"Es könnte die Berichtssaison der Gewinnwarnungen und Prognosesenkungen werden", sagte Anlagestratege Jürgen Molnar vom Brokerhaus RoboMarkets. Der Dax gab am Dienstag bis zu 0,8 Prozent auf 13.102 Punkte nach, der EuroStoxx50 sank in der Spitze um 0,6 Prozent auf 3582 Zähler.
Unter Druck gerieten vor allem Europas Einzelhändler, nachdem der Branchenprimus zuvor vor sinkenden Gewinnen gewarnt hatte. Da die Preise für Benzin und Lebensmittel in die Höhe geschnellt sind, hielten sich die Kunden bei Kleidung, Haushaltswaren sowie beim Kauf anderer Haushaltsgeräte zurück, was Einzelhändler vor Bergen an Lagerbeständen sitzen lässt. US-Riese Walmart muss daher hohe Preisabschläge bieten und rechnet deshalb mit elf bis 13 Prozent weniger Gewinn im Gesamtjahr.
Die düsteren Aussichten ließen Anleger auch einen Bogen um Europas Einzelhändler machen. Der Branchenindex verlor fast drei Prozent. Schlusslicht im Dax war Online-Modehändler Zalando mit einem Kursverlust von 6,5 Prozent. An der Börse in London gaben die Titel der britischen Modekette Marks & Spencer sowie der Baumarktkette Kingfisher mehr als vier und rund sieben Prozent nach. Der schwedische Modehändler H&M büßte mehr als zwei Prozent ein.
FURCHT VOR GASKNAPPHEIT
Nervös machte Investoren zudem die bevorstehende weitere Drosselung der Gas-Lieferungen aus Russland. Der russische Staatskonzern Gazprom hatte am Vortag angekündigt, die Auslastung der Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 auf nur noch 20 Prozent zu reduzieren. Die EU-Staaten wollen nun 15 Prozent der Gasnachfrage einsparen. "Wir glauben, dass die EU in der Lage sein könnte, eine Gasrationierung zu vermeiden, aber die Risiken sind erheblich gestiegen", sagte Credit Suisse-Ökonomin Veronika Roharova. Selbst ohne Rationierung belasteten die gestiegenen Gaspreise die Wirtschaftstätigkeit weiter.
Der Gaspreis schnellte unterdessen weiter nach oben. Der europäische Future verteuerte sich erneut knapp elf Prozent auf 196 Euro je Megawattstunde. Auch der Ölpreis zog an. Rohöl der Sorte Brent aus der Nordsee verteuerte sich um knapp zwei Prozent auf 106,79 Dollar pro Barrel. "Höhere Gaspreise, ausgelöst durch die russische Gasverknappung, könnten zu einem zusätzlichen Umstieg von Gas auf Rohöl führen und die Ölpreise stützen", sagte Hiroyuki Kikukawa, Experte bei Nissan Securities. Steigende Rohstoffpreise ließen Anleger zu Konzernen wie Shell oder Glencore greifen, die jeweils rund zwei Prozent zulegten.
UNILEVER HEBT AB - UBS AUF SINKFLUG
Bei den Einzelwerten stand Konsumgüterkonzern Unilever im Rampenlicht, dessen Aktien rund drei Prozent auf den höchsten Stand seit mehr als sieben Monaten zulegten. Der Konsumgüterriese hob seine Umsatzprognose für das Gesamtjahr an, nachdem er seine Preise erhöht hatte, um den steigenden Kosten entgegen zu wirken. Dagegen brachen die Anteilsscheine der Schweizer Großbank UBS um knapp sieben Prozent ein. Der Weltmarktführer im Geschäft mit Reichen und Superreichen fuhr zwar im abgelaufenen Quartal ein Gewinnplus ein, blieb aber hinter den Erwartungen der Analysten zurück.
Für Zurückhaltung an den Aktienmärkten sorgte auch der für Mittwoch erwartete weitere große Zinssprung der US-Notenbank um 0,75 Prozentpunkte. "Das Risiko, von der Fed auf dem falschen Fuß erwischt zu werden, ist den meisten zu groß", sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. "Die meisten bleiben bis zur Entscheidung im Abwartemodus und reagieren dann."
rtr