Der deutsche Aktienmarkt hat am Freitag seine Stabilisierung fortgesetzt und mit dem größten Tagesgewinn seit elf Jahren geschlossen. Am Vortag hatte der DAX um zwei Prozent zugelegt. "Hoffnung auf eine allmähliche Bodenbildung macht die niedrige Bewertung", schrieb Stratege Markus Reinwand von der Landesbank Helaba. Der deutsche Leitindex habe quasi "im Zeitraffer" einen Großteil des mit dem Coronavirus verbundenen Wachstumseinbruchs vorweggenommen. In der Vergangenheit hätten ähnlich hohe Verluste des DAX im Schnitt eineinhalb Jahre gedauert. Daraus lasse sich jedoch nicht schließen, dass der Rücksetzer nun auch beendet sei.
Viele Analysten hatten in den vergangenen Wochen betont, dass der DAX bei 8.000 Punkten erst einmal einen Halt finden sollte. Am Montag war der Index bis auf 8.255 Zähler gefallen und dieser damit schon sehr nahegekommen. Ein Zeichen einer leichten Beruhigung an den weltweiten Aktienmärkten ist der jüngste Rückgang der auch "Angstbarometer" genannten Volatilitätsindizes.
Gewinner im DAX war am letzten Handelstag der Woche der Versicherer Allianz mit mehr als elf Prozent im Plus. Analyst Gordon Aitken von der Bank RBC argumentierte, die Kurse der Versicherer seien zuletzt zu stark unter die Räder gekommen. Dahinter notierte die Fresenius-Aktie. Der Gesundheitskonzern legte am Freitag um mehr als zehn Prozent zu - auch sie waren im Crash überdurchschnittlich stark eingebrochen. Das Schlusslicht im Leitindex war die Fresenius-Tochter Fresenius Medical Care.
Das größte Kursplus dürfte am Freitag die Osram-Aktie mit über 30 Prozent gemacht haben. Der österreichische Sensorhersteller AMS hat trotz des Kursverfalls seiner Aktien die Pläne für den Kauf des deutschen Lichtkonzerns bekräftigt. An der Börse war zuletzt auf ein Scheitern des Deals spekuliert worden, nun machte sich entsprechende Erleichterung breit.
Was am Freitag an der Börse außerdem wichtig war
Vapianos leere Kasse und der Ruf nach dem Staat
Schon lange bevor ein Virus namens Sars-CoV-2 das öffentliche Leben zum Erliegen brachte, sah es für Vapiano alles andere als rosig aus: Die Restaurantkette musste herbe Verluste ausweisen, auch eine abgespeckte Menükarte oder neue Bestellterminals brachten nicht die erhoffte Wende. Jetzt, wo Pizza und Pasta im Restaurant wegen zu hoher Ansteckungsgefahr kein Thema mehr ist, hat es Vapiano daher ganz schnell erwischt: In Deutschland mussten 55 Restaurants auf unbestimmte Zeit schließen, weltweit sogar mehr als 230. Da Umsätze ausbleiben und Miete und Gehälter trotzdem gezahlt werden müssen, musste Vapiano am Freitag verkünden: Die Kasse ist leer, wir sind zahlungsunfähig.
AMS rechnet trotz Marktturbulenzen weiter mit Osram-Übernahme
Der österreichische Sensorspezialist AMS hat trotz des Kursverfalls seiner Aktien die Pläne für den Kauf des deutschen Lichtkonzerns Osram bekräftigt. Seit dem Start der 1,65 Milliarden Euro schweren Kapitalerhöhung zur Finanzierung der Übernahme am 13. März haben sich viele große Anteilseigner positiv zu Wort gemeldet und angekündigt, die neuen Aktien zeichnen zu wollen, teilte das Unternehmen am Donnerstagabend in Premstätten in der Steiermark mit. AMS geht weiter davon aus, die Osram-Übernahme im zweiten Quartal abschließen zu können, sofern alle Genehmigungen seitens der Behörden vorliegen.
Eon verschiebt Hauptversammlung
Der Dax-Konzern Eon verschiebt aufgrund der Coronavirus-Pandemie seine Hauptversammlung. Das ursprünglich am 13. Mai geplante Treffen werde auf Mitte Juni verlegt, teilte der Energiekonzern am Freitag in Essen mit. Dadurch verzögere sich auch die Dividendenausschüttung. Eon hatte für 2019 eine Dividende von 46 Cent je Aktie vorgeschlagen.
Sartorius in Kontakt mit Corona-Impfstoffentwicklern - Zukauf in USA?
Der Göttinger Laborzulieferer Sartorius ist in engem Kontakt mit mehreren Entwicklern möglicher Impfstoffe gegen das neue Coronavirus. Derzeit gebe es eine "sehr intensive" Kooperation mit deutschen und internationalen Unternehmen, die zum Thema forschten oder auch bereits in klinischen Testphasen seien. "Wir liefern unter anderem Zellkulturmedien, Bioreaktoren, Spezialfilter und analytische Instrumente", hieß es. Sartorius-Technik werde von Entwicklern von Impfstoffen in verschiedenen Ländern genutzt. "Wir fokussieren uns deshalb in der aktuellen Lage darauf, unsere Produktion und Lieferketten in vollem Umfang aufrecht zu erhalten."
Fraport schickt Großteil der Mitarbeiter in Kurzarbeit
Der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport führt infolge des durch die Corona-Krise nahezu zum Erliegen gekommenen Flugverkehrs ab sofort für einen Großteil der Beschäftigten Kurzarbeit ein. Mindestens 18 000 der rund 22 000 am Frankfurter Flughafen Beschäftigten gehen damit in die Kurzarbeit, wie das Unternehmen am Freitag mitteilte. Die Maßnahme sei zunächst bis Ende Mai beantragt worden. Eine Verlängerung hänge von der weiteren Entwicklung ab und werde fortlaufend geprüft. An der Börse stand die Aktie zuletzt mit rund 2 Prozent im Plus.
Corona-Krise erreicht Schifffahrt - Weniger Ladung zu erwarten
Häfen, Umschlagunternehmen und Reedereien blicken mit Sorge auf die nächsten Wochen. Wegen der Corona-Krise bleiben in Europa nun Schiffe aus, die vor sechs Wochen aus Asien hätten losfahren sollen, aber gestrichen wurden. Im Hamburger Hafen ist der Warenumschlag um rund zehn Prozent gesunken. Das Hafenunternehmen HHLA erwartet einen Gewinneinbruch. Die Reeder warnen davor, die Leistungen der Häfen einzuschränken oder gar Häfen zu schließen.
Ströer zieht Prognosen wegen Corona zurück
Der zunehmende Stillstand des öffentlichen Lebens infolge der Corona-Pandemie macht dem Werbevermarkter Ströer einen Strich durch die Rechnung. Nachdem es im Kerngeschäft mit der Außenwerbung im ersten Quartal noch äußerst rund gelaufen sei, zeichne sich nun seit einigen Tagen ein starker Einfluss der Virus-Krise ab, teilte das SDax -Unternehmen am späten Donnerstagabend in Köln mit. Mit der geringeren Reichweite würden demnach zwangsläufig auch die Umsätze in dem Bereich sinken, weswegen die Anfang März bekanntgegebenen Wachstumsziele für 2020 eindeutig nicht zu erreichen seien.
Chefwechsel bei Siemens: Ab Oktober hält Busch die Zügel in der Hand
Inmitten von Corona-Krise und tiefgreifendem Konzernumbau wechselt Siemens zentrale Teile seiner Führung aus. Der neue starke Mann des Konzerns wird Roland Busch, der sukzessive Joe Kaeser ablöst. Dass überraschenderweise mit Michael Sen auch der designierte Chef von Siemens Energy und dessen Finanzchef, Klaus Patzak, gehen, hat die Entscheidung beschleunigt. Am Plan, Energy Ende September an die Börse zu bringen, soll dies aber ebensowenig rütteln wie die Corona-Krise.
dpa-AFX/rtr/ak