In Europa steige die Zahl der Corona-Infektionen wieder stärker, sagte Milan Cutkovic, Marktanalyst beim Brokerhaus AxiTrader. Für einige südliche Länder, die stark vom Tourismus abhängig seien, könnte die Urlaubssaison früher als gedacht zu Ende gehen. "Die Investoren fürchten, dass es im Herbst zu deutlich strengeren Restriktionen kommt."

Die Bundesregierung hatte fast ganz Spanien - darunter auch die bei deutschen Urlaubern besonders beliebte Insel Mallorca - als Risikogebiet eingestuft. Auch die Quarantäne-Anordnung der britischen Regierung für Reisende aus Frankreich drückte die Stimmung im Reisesektor. Der europäische Branchenindex lag 1,2 Prozent im Minus.

Unter die Räder kamen vor allem Tui-Aktien, die sowohl in Frankfurt als auch in London in der Spitze mehr als fünf Prozent einbüßten. Deutschlands größter Touristikkonzern kritisierte die Reisewarnung für die gesamte Balearen-Insel Mallorca als zu pauschal, weil große Teile der Insel von der Pandemie nur minimal betroffen seien. Aktien der British-Airways-Mutter IAG, von Ryanair und Lufthansa verloren mehr als zwei Prozent.

In den USA signalisierten die Futures einen festeren Handelsauftakt. Beim Thema Corona-Hilfspaket in den USA hätten sich viele Marktteilnehmer damit abgefunden, eine Wartezeit in Kauf zu nehmen, sagte Timo Emden vom gleichnamigen Analysehaus. "Hier wird mittlerweile frühestens im September, wenn überhaupt, mit einer Kompromisslösung gerechnet."

Am Anleihemarkt griffen Anleger zu italienischen Bonds. Der Risikoaufschlag zu deutschen Papieren sank entsprechend auf 144 Basispunkte und damit auf das niedrigste Niveau seit Ende Februar. Rainer Guntermann, Zinsexperte von der Commerzbank, sagte, die europäische Arbeitslosenunterstützung treibe die Kurse der südeuropäischen Anleihen in die Höhe. Die Hilfe beginnt im September. Auch der europäische Hilfsfonds komme den italienischen Bonds zugute. Italien war besonders früh von der Corona-Pandemie getroffen worden, steht inzwischen aber vergleichsweise gut da.

FRISCHES GELD AUS CHINA BEFLÜGELT BERGBAU-WERTE


Positive Impulse kamen aus China, wo die Zentralbank dem Finanzsystem mehr mittelfristige Kredite zur Verfügung stellte und damit für Rückenwind an den Börsen vor Ort sorgte. Kupfer verteuerte sich um ein Prozent auf 6428 Dollar je Tonne, Zink kostete mit 2432 Dollar je Tonne so viel wie seit fast sieben Monaten nicht. Das motivierte Anleger auch, zu Bergbau-Aktien in Europa zu greifen. Europas Branchenindex zog 1,7 Prozent an. Aktien des anglo-australischen Bergbaukonzerns Rio Tinto sowie des Branchenprimus BHP legten in London rund zwei Prozent zu.

Um mehr als drei Prozent aufwärts ging es für die Aktien des Kunststoffherstellers Covestro. Finanzchef Thomas Toepfer sprach im Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters von ermutigenden Anzeichen für eine Erholung: "Wir sehen einen sehr stabilen Aufwärtstrend im Augenblick und rechnen nicht unmittelbar damit, dass sich das wieder umkehren wird." Für das dritte Quartal halte er einen Betriebsgewinn von 350 Millionen Euro für möglich. Analysten hatten zuletzt mit 268 Millionen Euro gerechnet.

rtr