Die Aussagen von US-Notenbankchef Jerome Powell zur Konjunktur haben den Börsen am Mittwoch zugesetzt. Der Vorsitzende der Fed erwartet, dass die USA über eine "längere Periode" hinweg nur schwach wachsen. Es könne noch dauern, bis sich die Konjunktur erhole. Gleichzeitig bekannte er sich dazu, bei Bedarf der Wirtschaft mit weiteren geldpolitischen Maßnehmen unter die Arme zu greifen. Dies bestätigte Anleger in ihrer Erwartung, dass die Fed den Leitzins unter null Prozent senken wird. Die Kurse an den Terminmärkten signalisierten, dass für Anfang 2021 mit diesem Schritt gerechnet wird. Mehr zu den Aussagen von Jerome Powell lesen Sie hier. Auch die US-Börsen eröffneten schwächer.

Am Vorabend hatte der prominente US-Immunologe und Regierungsberater Anthony Fauci in der Corona-Krise vor einer übertrieben schnellen Rückkehr zur Normalität gewarnt und damit bereits der Wall Street einen gehörigen Dämpfer verpasst. US-Wissenschaftler gehen derweil in einer aktualisierten Modellrechnung davon aus, dass es in den Vereinigten Staaten bis Ende Juli fast 150 000 Corona-Tote geben wird. Die höhere prognostizierte Opferzahl liege unter anderem an der in vielen Landesteilen beginnenden Lockerung der Corona-Auflagen, erklärten die Forscher des Instituts IHME der Universität Washington.

Laut Marktanalyst Michael Hewson vom Handelshaus CMC Markts UK zeigen sich die Anleger zunehmend besorgt. Nach den kleinen Lockerungsschritten in vielen Ländern könnte eine zweite Infektionswelle die Politiker zwingen, auf die Bremse zu treten. Dann könnte der Optimismus wieder verschwinden, der die Märkte seit dem Tiefpunkt des Corona-Crashs im März angetrieben hat.

Der überraschende Rückgang der US-Rohölbestände gab dem Ölpreis Auftrieb. Der Preis für die US-Ölsorte WTI drehte ins Plus und stieg um 1,3 Prozent auf 26,12 Dollar je Barrel. Auch die Sorte Brent aus der Nordsee legte zu und verteuerte sich um ein Prozent auf 30,29 Dollar.

Auf Unternehmensseite stand Tui im Fokus der Anleger. Der Reisekonzern TUI stemmt sich mit Kostensenkungen und Stellenabbau gegen die Abwärtsspirale in der Corona-Krise. TUI-Chef Fritz Joussen kündigte am Mittwoch den Abbau von rund 8000 Stellen weltweit an. "Die Pandemie ist die größte Krise für die Branche und auch für die TUI", sagte er. Es werde sehr schwierig, die mit dem staatlich abgesicherten Hilfskredit von 1,8 Milliarden Euro gestiegene Schuldenlast zu tragen

Die Wirecard-Aktie verlor zeitweise sechs Prozent. Wegen fehlerhafter Kapitalmarktinformation wurde gegen den Zahlungsabwickler eine erste Anlegerklage eingereicht. Das Aschheimer Unternehmen wies die Vorwürfe und Schadensersatzansprüche zurück. Dabei geht es um die Folgen der Sonderprüfung der Bücher des Konzerns durch die KPMG mit Blick auf schon länger kursierende Bilanzfälschungsvorwürfe. Zentrale Frage blieben dabei unbeantwortet.

Was am Mittwoch an der Börse sonst noch wichtig war


Corona-Verwerfungen drücken Commerzbank zum Jahresauftakt ins Minus
Die Corona-Krise hat der Commerzbank den Start ins Jahr verhagelt und lässt das Gewinnziel für 2020 wackeln. Das Vorhaben, das Gesamtjahr mit einem Gewinn abzuschließen, sei angesichts weiterer Umbaukosten und dem allgemein schwierigen Umfeld "sehr ambitioniert", schreibt der Frankfurter MDax -Konzern in seinem Zwischenbericht zum ersten Quartal. Zumindest im Geschäft mit Kunden, das die Bank selbst beeinflussen kann, hofft das Management, dass es die Erträge "weitgehend stabil halten" kann - so denn die Wirtschaft allmählich wieder hochfährt und es zu keinem zweiten Lockdown kommt.

Autovermieter Sixt erwartet die Rettung ab dem Sommer
Deutschlands größter Autovermieter Sixt schreibt im Kerngeschäft rote Zahlen und hat bereits "ein verheerendes zweites Quartal eingeplant", will aber das Jahr trotzdem mit einem Gewinn abschließen. "Im zweiten Halbjahr zieht es wieder an. Alle Anzeichen deuten darauf hin", sagte Vorstandschef Erich Sixt am Mittwoch. Er plane weder Stellen abzubauen noch Stationen zu schließen.

Autozulieferer Leoni weiter tief in den roten Zahlen - Aktie im Minus
Die Folgen der Corona-Krise haben den ohnehin angeschlagenen Kabel- und Bordnetzspezialisten Leoni im ersten Quartal belastet. Konzernchef Aldo Kamper warnte in einer Telefonkonferenz zudem vor "erheblichen" Folgen von Covid-19 im laufenden zweiten Quartal, hofft aber auch, dass dies den Tiefpunkt des Jahres darstellen wird. Am Kapitalmarkt kamen die Nachrichten zunächst schlecht an. Am Vormittag fiel die Aktien um 4,70 Prozent.

Verwaltungskosten drücken bei Deutsche Wohnen auf Betriebsgewinn
Der Immobilienkonzern Deutsche Wohnen profitiert weiterhin von steigenden Mieten. Allerdings drücken höhere Verwaltungskosten und geringere Erlöse aus Wohnungsverkäufen auf das operative Ergebnis. Die Aktie gab im Vormittagshandel um 1,7 Prozent auf 37,59 Euro nach.

rtr/dpa-AFX/fh