Der Dax stieg zunächst auf ein Zwei-Jahres-Hoch von 12.031,11 Punkten. Kursverluste des Index-Schwergewichts Bayer drückten ihn wieder unter die psychologisch wichtige 12.000er Marke. Am frühen Nachmittag notierte der deutsche Leitindex kaum verändert bei 11.974 Zählern. Der EuroStoxx50 drehte sogar ins Minus und verlor 0,3 Prozent auf 3330 Stellen.
"Geert Wilders will die Niederlande aus der EU herausführen und Marine Le Pen plant das gleiche für Frankreich", sagte Martin Lück, Chef-Anlagestratege für Deutschland, Österreich und Osteuropa beim weltgrößten Vermögensverwalter Blackrock. Er bezeichnete die anstehenden Urnengänge als Schicksalswahlen "mit dem Potential, die bisher ordentlichen Kursverläufe des noch jungen Jahres in einen veritablen Crash umzukehren." Der Rechtspopulist Wilders und die rechtsextreme Le Pen liegen in Umfragen jeweils vorne. Vor diesem Hintergrund verbilligte sich der Euro um etwa einen Viertel US-Cent auf 1,0512 Dollar. Die Niederländer wählen am 15. März ein neues Parlament, die erste Runde der französischen Präsidentschaftswahlen ist für den 23. April angesetzt.
POLITISCHE RISIKEN TREIBEN ANLEGER IN BUNDESANLEIHEN
Die Nervosität der Investoren spiegelte sich vor allem am Anleihemarkt wider. Einige flüchteten in die als sicher geltenden Bundesanleihen. Dies drückte die Rendite der zweijährigen Papiere auf ein Rekordtief von minus 0,919 Prozent. Da gleichzeitig immer mehr Anleger auf eine baldige Zinserhöhung der Notenbank Fed wetteten, stieg ihr Renditeabstand (Spread) zu vergleichbaren US-Bonds auf den höchsten Stand seit mindestens 47 Jahren. Gefragt war auch die "Antikrisen-Währung" Gold. Das Edelmetall verteuerte sich auf bis zu 1238,21 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) und hielt sich damit weiter in Reichweite seines Drei-Monats-Hochs.
Positiv werteten Börsianer dagegen den überraschenden Anstieg des Ifo-Index und das ebenfalls deutlich besser als erwartet ausgefallene britische Wirtschaftswachstum. "Die guten Wirtschaftszahlen aus Europa sind Balsam auf die Seele der Investoren", sagte Jochen Stanzl, Analyst des Online-Brokers CMC Markets.
THYSSEN WIRD BREMSKLOTZ IN BRASILIEN LOS
Bei den deutschen Aktienwerten sorgte der 6,4-prozentige Kurssprung von Thyssenkrupp für Aufsehen. Die Erleichterung der Anleger über den Verkauf des verlustreichen Stahlwerkes in Brasilien trieb die Aktie auf ein Eineinhalb-Jahres-Hoch von 24,65 Euro. Thyssen gibt das Werk CSA für 1,5 Milliarden Euro an den US-Konkurrenten Ternium ab. Dieser könne durch die Übernahme jährlich bis zu 420 Millionen Dollar sparen, rechnete Analyst Alessandro Abate von der Berenberg Bank vor.
In London stiegen Lloyds um bis zu 4,3 Prozent auf ein Acht-Monats-Hoch von 69,65 Pence. Der größte britische Hypotheken-Finanzierer fuhr mit umgerechnet rund fünf Milliarden Euro den höchsten Gewinn seit zehn Jahren ein. Die leicht gestiegenen Rückstellungen für faule Kredite seien allerdings ein Anzeichen dafür, dass der geplante Ausstieg Großbritanniens aus der EU der Finanzbranche Kopfzerbrechen bereite, betonte ein Börsianer.
Mit Verkäufen reagierten Investoren dagegen auf die Bilanz von Bayer. "Das Zahlenwerk blieb insgesamt ohne größere Überraschungen", urteilte Analyst Bernhard Weininger von Independent Research. Seine Kollegen von der Baader Helvea Bank wiesen auf das enttäuschende Abschneiden der Sparte für rezeptfreie Gesundheitspräparate hin. Bayer-Titel verloren 1,7 Prozent trotz eines Umsatz- und Ergebnisrekords 2016. In den vergangenen drei Monaten hatten sie allerdings knapp 20 Prozent und damit fast doppelt so stark wie der Dax zugelegt.
rtr