Nach den zuletzt heftigen Kursschwankungen lassen es Europas Investoren zum Wochenanfang ruhiger angehen. "Angesichts der 600-Punkte-Schwankungen der Vorwoche überlegen Anlegerinnen und Anleger jetzt noch viel mehr, wie sie sich verhalten sollen", sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners.

"Was die Märkte tun, ist, auf das Beste zu hoffen und sich auf das Schlimmste vorzubereiten", sagte Fahad Kamal, Investmentchef bei der Privatbank Kleinwort Hambros. Zudem ließen die Inflationssorgen Investoren nicht los, sagte Marktanalyst Milan Cutkovic vom Brokerhaus Axi. "Die alles entscheidende Frage ist nun, ob die Entwicklung nur ein temporäres Phänomen darstellt oder in der Tat zu einem ernsteren Problem wird und die Notenbanken am Ende keine andere Wahl haben, als mit Zinserhöhungen darauf zu reagieren."

KONSUM-BOOM STOCKT IM APRIL


Für Ernüchterung sorgten zudem Zahlen aus China. Nach dem Rekordwachstum im ersten Quartal hat die Erholung der Wirtschaft in der Volksrepublik deutlich an Schwung verloren. So steigerten Chinas Einzelhändler ihren Umsatz im April nur noch um 17,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit fiel der Anstieg nur noch gut halb so hoch aus wie im März und blieb deutlich hinter den Erwartungen von Analysten zurück. Auch in den USA hatten die Einzelhandelsumsätze im April enttäuscht. "Der Konsum-Boom, den noch die Einzelhandelsumsätze im März angedeutet hatten, stockte offensichtlich im April", sagte Commerzbank-Analyst Ulrich Leuchtmann.

GOLD AUF DREI-MONATS-HOCH - BITCOIN UNTER DRUCK


Die anhaltenden Inflationssorgen und ein Rückgang der Renditen von US-Staatsanleihen ließen den Goldpreis mit 1855 Dollar pro Feinunze auf den höchsten Wert seit dreieinhalb Monaten steigen. Die Renditen für 10-jährige US-Staatsanleihen fielen auf den niedrigsten Stand seit fast einer Woche. Auch die Rendite der richtungweisenden zehnjährigen Bundesanleihe ging auf minus 0,128 Prozent zurück, blieb aber in Reichweite ihres jüngsten Zwei-Jahres-Hochs.

Bei den Kryptowährungen sorgte Elon Musk erneut für Aufregung. Mit einem Tweet schürte der Tesla-Chef Spekulationen, dass der Elektroautobauer seine milliardenschweren Investitionen in Bitcoin zurückfahren oder auflösen könnte. Vergangene Woche hatte Tesla bereits die Akzeptanz von Bitcoin als Zahlungsmittel für seine Fahrzeuge ausgesetzt.

Tesla sei mit der Anlage von Firmengeldern in Bitcoin ein Vorreiter gewesen, sagte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses Avatrade. Investoren fürchteten, dass nun auch andere Firmen ein Engagement in Kryptowährungen überdenken. Bitcoin brockten diese Spekulationen zunächst einen Kurssturz von rund 14 Prozent ein. Mit rund 42.000 Dollar war die Digital-Währung so billig wie zuletzt vor dreieinhalb Monaten. Die zweitwichtigste Cyber-Devise Ethereum brach sogar um bis zu 21 Prozent ein. Im Verlauf machten beide einen Teil der Verluste aber wieder wett.

Zu den Verlierern am deutschen Aktienmarkt zählte mit einem Abschlag von in der Spitze bis zu 3,2 Prozent Bayer. Ein US-Berufungsgericht hatte in einem Prozess um den umstrittenen Unkrautvernichter Roundup ein Urteil bestätigt, das den Pharma- und Agrarchemiekonzern zur Zahlung von 25 Millionen Dollar verpflichtet. "Je mehr Urteile gegen Bayer fallen, desto größer ist der Druck auf das Unternehmen, Roundup vom Markt zu nehmen oder großzügigere Entschädigungen anzubieten", sagte Juraprofessor David Noll von der Rutgers Law School.

rtr