In Erwartung der Zinsentscheidungen der beiden großen Notenbanken EZB und Fed halten sich Anleger zu Wochenbeginn mit Engagements an den europäischen Aktienmärkten zurück. Dax und EuroStoxx50 notierten am Montagvormittag jeweils knapp im Plus bei 12.229 und 3496 Punkten. Wieder aufgeflammte Hoffnung auf eine Einigung im Brexit-Streit verhalf dem Pfund Sterling dagegen zu einem Kursplus von 0,6 Prozent auf 1,2360 Dollar.

Der britische Premierminister Boris Johnson äußerte sich zuversichtlich, bis zum EU-Gipfel Mitte Oktober eine Einigung über die künftigen Beziehungen seines Landes zur Union zu finden. Außerdem betonte er, dass es keine Grenzkontrollen zwischen der britischen Provinz Nordirland und der Republik Irland geben werde. Die Frage nach dem künftigen Grenzregime in dieser Region ist der Knackpunkt der bisherigen Verhandlungen. Johnsons irischer Kollege Leo Varadkar sagte, auch er hoffe auf eine Einigung bis zum EU-Gipfel. Es gebe gewisse Gemeinsamkeiten. Trotz des Hick-Hacks um den Brexit wuchs die britische Wirtschaft im Juli überraschend stark und dämpfte die Furcht vor einer Rezession.

EZB steht vor schwieriger Aufgabe


Unterdessen rechnen Experten fest damit, dass die Europäische Zentralbank (EZB) am Donnerstag den Zins für Einlagen bei der Notenbank senkt. Außerdem erwarten sie eine Wiederaufnahme der Wertpapierkäufe. Die erneuten geldpolitischen Lockerungsmaßnahmen verlören aber an Wirkung, warnte Paul Brain, Anleihechef des Vermögensverwalters Newton. "Künftig sollten sich alle Marktteilnehmer stärker darauf konzentrieren, welche Richtung die Regierungen fiskalpolitisch einschlagen, als sich nur auf die Entscheidungen der Zentralbanken zu fixieren."

Für die kommende Woche erwarten Börsianer eine erneute Zinssenkung der US-Notenbank (Fed). Der schwache US-Arbeitsmarktbericht vom Freitag schüre diese Spekulationen, sagte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. Fed-Chef Jerome Powell signalisierte bereits kurz nach Veröffentlichung der Beschäftigtenzahlen Bereitschaft zu einer weiteren Lockerung der Geldpolitik. Parallel dazu senkte die chinesische Zentralbank die Mindestreserve-Anforderungen für die Geschäftsbanken und machte damit einen dreistelligen Milliardenbetrag für zusätzliche Kredite frei.

"Primark"-Ausblick setzt Mutter AB Foods zu


In London gehörte AB Foods mit einem Kursminus von zwei Prozent zu den größten Verlierern. Der Anbieter von "Mazola"-Öl rechnet mit sinkenden Gewinnmargen bei seiner Modetochter Primark. Vor dem Hintergrund des schwierigen Einzelhandelsmarktes habe sich Primark bislang aber noch recht gut geschlagen, sagte Analyst James Grzinic von der Investmentbank Jefferies.

Die Titel von Air France-KLM stürzten sogar um 8,6 Prozent ab. Der Zeitung "Les Echos" zufolge hat die französisch-niederländische Fluggesellschaft ein Angebot zur Rettung des zusammengebrochenen Konkurrenten Aigle Azur vorgelegt. Die französische Regierung werde sicher darauf drängen, dass Air France Aigle Azur unter die Arme greift, sagte ein Börsianer. Der Staat ist der größte Aktionär von Air France. Aigle Azur bedient vor allem Routen rund um das Mittelmeer.

Unterdessen fand die Rally des designierten Dax-Absteigers Thyssenkrupp ein vorläufiges Ende. Die Aktien des Mischkonzerns, die wegen Spekulationen auf einen raschen Verkauf der Aufzugssparte in den vergangenen Tagen 15 Prozent zugelegt hatten, verloren 1,3 Prozent. Einem Medienbericht zufolge will Thyssen nur eine Minderheit an seiner Ertragsperle abgeben.

rtr