Mit den weiter zunehmenden Infektionszahlen kehre die Angst vor einem kompletten Stillstand des öffentlichen Lebens und damit auch eines Großteils des wirtschaftlichen Lebens in Deutschland zurück, sagte Jochen Stanzl vom Handelshaus CMC Markets. "Es dürfte nur noch eine Frage von Tagen sein, wann die Berliner Politik die Zügel in der Corona-Bekämpfung weiter anzieht."

Der Dax büßte am Dienstag 0,2 Prozent auf 13.247 Punkte ein. Der EuroStoxx50 gab 0,4 Prozent auf 3514 Zähler ab. "Es sind die geschürten Unsicherheiten rund um die Corona-Pandemie, der robuste Euro und die Hängepartie im Brexit zwischen London und Brüssel, welche Anleger vorsichtiger agieren lässt", sagte Analyst Timo Emden von Emden Research. Anders als im Frühjahr würden Anleger einem neuen möglichen Lockdown aber gelassener entgegensehen. In den USA signalisierten die Futures ebenfalls einen schwächeren Handelsstart.

Als erstes Bundesland in Deutschland weitete Sachsen den bundesweit vereinbarten Teil-Lockdown aus und will ab kommenden Montag Schulen sowie die meisten Geschäfte schließen. Der Handelsverband HDE warnte vor einer erneuten Schließung vieler Geschäfte zwischen den Feiertagen. Unteressen hellte die Aussicht auf den Start einer Corona-Impfkampagne die Konjunkturperspektiven für 2021 deutlich auf. Das Barometer der Erwartungen von Börsianern für die Entwicklung in den nächsten sechs Monaten stieg im Dezember um 16,0 auf 55,0 Zähler, wie das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) mitteilte. Ökonomen hatten lediglich mit einem Anstieg auf 45,5 Zähler gerechnet. Die aufgehellte Stimmung unterstützte den Euro, der 0,1 Prozent fester bei 1,2117 Dollar notierte.

Der bislang ausgebliebene Durchbruch bei den Brexit-Verhandlungen setzte dagegen dem Pfund Sterling zu. Die britische Währung fiel um 0,6 Prozent auf 1,3295 Dollar beziehungsweise auf 1,0972 Euro. Marktteilnehmer machten sich auf weitere Schwankungen gefasst. Für Hoffnung sorgte eine geplante Reise von Premierminister Boris Johnson zu EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. "Die Tatsache, dass Johnson Ende dieser Woche zu einem Treffen mit von der Leyen reisen wird, bedeutet, dass in Bezug auf ein Abkommen nicht alles verloren ist", sagte Rabobank-Expertin Jane Foley.

Großbritannien startete unterdessen als erstes westliches Land mit Massenimpfungen gegen das Coronavirus. Den Anfang machte eine 90-jährige, die mit dem Wirkstoff der Pharmaunternehmen Pfizer und Biontech geimpft wurde. Bis zum Jahresende sollten Millionen Menschen geimpft sein, sagte der britische Gesundheitsminister Matt Hancock. Auch in anderen Ländern wird auf eine rasche Zulassung des Impfstoffs gedrungen.

WARTEN AUF WEITERE UNTERSTÜTZUNG


Mit Spannung warteten Börsianer zudem auf die Zinssitzung der EZB am Donnerstag. Wegen der zweiten Pandemie-Welle erwarteten Experten ein umfangreiches neues Krisenpaket. "Die Marktteilnehmer rechnen an diesem Tag mit einer Aufstockung des Anleihekaufprogramms durch die EZB", sagte Christian Henke vom Brokerhaus IG.

Bei den Einzelwerten stürzten Aktien von Compugroup Medical um bis 11,9 Prozent ab. Den Ausblick der Medizinsoftwarefirma für das kommende Jahr könnte man auch als Gewinnwarnung nehmen, sagte ein Händler. Die Anteilsscheine des Sensorspezialisten AMS gaben in der Spitze 15,5 Prozent nach. Hintergrund ist mehreren Händlern zufolge ein Medienbericht, demzufolge AMS Aufträge von Herstellern von Android-Mobiltelefonen verloren gehen könnten, weil diese bestimmte Sensoren durch eine von Apple verwendete Technologie ersetzen wollen. Dagegen schossen Anteilsscheine des Autozulieferers Hella nach der Anhebung der Jahresprognose um bis zu 8,5 Prozent nach oben.

rtr