Nach einer ersten Aufwärtsbwegung ging der DAX zurück in den Korrekturmodus. Der Leitindex kann sich aber zum Handelsende ins Plus retten. Außerdem im Fokus: die Aktien von Deutsche Bank, ProSiebenSat.1, Aurubis und DHL Group.
Dem DAX hat nach seinem positiven Vortag am Mittwoch die nötige Kraft für eine weitere klare Aufwärtsbewegung gefehlt. Das Börsenbarometer pendelte im Handelsverlauf zwischen Gewinnen und Verlusten. Viele Marktteilnehmer haben kurz vor dem Jahresende bereits ihre Bücher geschlossen und die Handelsaktivität nimmt mit dem nahenden Weihnachtsfest spürbar ab. Entsprechend träge lag der deutsche Leitindex am Nachmittag in Sichtweite des kürzlich erreichten Rekords mit 0,11 Prozent im Plus bei 16 762,95 Punkten.
Der MDax der mittelgroßen Unternehmen verbuchte nach zwischenzeitigen Abschlägen zuletzt wieder ein Plus von 0,49 Prozent bei 27 291,01 Zählern. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 trat bei 4538,16 Punkten nahezu auf der Stelle.
In der vergangenen Woche war der Dax, angetrieben durch Zinssenkungssignale der US-Notenbank Fed für 2024, auf einen Rekord von 17 003 Punkte gesprungen. Die Europäische Zentralbank gab sich mit Blick auf Zinssenkungen 2024 aber deutlich defensiver und bremste die Rally damit aus.
Einige Experten sehen nur noch wenig Luft für weitere Kursgewinne. "Es scheint so, dass der Dax sein kurzfristiges Potenzial nach oben hin vorerst ausgeschöpft hat", schrieb Martin Utschneider von Finanzethos. Für Jürgen Molnar vom Broker Robomarkets sind der Optimismus und die Gier der Anleger nach der Rekordjagd zwar noch nicht am Anschlag, aber er verweist darauf, dass es in der Vergangenheit bei solchen Konstellationen durchaus empfindliche Korrekturen gegeben habe.
Beobachter gehen davon aus, dass sich die hohen Erwartungen des Marktes an baldige Zinssenkungen im kommenden Jahr mit der Wirklichkeit messen müssen. So hatten einige Fed-Mitglieder zuletzt den Optimismus wieder zu dämpfen versucht, ihre Aussagen verpufften jedoch. Die beeindruckende Gewinnserie des Dow Jones Industrial an der Wall Street ist der Beweis. Dort deuteten sich jedoch zur Wochenmitte zunächst leichte Verluste an.
Aktien von BASF im Fokus
Der weltgrößte Chemiekonzern BASF bekommt eine neue Führungsspitze: Asienchef Markus Kamieth (53) löst nach der Hauptversammlung des Ludwigshafener Dax-Konzerns im April 2024 den langjährigen Konzernlenker Martin Brudermüller ab. Der Abschied des 62-Jährigen stand bereits länger fest. Der Aktienkurs trat am Mittwoch nach den jüngsten Gewinnen auf der Stelle.
Kamieth wurde gemeinsam mit der bisherigen Technologiechefin Melanie Maas-Brunner bereits als Favorit für den Chefposten gehandelt. Maas-Brunner wird ihren Ende Januar 2024 auslaufenden Vertrag aber nicht verlängern, wie BASF am Mittwoch weiter mitteilte.
Der promovierte Chemiker Kamieth vereine strategischen Weitblick sowie operative Umsetzungsstärke und werde den Geschäften und Teams bei BASF neue Impulse geben, sagte Aufsichtsratschef Kurt Bock über den künftigen starken Mann bei dem Chemieriesen. Der Manager habe während seiner vielen beruflichen Stationen in Deutschland, den USA und Asien hervorragende Ergebnisse für BASF erzielt.
Der Asien-Experte übernimmt den Chemiekonzern in unruhigem Fahrwasser. Wie die gesamte weltweite Chemiebranche leidet BAFF unter einer schwachen Nachfrage und dem Anstieg der Energiepreise - der Konzern ist der größte industrielle Gasverbraucher hierzulande. Im dritten Quartal gingen der Umsatz und das operative Ergebnis bei dem Konzern deutlich zurück. Unter dem Strich wurde wegen Problemen bei der Öl- und Gastochter Wintershall sogar ein Verlust verbucht.
Das Management will mit einem Tritt auf die Kostenbremse, der Drosselung von Investitionen und dem Abbau von Lagerbeständen den Abwärtstrend stoppen. So hat BASF bereits den Abbau von unter dem Strich 2600 Stellen weltweit angekündigt, fast zwei Drittel davon sollen auf Deutschland entfallen. Am Hauptsitz Ludwigshafen legt der Konzern wegen hoher Energiepreise mehrere Chemieanlagen still. Davon sind nach früheren Angaben weitere 700 Stellen in der Produktion betroffen. Erst kürzlich verkündete BASF zudem, die Geschäfte mit Agrarchemie und Batteriematerialien auszugliedern.
Der noch amtierende Vorstandschef Brudermüller verwies beim Blick auf die Branchenkrise zuletzt stets auf die immer schwieriger werdenden Bedingungen in Europa. Er beklagte wiederholt teure Energie und zu viel Regulierung. Das Unternehmen werde zwar weiter nicht nur in China und den USA, sondern auch in Europa investieren. Der Heimatmarkt mache dem Chemiekonzern aber zunehmend Sorgen.
China gilt mit milliardenschweren Investitionen als Wachstumsmarkt der Zukunft für den weltgrößten Chemiekonzern. Rund die Hälfte der weltweiten Umsätze in der Chemie werden dort bereits erzielt. BASF investiert in der südchinesischen Provinz Guangdong bis zu zehn Milliarden Euro in den neuen Verbundstandort Zhanjiang. Er soll die weltweit drittgrößte Produktionsstätte von BASF nach Ludwigshafen und Antwerpen werden. Kritiker warnen jedoch seit geraumer Zeit, BASF mach sich damit nach teuren Abschreibungen in Russland erneut abhängig von einem autokratischen Regime.
Brudermüller, der die BASF seit 2018 als Konzernchef führt und seit 2006 Mitglied des Vorstands ist, hatte beim vergangenen Aktionärstreffen des Chemieriesen angekündigt, das Unternehmen strebe an, weiter hochprofitabel in China zu wachsen. Da mit Markus Kamieth als Vorstandschef ein ausgewiesener Asienexperte das Ruder bei der BASF übernimmt, ist nicht von einem Kurswechsel auszugehen.
Der Aufsichtsrat beschloss in seiner Sitzung ferner, dass Katja Scharpwinkel ab Februar neues Mitglied des Vorstands und Arbeitsdirektorin bei BASF wird. Die 54-Jährige folgt auf Maas-Brunner, die sich neuen Aufgaben widmen wolle. Ferner sei Anup Kothari ab März nächsten Jahres als Mitglied des BASF-Vorstands berufen worden. Brudermüller soll nach seinem Ausscheiden im Frühjahr den Vorsitz des Mercedes-Benz-Aufsichtsrats übernehmen.
Der BASF-Betriebsrat begrüßte die Bekanntgabe des Chefwechsels noch vor Weihnachten. "Gerade in kritischen Zeiten ist es wichtig, dass Verantwortlichkeiten geklärt sind und kein Vakuum entsteht", teilte der Vorsitzende Sinischa Horvat mit. Der künftige Vorstand stehe vor immensen Herausforderungen. "Es geht im Wesentlichen um die sozial-ökologische Transformation und um die Zukunftsfähigkeit Europas und insbesondere des Standortes Ludwigshafens."
Aktien von ProSiebenSat.1 im Fokus
Die Aktien von ProSiebenSat.1 kommen am Mittwoch nach einem schwachen Ausblick auch in ihrem neuen Index SDax nicht vorwärts. In den Kleinwerteindex waren sie jüngst aus dem MDax der mittelgroßen Unternehmen abgestiegen. Am Vormittag verloren die Titel des Medienkonzerns als Index-Schusslicht 6,8 Prozent auf 5,72 Euro.
Die Analysten der US-Bank Goldman Sachs bemängelten insbesondere das Ziel des Managements, im kommenden Jahr nur ein stabiles operatives Ergebnis auf bereinigter Basis erzielen zu wollen. Laut Branchenexpertin Lisa Yang ging der Markt bisher von einem Wachstum beim Betriebsergebnis von acht Prozent aus. Auch ein Händler sprach am Morgen von schwachen 2024er-Zielen im Vergleich zu den Erwartungen.
Mit dem aktuellen Kursminus ist die bis Mitte des Monats verzeichnete Kurserholung wieder aufgezehrt. Seit Jahresanfang haben die Papiere 31,5 Prozent an Wert eingebüßt. Vor allem von Ende Juli bis Ende Oktober war es steil abwärts gegangen, der Kurs hatte sich in dieser Zeit fast halbiert. Dass ProSiebenSat.1 im Jahr 2024 mit einer leichten Erholung der wichtigen Werbeumsätze rechnet, erwies sich zur Wochenmitte nicht als Treiber.
Aktien von Aurubis im Fokus
Der Kupferkonzern Aurubis muss für das abgelaufene Geschäftsjahr nach Diebstahl- und Betrugsfällen einen Gewinneinbruch verkraften. Das bekommen auch die Anleger zu spüren, denn die Dividende soll nun sinken. Im neuen, bis Ende September laufenden Geschäftsjahr 2023/24 soll der Gewinn zwar wieder steigen, die Beteiligung des Stahlkonzerns Salzgitter liegt mit der Mitte der Zielspanne aber unter der durchschnittlichen Analystenschätzung. Zudem droht der Aufsichtsrat dem Vorstand nach den Problemen der vergangenen Monate mit Konsequenzen. An der Börse reagierten Anleger negativ.
Der Aktienkurs fiel am Vormittag leicht auf 77,84 Euro. Mit einem Miniplus von gut zwei Prozent liegt das Papier 2023 weit hinten im Index der mittelgroßen Werte, dem MDax. Dessen Gewinne summieren sich in diesem Jahr bislang auf gut acht Prozent.
Zuletzt lagen die Erwartungen von Analysten an das operative Vorsteuerergebnis (Ebt) 2023/24 im Mittel bereits am oberen Ende der vom Unternehmen genannten Zielspanne von 380 bis 480 Millionen Euro. Allerdings dürfte der Ausblick so früh im Jahr eher als vorsichtig wahrgenommen werden, sagte ein Händler.
Aurubis geht mit Blick auf das neue Geschäftsjahr von einer weiterhin hohen Metallnachfrage aus, vor allem nach Gießwalzdraht. Der Gewinnbeitrag durch den Verkauf von Schwefelsäure - einem Nebenprodukt der Kupferproduktion - dürfte infolge der aktuellen Preisentwicklungen indes sinken. Zudem nimmt Aurubis derzeit viel Geld für den Ausbau der Produktion in die Hand. Insgesamt sind aktuell rund 1,7 Milliarden Euro an Investitionen für strategische Projekte genehmigt, wie Aurubis am Mittwoch mitteilte.
Im abgelaufenen Geschäftsjahr war das operative Vorsteuerergebnis um gut ein Drittel auf 349 Millionen Euro gefallen, bei einem Umsatzrückgang um knapp 8 Prozent auf 17,1 Milliarden Euro.
Unter dem Strich verdiente der Recycling-Spezialist 141 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2022/23 nach 715 Millionen im vorangegangenen Jahr. Die Aktionäre sollen nun 1,40 Euro Dividende je Aktie erhalten, nachdem für das außergewöhnlich starke Vorjahr noch 1,80 Euro geflossen waren.
Ein Grund für den Gewinnrückgang 2022/23 ist ein großangelegter Betrug, bei dem der Schaden auf fast 200 Millionen Euro beziffert wurde. Aurubis geht davon aus, dass manipulierte Proben mit hohen Gehalten wertvoller Metalle abgegeben wurden, die Lieferungen dann aber deutlich weniger wertvolle Metalle enthielten - wodurch letztlich überhöhte Rechnungen bezahlt wurden. Zuvor war im Juni bekannt geworden, dass eine Diebesbande edelmetallhaltige Zwischenprodukte bei dem Unternehmen gestohlen haben soll. Gegen mutmaßliche Täter wird inzwischen vor dem Landgericht Hamburg verhandelt.
Das könnte nun auch Folgen für die Chefetage des Unternehmens haben. "Der Aufsichtsrat kann derzeit weder ausschließen, dass die amtierenden Vorstandsmitglieder unverändert ihr Amt fortführen, noch kann er ausschließen, dass es zu einer vorzeitigen Trennung von einzelnen oder mehreren Vorstandsmitgliedern kommt beziehungsweise der Vorstand umstrukturiert wird", hatte das Unternehmen am Dienstag nach einer Sitzung des Aufsichtsgremiums mitgeteilt.
Zunächst solle das Ergebnis einer in Auftrag gegebenen Untersuchung durch die Rechtsanwaltskanzlei Hengeler Mueller "zur Verantwortung des Vorstands im Zusammenhang mit den bekannt gewordenen Straftaten zum Nachteil der Gesellschaft" abgewartet werden. Eine Entscheidung soll dann voraussichtlich im Januar oder Anfang Februar getroffen werden.
Dem Vernehmen nach herrscht durchaus Unzufriedenheit mit dem Risikomanagement des Aurubis-Vorstandes, auch beim Stahlkonzern Salzgitter, der rund 30 Prozent der Anteile hält.
Analyst Christian Obst von der Baader Bank sieht in der Ungewissheit hinsichtlich der Zukunft des Aurubis-Vorstands aktuell den größten Bremsklotz für eine kurzfristige Erholung des Aktienkurses. Mittel- bis langfristig bleibt der Experte indes optimistisch, auch wegen der hohen Investitionen des Konzerns in den Produktionsausbau.
Aktien der DHL Group im Fokus
Enttäuschende Neuigkeiten vom US-Konkurrenten Fedex haben die Papiere der DHL Group am Mittwochmorgen belastet. Auf der Handelsplattform Tradegate rutschten die Aktien der Bonner um 3,3 Prozent ab. Fedex kosteten umgerechnet über 10 Prozent weniger als zum US-Handelsende und Aktien von UPS 3,5 Prozent weniger.
Analyst Thomas Wadewitz von der UBS hatte eher auf eine positive Überraschung von Fedex für das zweite Quartal gesetzt - und wohl auch einige Anleger. Stattdessen blieben die Amerikaner mit ihrem Quartalsergebnis sogar unter dem Marktkonsens. Die Kostensignale sieht Wadewitz indes als mögliche Stütze.
Aktien der Deutschen Bank im Fokus
Die Bearbeitung von Kundenanfragen bei der Postbank wird sich noch etwas länger hinziehen als von der Deutschen Bank zunächst erhofft.
"Die Abarbeitung der verbleibenden Rückstände ist komplex und nimmt in Teilen mehr Zeit in Anspruch. Einen Teil dieser Fälle werden wir deshalb Anfang 2024 abschließend bearbeiten", sagte ein Sprecher der Deutschen Bank. Bei der Abarbeitung der Fälle sei man seit Sommer gut vorangekommen, auch wegen 800 zusätzlicher Arbeitskräfte für diese Aufgaben. Die Bank hatte gehofft, die Bearbeitung 2023 abschließen zu können. Zuerst hatte das "Handelsblatt" über die Verzögerungen berichtet.
Die Probleme der Deutsche-Bank-Tochter Postbank hatten im September die Finanzaufsicht BaFin auf den Plan gerufen, nachdem sich die Kundenbeschwerden gehäuft hatten. Bei der Migration der Postbank-IT auf die Systeme der Deutschen Bank, die im Juli eigentlich als abgeschlossen erklärt worden war, gab es erhebliche Probleme. Kunden konnten zeitweise nicht auf ihre Konten zugreifen, der Kundenservice war kaum erreichbar. BaFin-Chef Mark Branson bezeichnete das Chaos bei der Postbank als "inakzeptabel". Die Behörde schickte sogar einen Sonderbeauftragten, der die Beseitigung der Probleme überwachen sollte.
Mit Material von dpa-afx und Reuters
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