Den Schreck über die Aussagen der US-Finanzministerin Janet Yellen zu möglichen Zinssteigerungen hätten Investoren inzwischen zwar verdaut, sagte Analyst Christian Henke vom Brokerhaus IG. Aus den Köpfen verschwunden sei dieses Thema aber nicht. "Auch wenn die US-Notenbank alles versucht, die Finanzmärkte zu beruhigen. Dennoch ist das Kind in den Brunnen gefallen." Sein Kollege Jochen Stanzl vom Online-Broker CMC Markets wertet die Äußerungen der ehemaligen US-Notenbankchefin als taktisches Manöver. "Es war ein Testballon, um zu sehen, wie die Finanzmärkte auf das Thema Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik reagieren." Weitere dürften folgen.
Ein Stimmungsaufheller war der Auftragsboom in der deutschen Industrie. Der Zuwachs fiel im März mit drei Prozent fast doppelt so hoch aus wie erwartet. "Der fortgesetzt gute Trend bei den Auftragseingängen legt das Fundament für eine erfreuliche gesamtwirtschaftliche Erholung", sagte Thomas Gitzel, Chef-Volkswirt der VP Bank. Vor diesem Hintergrund verteuerte sich der Euro um 0,4 Prozent auf 1,2050 Dollar.
BoE DROSSELT WERTPAPIERKÄUFE
Das Pfund Sterling stagnierte trotz eines gedrosselten Tempos bei den Wertpapierkäufen durch die Bank of England (BoE) bei 1,3908 Dollar. Das Gesamtvolumen bleibe aber bei 895 Milliarden Pfund. Damit werde das Ankaufprogramm zeitlich gestreckt, sagte NordLB-Analyst Bernd Krampen. Dies sei angesichts der verbesserten Konjunkturaussichten dank der Fortschritte bei den Corona-Massenimpfungen auch notwendig. Eine erste Zinserhöhung sei allerdings frühestens 2023 zu erwarten.
Abwärts ging es für den Ölpreis. Die Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um 0,8 Prozent auf 68,40 Dollar je Barrel (159 Liter). "Die rekordhohen Zahlen von Neuinfektionen in Indien schüren Ängste vor einer langsameren Erholung der Nachfrage", sagte Commerzbank-Analyst Eugen Weinberg.
PATENT-DISKUSSION SETZT IMPFSTOFF-HERSTELLERN ZU
In dem Zusammenhang entbrannte eine Diskussion um die vorübergehende Freigabe der Patente für Coronavirus-Impfstoffe. Befeuert wurde sie von einem entsprechenden Vorschlag des US-Präsidenten Joe Biden. Die Aktien der beiden deutschen Anbieter BioNTech und CureVac brachen daraufhin um jeweils knapp 20 Prozent ein - in beiden Fällen so stark wie noch nie. Die Konkurrenten Moderna und Novavax rutschten im vorbörslichen US-Geschäft um bis zu neun Prozent ab. BioNTech-Partner Pfizer verlor 2,6 Prozent.
Den Titeln von Compugroup Medical drohte mit einem Minus von zeitweise 19 Prozent der größte Tagesverlust seit 13 Jahren, obwohl der Medizinsoftware-Anbieter Umsatz und Gewinn steigerte. Die Zahlen seien hinter seinen Erwartungen zurückgeblieben, monierte Analyst Knut Woller von der Baader Helvea Bank. Außerdem werde die Umstellung des Geschäfts auf Mietsoftware das Wachstum im kommenden Jahr bremsen.
In London stiegen die Aktien von Next dagegen um bis zu 3,4 Prozent auf ein Rekordhoch von 8404 Pence. Das Quartalsergebnis des Modehändlers sei besser ausgefallen als gedacht, lobten die Analysten der Bank UBS. Auf dieser Basis hob das Unternehmen seine Gesamtjahresziele an.
rtr