"Wir scheinen an einem Scheideweg angekommen zu sein", sagte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. Entweder gehe es bald erneut deutlich abwärts oder der Rücksetzer vom Donnerstag sei eine normale Pause vor der Wiederaufnahme des Aufwärtstrends. "Ich neige Ersterem zu."

Analyst Charalambos Pissouros vom Brokerhaus JFD setzt dagegen auf eine Fortsetzung der im Grunde seit März anhaltenden Rally. "So lange die Regierungen ihre Pandemie-Restriktionen lockern und die Konjunkturdaten signalisieren, dass das Schlimmste hinter uns liegt, betrachten wir den jüngsten Rücksetzer als Korrektur."

ANLEGER ZWISCHEN HOFFEN UND BANGEN


"Das Kräftemessen zwischen den von den Zentralbanken bereitgestellten Liquiditätsschüben und rezessiven Fundamentaldaten dürfte sich in den nächsten Monaten fortsetzen", prognostizierte Mark Dowding, Chef-Anleger des Vermögensverwalters BlueBay. Selbst bei einer schleppenden Konjunkturerholung verhinderten die billionenschweren Geldspritzen größere Kursrücksetzer der Börsen.

Einige Investoren gingen auf Nummer sicher und deckten sich mit Gold ein. Die "Antikrisen-Währung" verteuerte sich um 0,6 Prozent auf 1737,33 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Der düstere Konjunkturausblick der US-Notenbank vom Mittwoch wirke noch nach, sagte Analyst Peter Fertig vom Analysehaus Quantitative Commodity Research. Außerdem herrsche weiterhin Furcht vor einer zweiten Corona-Infektionswelle.

KONJUNKTURABHÄNGIGE WERTE WIEDER IM AUFWIND


Am Aktienmarkt griffen Investoren bei Werten zu, die zuletzt unter die Räder gekommen waren. So gewannen die europäischen Indizes für die Reisebranche, die Banken und die Autobauer bis zu 2,3 Prozent.

Unterdessen verbuchte Interparfums mit einem Plus von gut 15 Prozent den größten Kurssprung seit fast 18 Jahren. Der französische Konzern, der Parfums für Modemarken wie "Karl Lagerfeld" oder "Jimmy Choo" produziert, schloss eine Lizenzvereinbarung mit Moncler. Düfte unter dem Namen des italienischen Luxusjacken-Anbieters könnten sich zu einem Kassenschlager entwickeln, prognostizierten die Experten des Brokerhauses Midcap Partners. Moncler stiegen um 1,8 Prozent.

In London legten die Papiere von Pearson um rund 13 Prozent zu. Der aktivistische Investor Cevian hält 5,4 Prozent an dem Schulbuchverlag. Dies schürte Spekulationen auf eine Geschäftsumbau.

rtr