Besser als befürcht ausgefallene US-Arbeitsmarktdaten trieben die Erholungsrally am deutschen Aktienmarkt am Freitag weiter an. Zuvor hatten die Anleger bereits den kleinen Rücksetzer vom Vortag ausgenutzt, um weiter zuzukaufen. Die milliardenschweren Konjunkturspritzen von Europäischer Zentralbank und Bundesregierung zeigten ebenfalls Wirkung. Angesichts dieser Aufholjagd warnen Beobachter derzeit immer lauter vor einer Überhitzung des Marktes. Die Anleger setzen laut Börsianern in ihrem Optimismus weiter auf eine schnelle Rückkehr aus der Corona-Krise in die Normalität. Dabei würden bessere Daten derzeit von den Investoren stärker aufgenommen als schlechte, erklärte Stratege David Iusow von DailyFX.
So wurden schwache Auftragsdaten aus der deutschen Industrie am Morgen praktisch ignoriert. Am Nachmittag wurden die unerwartet robusten Zahlen vom US-Arbeitsmarkt von den Anlegern umso mehr willkommen geheißen. In den USA hat sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt in der Corona-Krise überraschend ein klein wenig entspannt. Die Arbeitslosenquote sank überraschend auf 13,3 Prozent von 14,7 Prozent.
Die Entscheidung der EZB, ihr Notfall-Kaufprogramm PEPP um weitere 600 Milliarden Euro aufzustocken, trieb die Renditen der Bundesanleihen nach oben. Bei den zehnjährigen Bonds stieg sie auf minus 0,29 Prozent und damit den höchsten Stand seit zwei Monaten. Bei Papieren mit einer Laufzeit von 30 Jahren lag sie sogar wieder im positiven Bereich. Zugleich geht der Risikoaufschlag der italienischen Papiere zurück.
Als DAX-Gewinner ging Continental ins Wochenende gefolgt von Daimler und der Lufthansa. Die Fluggesellschaft profitierte von der Hoffnung auf eine dynamische Wiederbelebung des Flugverkehrs. So trotzten die Papiere mit der Fortsetzung der Erholung dem besiegelten DAX-Abstieg. Als Schlusslicht ging der Energieversorger RWE aus dem Handel.
Was am Freitag an der Börse außerdem wichtig war
Modehändler Hugo Boss kann vielleicht bald neuen Chef präsentieren
Der Modehändler Hugo Boss kommt bei der Suche nach einem neuen Chef voran. Das Unternehmen sei im Kontakt mit Ex-Tommy-Hilfiger-Chef Daniel Grieder, teilten die Metzinger am späten Donnerstagabend mit. Aktuell befinde sich der Personalausschuss des Aufsichtsrats in laufenden Gesprächen mit Grieder. Der US-amerikanische Modekonzern PVH, dem die Marke Tommy Hilfiger gehört, hat das Ausscheiden von Grieder bereits bestätigt. Die Aktien von Hugo Boss legten im frühen Freitagshandel zwischenzeitlich um mehr als 7 Prozent zu und gehörten damit zu den Spitzenreitern im MDax.
Weiterer Rückschlag für die Lufthansa: Dax-Abstieg besiegelt
Rettungspaket, Schrumpfkurs - und nun auch noch der Abstieg aus dem Dax: Die Corona-Krise trifft die Lufthansa mit voller Wucht. Nach fast genau 32 Jahren verliert die Fluggesellschaft ihren Platz im Leitindex. Vom 22. Juni an findet sich das Gründungsmitglied des Deutschen Aktienindex im MDax der mittelgroßen Werte wieder. Nutznießer der Lufthansa-Misere ist der Berliner Immobilienkonzern Deutsche Wohnen, der sich schon seit geraumer Zeit Hoffnungen auf eine Aufnahme in den Kreis der 30 Dax-Konzerne macht. Die Bundeshauptstadt bekommt mit dem Aufstieg der Deutschen Wohnen 14 Jahre nach der Schering-Übernahme durch Bayer wieder einen Vertreter in der ersten deutschen Börsenliga.
Corona-Krise trifft Deutsche Wohnen kaum - Aufstieg in den Dax
Der Immobilienkonzern Deutsche Wohnen bekommt die Corona-Pandemie weiterhin kaum zu spüren. "Weder auf der Wohn- noch auf der gewerblichen Seite haben wir bislang signifikante Mietausfälle", sagte Unternehmenschef Michael Zahn am Freitag bei der Online-Hauptversammlung in Berlin. Bislang hätten sich insgesamt etwa 1400 besorgte Mieter bei der Deutsche Wohnen gemeldet. Das Unternehmen vermietet bundesweit mehr als 161 000 Wohnungen.
Tuifly will Flotte halbieren und Standorte schließen - Aktie legt zu
Der mit einem staatlichen Milliardenkredit gestützte Reisekonzern Tui will seinen deutschen Ferienflieger Tuifly wegen des hohen Spardrucks in der Corona-Krise um rund die Hälfte verkleinern. Außerdem werden voraussichtlich mehrere Standorte dichtgemacht.
Kreise: Telefonica Deutschland wird Großteil der Funkmasten bald los
Der Mobilfunkanbieter Telefonica Deutschland (O2) steht offenbar kurz vor dem Abschluss einer weiteren Auslagerung von Funkmasten an eine andere Tochter der spanischen Mutter. Beim jetzt geplanten Verkauf könnten etwa 10 000 Masten mit insgesamt 1,5 Milliarden Euro bewertet werden, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg am späten Donnerstagabend unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen. Käufer wäre dann der Infrastrukturspezialist Telxius, der vom spanischen Telekomkonzern Telefonica kontrolliert und unter anderem vom Finanzinvestor KKR unterstützt wird. Die Transaktion wird bereits seit längerem erwartet. Auch der Kaufpreis dürfte den Markt nicht überraschen, nachdem dieser bereits im April in einem Bericht der spanischen Zeitung Expansion genannt worden war.
Elon Musk fordert Zerschlagung von Amazon - 'Monopole sind unrecht!'
Tesla-Chef Elon Musk hat sich nach kurzer Twitter-Auszeit mit der Forderung nach einer Zerschlagung des weltgrößten Onlinehändlers Amazon im Kurznachrichtendienst zurückgemeldet. "Es ist an der Zeit, Amazon aufzuspalten. Monopole sind unrecht!", schrieb der 48-Jährige Starunternehmer am Donnerstag. Musk empörte sich darüber, dass Amazon angeblich den Verkauf eines Buchs ablehnte, das sich kritisch mit Lockdown-Strategien in der Corona-Pandemie befasst. "Das ist verrückt", erklärte er und adressierte dabei auch direkt den Twitter-Account von Amazon-Chef Jeff Bezos.
Scheuer: Noch langer Weg zu Reform des Fahrdienstmarkts Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sieht für eine Reform des Personenbeförderungsgesetzes noch viel zu tun. "Es ist schon noch ein langer Weg", sagte Scheuer am Freitag in Berlin. In der Koalition sei aber nun der nächste Schritt gemacht worden, sagte er mit Blick auf ein Eckpunktepapier der Koalition. Es sieht vor, den Einstieg neuer Anbieter in den Taxi- und Fahrdienstmarkt erleichtern. Es handele sich aber um ein großes Projekt, sagte Scheuer, auch der Bundesrat müsse zustimmen. Scheuer verwies auf die Sitzung einer "Findungskommission" am 19. Juni, die auch mit Vertretern der Opposition im Bundestag besetzt ist. Dort solle der nächste Schritt gemacht werden.
rtr/dpa-AFX/iw