DAX-Konzerne mit kritischer Klimabilanz kommen zunehmend von Aktionärsseite unter Beschuss. Die Forderungen des aktivistischen Investors Enkraft Capital beim Energiekonzern RWE nach einem rascheren Ausstieg aus dem Braunkohlegeschäft unterstützen inzwischen namhafte Fondsgesellschaften und RWEAktionäre wie Deka und Union Investment. "Wir halten es für dringend nötig, dass RWE sein Geschäftsmodell schneller transformiert und sein CO2-Profil deutlich senkt", sagte Union- Investment-Fondsmanager Thomas Deser zu €uro am Sonntag. Auch Deka-Experte Ingo Speich begrüßte den Vorstoß des Aktivisten, der mit 500 000 Aktien bei RWE eingestiegen ist.

Enkraft Capital mit Sitz in Unterhaching bei München hatte bereits im vergangenen Jahr dem Windparkentwickler PNE Wind zugesetzt. Geschäftsführer Benedikt Kormaier wollte sich auf Anfrage von €uro am Sonntag nicht zu den Hintergründen seines Vorstoßes äußern. Kormaier hatte vor wenigen Tagen in einem Brief an RWE-Chef Markus Krebber vor massiven Wertverlusten durch das Kohlegeschäft gewarnt und stärkeren Fokus auf erneuerbare Energien gefordert, um Renditepotenziale zu heben.

"Neue Risiken für Aktionäre"


Aktivistische Aktionäre beteiligen sich meist nur im kleineren Prozentbereich an Unternehmen, um Strategie- oder Personaländerungen zu fordern. Doch mithilfe der Öffentlichkeit oder Unterstützung weiterer Aktionäre können sie eine Konzernführung in Bedrängnis bringen. Ein Paradebeispiel ist der Immobilienfinanzierer Aareal Bank. Dort forderte der aktivistische Londoner Hegdefonds Petrus Advisers mehr Rendite und hat sich mit einem Chefwechsel bereits durchgesetzt. Neu ist, dass sich die Aktivisten inzwischen zunehmend auf Nachhaltigkeit (ESG) und Klima fokussieren.

Aus Sicht des Fondsmanagers Henrik Pontzen von Union Investment besteht auch beim DAX-Konzern Heidelberg Cement akuter Handlungsbedarf. Das Unternehmen ist nach RWE der zweitgrößte CO2-Emittent im DAX. "Steigende CO2- Preise sind ein besonderes Risiko für die Aktionäre von Heidelberg Cement", warnte Pontzen gegenüber €uro am Sonntag. Der Baustoffkonzern wolle zwar selbst bis 2050 klimaneutral werden, allerdings würden wirkliche CO2-Reduktionen technologiebedingt wohl erst nach 2030 erreicht.

"Die HeidelbergCement-Aktionäre müssen die hohe CO2-Intensität des Geschäftsmodells einkalkulieren", sagt Pontzen. Gemildert werden könnte dies zwar durch neue Speichertechnologien wie CCS (Carbon Capture and Storage), aber schnelle Erfolge seien hier nicht zu erwarten. "Bei dem DAX-Konzern fehlen weiterhin absolute CO2- Reduktionsziele vor 2050, die aus Aktionärssicht dringend nötig sind."