Der Dax gab einen großen Teil seiner anfänglichen Gewinne ab und notierte am Nachmittag 0,8 Prozent fester bei 10.421 Punkten. Der EuroStoxx50 lag sogar nur noch 0,2 Prozent im Plus bei 2766 Zählern. In den USA signalisierten die Futures Kursverluste zum Handelsauftakt. Es bestehe die Sorge, dass ein neu aufflammender Handelsstreit eine noch tiefere Wirtschaftskrise auslösen könnte als die Coronavirus-Pandemie, sagte Art Hogan, Chefstratege beim US-Finanzdienstleister National Securities. Gefragt war die "Krisen-Währung" Gold, die 0,5 Prozent auf ein Drei-Wochen-Hoch von 1738,36 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) stieg.
Die Wirtschaft bricht wegen der Pandemie derzeit weltweit ein. Allein im ersten Quartal sackte das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland um 2,2 Prozent ab - die scharfen Regelungen, um Kontakte zu reduzieren und so die Ausbreitung des Erregers zu bremsen, traten in der zweiten Märzhälfte in Kraft. "Wenn ein halber Monat ausreicht, eine derart gute wirtschaftliche Entwicklung in den ersten beiden Monaten zu pulverisieren, dann kann man sich ohne viel Fantasie ausmalen, wie schlimm das zweite Quartal werden wird", sagte DekaBank-Experte Andreas Scheuerle. "Die blutige Nase holen wir uns noch."
CHINAS INDUSTRIEPRODUKTION HUI - EINZELHANDELSUMSATZ PFUI
In China, wo die Coronavirus-Restriktionen bereits deutlich zurückgeschraubt wurden, wuchs die Industrieproduktion dagegen im April um 36,9 Prozent - mehr als doppelt so stark wie erwartet. Ein Wermutstropfen sei allerdings die maue Kauflaune der Chinesen wegen der Pandemie, sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. "Das ist ein Phänomen, das wir wahrscheinlich in den kommenden Monaten auch in Europa und den USA sehen werden." Auch in den USA brachen die Einzelhandelsumsätze im April stärker ein als erwartet.
Am Öl-Markt konzentrierten sich Anleger allerdings auf die positiven Aspekte. Die Nordsee-Sorte Brent verteuerte sich um 1,9 Prozent auf 31,72 Dollar je Barrel (159 Liter). Sie profitiere außerdem vom schrumpfenden Überangebot durch die gedrosselte Förderung in zahlreichen Exportstaaten, schrieben die Analysten der Bank ING.
PFUND LEIDET UNTER BREXIT-STILLSTAND
Das Pfund gab nach dem Abschluss der jüngsten Brexit-Verhandlungsrunde mit der Europäischen Union nach. Die britische Währung notierte 0,6 Prozent schwächer bei 1,1250 Euro beziehungsweise 1,1249 Dollar und war damit so billig wie seit mehr als sechs Wochen nicht. Der britische Chef-Unterhändler David Frost sagte, er bedauere, dass es kaum Fortschritte bei einem Abkommen über die künftigen Beziehungen seines Landes mit der EU gegeben habe. Er forderte die EU zu Zugeständnissen auf. Der EU-Chefunterhändler Michel Barnier warf der britischen Seite eine Verweigerungshaltung vor.
VARTA UND GEA ÜBERZEUGEN MIT ZAHLEN - BT IM AUFWIND
Zu den größten Gewinnern am deutschen Aktienmarkt zählte Varta mit einem Kursplus von bis zu 15 Prozent. Das ist der größte Kurssprung seit einem knappen Dreivierteljahr. Der Batterie-Hersteller steigerte dank eines Zukaufs Umsatz und Gewinn kräftig. "Ein sehr gutes Quartalsergebnis und bislang sind keine negativen Effekte der Coronavirus-Pandemie erkennbar", sagte ein Börsianer. Die Titel des Maschinenbauers Gea gewannen mehr als 13 Prozent. "Das Quartalsergebnis hat die bereits relativ optimistischen Erwartungen deutlich übertroffen", lobte Analyst Gordon Schönell vom Bankhaus Lampe.
In London verhalf ein Zeitungsbericht über einen möglichen milliardenschweren Teilverkauf des Breitband-Netzwerks Openreach dem größten britischen Telekomkonzern BT zu einem Kurssprung von gut zehn Prozent. Er glaube zwar nicht, dass eine Entscheidung unmittelbar bevorstehe, schrieb Analyst Jerry Dellis von der Investmentbank Jefferies. Bemerkenswert sei aber die ins Gespräch gebrachte Bewertung von Openreach von umgerechnet 23 Milliarden Euro. Der BT-Aktienkurs signalisiere lediglich einen etwa halb so hohen Wert.
rtr