfen der großen Industrienationen, sagte David Riley, leitender Anlagestratege des Vermögensverwalters BlueBay. "Der Schlüssel ist die US-Notenbank Fed. Sie wird nur schwer auf eine Zinssenkung verzichten können, wenn die wirtschaftlichen Belastungen offensichtlicher werden." Ob das aber so viel bringen würde, sei fraglich, sagte Christian Wieschnewski, Portfoliomanager beim Bankhaus Bauer. Schließlich führe eine Zinssenkung in den USA nicht dazu, dass Produkte aus China schneller geliefert würden. "Davon abgesehen können sich Zinssenkungen aber durchaus kursstützend auswirken."
Einem 3,6 Milliarden Euro schweren Konjunkturpaket der Regierung in Rom zum Trotz fiel der Leitindex der Mailänder Börse um bis zu 3,9 Prozent auf 21.118,83 Punkte, das ist der tiefste Stand seit gut einem halben Jahr. Der italienische Bankenindex gab zeitweise sogar 6,3 Prozent nach. "Das Letzte, was ein ohnehin fragiles italienisches Bankensystem braucht, ist ein Anstieg fauler Kredite", sagte Analyst David Madden vom Online-Broker CMC Markets. Italien ist das in Europa am stärksten vom Coronavirus betroffene Land.
Zum Auftakt der Handelsgespräche zwischen Großbritannien und der EU geriet auch das Pfund Sterling unter Druck. Sein Kurs fiel um bis zu 1,4 Prozent auf 1,1467 Euro, das ist der tiefste Stand seit fast fünf Monaten. Anleger befürchteten angesichts der verhärteten Fronten ein Scheitern der Verhandlungen, sagte CMC-Experte Madden. In diesem Fall droht zum Jahresende ein ungeregelter Brexit mit der Einführung von Zöllen. Dies hätte negative Effekte für die Wirtschaft beiderseits des Ärmelkanals.
T-BONDS BLEIBEN GEFRAGT - ROHSTOFFE DURCH DIE BANK TEURER
Die Zweifel der Anleger an einer raschen Erholung der Konjunktur spiegelte sich am Anleihemarkt wider, der als "sicherer Hafen" gilt. Die Nachfrage nach US-Staatspapieren bescherte den zehnjährigen Titeln mit 1,030 Prozent den sieben Tag in Folge ein Rekordtief. Ihr deutschen Pendants rentierten bei minus 0,667 Prozent. Auch Gold war nach dem Kursrutsch vom Freitag begehrt und verteuerte sich um 1,6 Prozent auf 1610,49 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Hier spielten Börsianern zufolge auch die Zinssenkungsfantasien eine Rolle, da das Edelmetall oft als Inflationsschutz dient.
Am Kupfermarkt waren die Konjunkturoptimisten in der Überzahl. Das wichtige Industriemetall verteuerte sich um bis zu 1,7 Prozent auf 5733,50 Dollar je Tonne. Parallel dazu stieg der Preis für die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee um 1,4 Prozent auf 50,35 Dollar je Barrel (159 Liter), nachdem er wegen enttäuschender Konjunkturdaten aus China zunächst auf ein Zweieinhalb-Jahres-Tief von 48,40 Dollar gefallen war. Hier sorgten Spekulationen auf eine Verschärfung der Förderbremse durch die Opec und ihre Verbündeten für zusätzlichen Auftrieb, sagte Lachlan Shaw, Chef-Rohstoffanalyst der National Australia Bank.
DRÄGERWERK AUF HÖHENFLUG - LUFTHANSA IM SINKFLUG
Am deutschen Aktienmarkt sorgten die Papiere von Drägerwerk für Aufsehen. Sie stiegen um bis zu 15 Prozent auf ein Eineinhalb-Jahres-Hoch von 67,05 Euro, binnen vier Handelstagen haben sich sie damit um knapp ein Drittel verteuert. Das ist die stärkste Rally in der Geschichte der Firma und bewegte viele Anleger, Gewinne mitzunehmen. Am Nachmittag notierten die Titel noch 1,2 Prozent fester. Die Medizintechnikfirma bietet unter anderem in der Coronavirus-Epidemie gefragte Schutzbekleidung an.
Für Fluggesellschaften ging es dagegen erneut abwärts. Die Aktien von Lufthansa und Air France waren mit 10,70 Euro und 6,20 Euro jeweils so billig wie zuletzt vor mehr als drei Jahren. Wegen wegbrechender Passagierzahlen streicht die Lufthansa zahlreiche Verbindungen.
rtr