Dax und EuroStoxx50 notierten am frühen Donnerstagnachmittag jeweils kaum verändert bei 12.103 und 3195 Punkten, nachdem sie am Mittwoch um mehr als drei Prozent eingebrochen waren. Sorgen bereiteten Investoren anziehende Infektionen in den USA, sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. "Wenn die Fallzahlen weiterhin so ansteigen, werden Lockerungen möglicherweise verlangsamt oder sogar zurückgenommen. Das würde die Erholung der Wirtschaft zusätzlich bremsen."
An den US-Arbeitsmarktdaten ließ sich das Wiederaufflammen der Pandemie ablesen. In der vergangenen Woche stellten fast 1,5 Millionen Amerikaner Antrag auf Arbeitslosenhilfe. Experten hatten mit einem Wert von 1,3 Millionen gerechnet.
HANDELSSTREIT WIEDER AUF DEM RADAR
Ein weiterer Belastungsfaktor seien die wieder wachsenden Spannungen zwischen den USA und China sowie neue Strafzoll-Drohungen in Richtung Europa, sagte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. "Das Weiße Haus hätte keinen besseren Zeitpunkt finden können, um neue Schreckensnachrichten für die Börsen zu produzieren."
Vor diesem Hintergrund ging es für den Ölpreis erneut bergab. Die Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um knapp zwei Prozent auf 39,56 Dollar je Barrel (159 Liter). Die "Antikrisen-Währung" Gold blieb dagegen auf Tuchfühlung mit ihren Acht-Jahres-Hoch vom Vortag und kostete 1758,02 Dollar je Barrel (159 Liter).
WIRECARD MIT REKORD-KURSSTURZ - LUFTHANSA AUF HÖHENFLUG
Bei den Unternehmen stand Wirecard im Rampenlicht. Im Zuge eines milliardenschweren Bilanzskandals meldete der Zahlungsdienstleister Insolvenz an. Niemals zuvor war ein Dax-Wert zu einem solchen Schritt gezwungen. Die Aktie stürzte daraufhin zeitweise um fast 80 Prozent ab, so viel wie noch nie ein Wert der ersten deutschen Börsenliga.
Am Rande der Pleite steht nach eigener Einschätzung Non-Standard Financial (NSF), nachdem sich der Vorsteuerverlust des auf Kunden mit niedriger Bonität spezialisierten Kreditfinanzierers 2019 auf umgerechnet 84 Millionen Euro vervielfacht hatte. Das Institut machte die Pandemie für die trüben Aussichten verantwortlich. Für das Überleben benötige NSF frisches Kapital, schrieb Analyst John Cronin vom Brokerhaus Goodbody. NSF-Aktien verbuchten in London einen Rekord-Kurssturz von fast 40 Prozent und waren mit 7,2 Pence so billig wie noch nie.
Die Titel der Lufthansa steuerten dagegen mit einem Plus in der Spitze mehr als 20 Prozent auf den größten Tagesgewinn der Firmengeschichte zu. Großaktionär Heinz Hermann Thiele hatte zuvor signalisiert, seinen Widerstand gegen das neun Milliarden Euro schwere Rettungspaket des Bundes für die Fluggesellschaft aufgeben zu wollen. Damit werde der Plan voraussichtlich von der Hauptversammlung abgesegnet, prognostizierte Analyst Sven Diermeier von Independent Research. "Wir sind nach wie vor der Auffassung, dass die 'Kröte' Staatseinstieg das kleinere Übel gegenüber einem Schutzschirmverfahren darstellt."
rtr