Vor dem mit Spannung erwarteten ersten TV-Duell zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem demokratischen Herausforderer Joe Biden wollten sich Anleger nicht allzuweit aus dem Fenster lehnen. Investoren erhofften sich von der Debatte Hinweise, welcher Kandidat bei der Wahl die besseren Karten haben könnte. Viele Anleger sehen in einem Sieg Bidens die Chancen auf weitere fiskalische Anreize, um dem wirtschaftlichen Schaden der Coronavirus-Pandemie entgegenzuwirken und werten ein solches Szenario positiv für Aktien.

Im Fokus der Anleger stand zudem die Videokonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidenten der Länder zum weiteren Vorgehen in der Coronavirus-Pandemie. Die Angst vor einem zweiten Lockdown sei zwar vom Tisch, sagte Christian Henke, Analyst beim Brokerhaus IG Market. "Allerdings dürfte es schwer werden, wieder zur Normalität zurückzukehren."

Am Börsenparkett sei jetzt die große Frage, welche Bedeutung den Kursanstiegen vom Montag beigemessen werden könne, sagte Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst beim Brokerhaus CMC Markets. Vor allem in den USA liefen immer noch viele Wetten auf fallende Kurse, und wenn sich Spekulanten dann mit den Papieren eindecken müssten, seien Kursgewinne normal. Am Dienstag gehörten - wie schon vergangene Woche - erneut die konjunkturabhängigen Werte zu den Verlierern: Die entsprechenden Barometer für Banken und Autos gaben 1,4 beziehungsweise 0,5 Prozent nach. Auch Reisewerte, Fluggesellschaften oder Flughäfen gerieten unter Druck.

Inzwischen sind weltweit mehr als eine Million Menschen an der durch das Coronavirus ausgelösten Erkrankung Covid-19 gestorben. Besonders stark betroffen sind die USA, Indien und Brasilien. Dies belastete auch den Ölpreis. Carsten Fritsch, Rohstoffexperte bei der Commerzbank, verwies zudem auf Spekulationen, wonach der Iran im September bis zu 1,5 Millionen Barrel Öl pro Tag exportiert haben solle. "Das zusätzliche iranische Öl käme zu einem Zeitpunkt an den Markt, an dem die Nachfrage schwächelt und mit Libyen ein weiteres Land an den Ölmarkt zurückkehrt." Ein Barrel Nordseeöl der Sorte Brent verbilligte sich um 0,7 Prozent auf 42,12 Dollar, leichtes US-Öl kostete mit 40,26 Dollar 0,8 Prozent weniger.

Der Dollar gab vor dem TV-Duell zwischen Trump und Biden zu einem Währungskorb nach. Ein Euro notierte mit 1,1694 Dollar 0,3 Prozent fester. You-Na Park-Heger, Devisenanalystin bei der Commerzbank, geht aber nicht davon aus, dass das Duell Schwung in den Markt bringt. Entscheidend für den Dollar sei nicht die Frage, wer die Wahl gewinne, sondern vielmehr, ob "Trump im Falle einer Niederlage das Ergebnis akzeptieren wird oder ob es zu einer längeren Hängepartie kommen wird".

BERICHT ÜBER INTERESSE VON VIVENDI STÜTZT PROSIEBEN


Unter den Einzelwerten sorgte ProSiebenSat.1 mit einem Kursplus von rund drei Prozent für Aufsehen. Einem italienischen Medienbericht zufolge könnte der Medienkonzern Vivendi einen Anteil an dem Fernsehunternehmen kaufen. Das feuere die Spekulationen in dem Wert nochmal kräftig an, sagte ein Händler. "Da Mediaset an Vivendi beteiligt ist, könnte es zu einem für die Aktionäre lukrativen Übernahmekampf kommen, so die Fantasie." Die Italiener halten direkt und indirekt etwa 24 Prozent an dem deutschen TV-Unternehmen.

In London stiegen die Aktien des Sanitärausrüsters Ferguson um bis zu 7,1 Prozent auf ein Rekordhoch von 7946 Pence. Das Unternehmen profitiert von Einsparungen und einem stabilen US-Geschäft und steigerte seinen Gewinn im abgelaufenen Geschäftsjahr um 4,1 Prozent. Die Experten von JP Morgan gehen davon aus, dass Ferguson kurzfristig davon profitiere, dass in der Pandemie viele Menschen ihre Häuser und Wohnungen renovierten.

rtr