Vor der Zinssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) haben die Anleger im DAX am Montag die Füße still gehalten. Investoren hoffen darauf, dass die Notenbank am Donnerstag die Geldpolitik weiter lockert. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Einlagenzinsen von minus 0,4 auf minus 0,5 Prozent gesenkt werden, wird mittlerweile bei etwa 50 Prozent gesehen. Es wird erwartet, dass EZB-Chef Mario Draghi den Zinsausblick anpasst. "Dieses Vorgehen würde es der EZB erlauben, mehr Daten einzusammeln und falls die Konjunkturdaten weiterhin enttäuschen sollten, den Einlagensatz um 20 Basispunkte im September zu senken, ein Staffelsystem einzuführen und möglicherweise sogar die Anleihenkäufe wieder zu starten," sagt Carsten Brzeski von der Bank ING.

EZB-Chef Mario Draghi dürfte am Donnerstag mindestens die Weichen für eine Zinssenkung im September stellen. "Wie bei einem guten Mozart- oder Beethoven-Konzert wird es wahrscheinlich unter Draghi zu einem Finale Furioso kommen", sagt der Chefvolkswirt der Landesbank LBBW, Uwe Burkert. "Mit Spannung wird erwartet, ob die EZB bereits geldpolitische Beschlüsse im Köcher hat oder diese für den Herbst vorbereitet", kommentierte Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank.

Etwas auf die Stimmung der DAX-Anleger drückte die jüngst wieder aufgeflammte Iran-Krise. Kurz vor dem Wechsel an der Spitze seiner Regierung will Großbritannien den Iran nach den Tankervorfällen mit Strafmaßnahmen belegen. Die Regierung prüft laut Verteidigungsministerium eine "Reihe von Optionen". Außenminister Jeremy Hunt will das Parlament am Nachmittag über den Stand unterrichten. Nach Angaben britischer Medien wird erwogen, Vermögen des iranischen Staates einzufrieren.

An die DAX-Spitze kletterte die Infineon-Aktie mit einem Plus von rund zwei Prozent. Der Kurs des Chipherstellers profitierte von einer positiven Branchenstudie der Investmentbank Goldman Sachs. Ein günstigeres Verhältnis von Angebot und Nachfrage in der Industrie werde sich rascher einstellen als ursprünglich erwartet, argumentierte Analyst Toshiya Hari.

An den US-Börsen hat die Hoffnung auf eine neue Gesprächsrunde im Handelskonflikt zwischen den USA und China hat die Märkte gestützt. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte eröffnete am Montag 0,1 Prozent fester bei 27.179 Punkten. Einem Bericht der "South China Morning Post" zufolge reisen vermutlich kommende Woche US-Unterhändler zu Gesprächen nach China. Es ist das erste Treffen beider Seiten seit dem G20-Gipfel Ende Juni in Japan.

Was am Montag an der Börse sonst noch wichtig war

'HB': Wirecard wirft 'FT' Gemauschel mit Spekulanten vor
Nach mehrmaligen Attacken von Börsenspekulanten auf die Wirecard-Aktie kontert das Unternehmen mit schweren Anschuldigungen gegen die britische Wirtschaftszeitung "Financial Times". Wirecard habe die Zeitung aufgefordert, "von jeder Veröffentlichung abzusehen, die direkt oder indirekt zu Marktmanipulation oder Insiderhandel im Zusammenhang mit Wirecard-Aktien führen könnte", berichtete das "Handelsblatt" (Montag).

Premier-Wechsel in London: Neue Umfrage sieht Boris Johnson weit vorn
Im Rennen um die Nachfolge von Premierministerin Theresa May nimmt Boris Johnson Kurs auf Downing Street. Der 55-Jährige gilt als haushoher Favorit, Chef seiner Konservativen Partei und damit auch der Regierung zu werden. Nach einer jüngsten Umfrage unter Tory-Mitgliedern könnte der umstrittene Politiker mehr als 70 Prozent der Stimmen bekommen. Seinem Konkurrenten, Außenminister Jeremy Hunt, werden nur geringe Chancen eingeräumt.

Trump fordert erneut Zinssenkung von US-Notenbank
US-Präsident Donald Trump hat die US-Notenbank Federal Reserve erneut zur Senkung des Leitzinses aufgefordert. "Es ist viel teurer für die Federal Reserve die Zinsen stärker zu senken, wenn sich die Wirtschaft in der Zukunft tatsächlich abschwächt! Sehr günstig, in der Tat produktiv, jetzt zu handeln," schrieb Trump am Montag auf Twitter.

Bundesbank erwartet sinkende Wirtschaftsleistung
Die Bundesbank rechnet mit einem Dämpfer für die deutsche Konjunktur im zweiten Quartal. "Die deutsche Wirtschaftsleistung dürfte sich im zweiten Vierteljahr 2019 leicht verringert haben", schrieb die Notenbank in ihrem am Montag veröffentlichten Monatsbericht für Juli. Zwar habe die Binnenwirtschaft wohl weiter für Auftrieb gesorgt - die Verbraucher sind dank der guten Lage auf dem Arbeitsmarkt in Konsumlaune. Allerdings seien zuletzt Sondereffekte entfallen, die die Wirtschaft zu Jahresbeginn noch angekurbelt hätten, erläuterten die Experten.

Unicredit erwägt Abbau tausender Jobs
Nach der Deutschen Bank will auch die italienische Großbank Unicredit nach Angaben von Insidern möglicherweise tausende Arbeitsplätze streichen. Im Gespräch sei der Abbau von bis zu 10 000 Stellen, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg am Montag unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen. Dabei gehe es um Mitarbeiter in Italien und anderen Ländern. Allerdings sei diese Zahl noch nicht spruchreif. Am Ende könnten die Kürzungen auch deutlich schwächer ausfallen.

Vorerst keine Streiks bei Lufthansa-Tochter Eurowings
Bei der Fluggesellschaft Eurowings wird es in diesem Sommer voraussichtlich keine Streiks mehr geben. Die Flugbegleitergewerkschaft Ufo hat am Montag die in der vergangenen Woche begonnene Urabstimmung über einen unbefristeten Arbeitskampf gestoppt, wie ein Gewerkschaftssprecher am Montag der Deutschen Presse-Agentur bestätigte. Für die noch innerhalb des Monats August angekündigten Streiks fehlt damit die Zustimmung der Gewerkschaftsmitglieder als zwingende formale Voraussetzung.

Stahlhändler Klöckner & Co kassiert Jahresziele erneut
Der Stahlhändler Klöckner & Co erwartet angesichts der sich weiter eintrübenden Wirtschaftslage nochmals weniger Gewinn als ursprünglich angepeilt. So soll das bereinigte operative Ergebnis im laufenden Geschäftsjahr nun zwischen 140 und 160 Millionen Euro liegen, wie das Unternehmen am Montag in Duisburg mitteilte. Die Aktie liegt zur Stunde 5,4 Prozent tiefer bei 4,27 Euro. Kurz zuvor hat sie bei 4,25 Euro ein Rekordtief markiert.

rtr/dpa-AFX/fh