Für Rückenwind sorgten Industriedaten. Zu Beginn der zweiten Jahreshälfte hat sich die Industrie der Euro-Zone von den heftigen Corona-Einbrüchen erholt. In Deutschland stieg der Einkaufsmanagerindex sogar auf den höchsten Stand seit Ende 2018. Auch China kommt schneller als erwartet wieder auf die Beine.

"Eine mögliche Kurserholung könnte sich aber auch schnell als Strohfeuer entpuppen", sagte Timo Emden, Marktanalyst vom gleichnamigen Analysehaus. Die Furcht vor einer zweiten Welle - und damit verbundenen Einschränkungen des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens - sorgt für Nervosität. Die Lage in Australien habe gezeigt, dass auch die Wiedereinführung scharfer Restriktionen nicht ausgeschlossen werden könne, sagte Commerzbank-Analystin Esther Reichelt.

Allerdings könne wie in den USA die wirtschaftliche Erholung auch ohne explizite Beschränkungen stocken. Der Fokus liege nun auf den Verhandlungen über ein neues US-Konjunkturpaket. Für einen Dämpfer sorgte der Stabschef des Weißen Hauses, Mark Meadows, der gesagt hatte, er sei skeptisch, dass es in naher Zukunft eine Lösung geben werde. In den USA signalisierten die Futures einen etwas festeren Handelsstart.

Der Dollar legte wieder etwas zu, der Euro lag 0,4 Prozent tiefer bei 1,1724 Dollar. Experten sahen darin jedoch noch keine Trendwende: "Die Pause beim Dollar-Rückgang ist vor allem auf technische Faktoren zurückzuführen und hat nichts damit zu tun, dass sich etwas an den Umständen geändert hat, die gegen den Greenback sprechen", sagte Ricardo Evangelista, Analyst beim Brokerhaus ActivTrades. Die Corona-Krise sei außer Kontrolle, das bremse Hoffnungen auf eine rasche Erholung und zwinge die Fed, die Geldschleusen weit offen zu lassen.

RÜCKENWIND DURCH BERICHTSSAISON


Unternehmenszahlen heben aber vor allem in den USA die Stimmung. "Viele Anleger blicken zurück und können sich nicht an eine Berichtssaison erinnern, die dermaßen erfreulich verlaufen ist, natürlich nur relativ zu den Erwartungen, nicht aber in absoluten Zahlen", sagte Marktanalyst Jochen Stanzl vom Handelshaus CMC Markets. Im Schnitt lägen die US-Unternehmen mit ihren bislang vorgelegten Zahlen zwar rund ein Fünftel über den niedrigen Erwartungen, im Vergleich zum Vorjahr aber rund 35 Prozent darunter.

Gefragt waren vor allem Technologiewerte: Der entsprechende Branchenindex legte 2,4 Prozent zu. In den USA verdient Big Tech prächtig; Apple übertrumpfte inzwischen sogar den saudischen Ölgiganten Aramco an Börsenwert.

Für Enttäuschung sorgte dagegen die britische Großbank HSBC, deren Aktien bis zu 6,6 Prozent nachgaben. Der Vorsteuergewinn des Geldhauses brach im ersten Halbjahr um 65 Prozent auf 4,32 Milliarden Dollar ein und damit stärker als von Analysten erwartet.

Bauchschmerzen bereitete Anleger der Kaufpreis von 16,4 Milliarden Dollar, zu dem Siemens Healthineers den kalifornische Krebstherapie-Spezialisten Varian übernehmen will. Der Zukauf ergebe zwar strategisch Sinn, sei aber relativ teuer, sagten mehrere Marktteilnehmer. Mit einem Abschlag von bis zu 7,8 Prozent gehörte die Healthineers-Aktie zu den größten Verlierern im Nebenwerteindex MDax.

rtr