"Der Markt steht in den Startlöchern für eine mögliche Herbstrally in den doch eigentlich schwachen Börsenmonaten September und Oktober", sagte Börsenexperte Jochen Stanzl vom Brokerhaus CMC Markets. Sollte der charttechnische Widerstand bei 12.670 nachhaltig fallen, dann könne es schnell in Richtung 13.000 Punkte gehen. Der deutsche Leitindex ist aktuell nur noch rund zwei Prozent von seinem im Juni aufgestellten Rekordhoch von 12.951 Zählern entfernt. Die vermutlich zähen Verhandlungen über ein neues Regierungsbündnis in Berlin seien schon wieder in den Hintergrund gerückt, fügte ein Händler hinzu.
Angefacht wurden die Spekulationen der Anleger von den Steuerplänen Donald Trumps sowie überzeugenden Konjunkturdaten aus der Euro-Zone. Die Stimmung in der Währungsunion ist so gut wie seit mehr als zehn Jahren nicht mehr. Führende Wirtschaftsinstitute erhöhten ihre Wachstumsprognose für das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands.
EXPERTE - STEUERPLÄNE STÄRKEN DOLLAR LÄNGERFRISTIG
Bei der größten Steuerreform in den USA seit mehr als drei Jahrzehnten sollen nach Trumps Plänen der Spitzensteuersatz für Privatleute und die Steuern für Unternehmen sinken. Allerdings ließ Trump bislang offen, wie die Reform finanziert werden soll. "Fest steht, dass die Entlastung ordentlich ausfallen sollen - wohl im Bereich von drei bis sieben Billionen Dollar in den nächsten zehn Jahren", sagte Devisenanalyst Ulrich Leuchtmann von der Commerzbank. Die Regierung erhoffe sich davon ein höheres Wirtschaftswachstum und eine breitere Steuerbasis und halte eine Gegenfinanzierung für überflüssig. "Allerdings lehrt die Erfahrung, dass diese Idee häufig utopisch ist."
Nach Meinung von Analysten werden die Steuerpläne den Dollar stärken und den Euro tendenziell schwächen. "Grundsätzlich sollte die US-Fiskalpolitik mittelfristig für den Dollar sprechen", sagte Analyst Tobias Basse von der NordLB. Der Dollar-Index, der den Wert des "Greenback" zu anderen wichtigen Währungen misst, notierte kaum verändert bei 93,25 Punkten. Der Euro verteuerte sich leicht auf 1,1774 Dollar, lag damit aber noch weiter unter dem Mitte September erreichten Zweieinhalb-Jahres-Hoch von mehr als 1,20 Dollar.
BANKAKTIEN PROFITIEREN VON ZINSSPEKULATIONEN
Zu den größten Gewinnern an der Börse gehörten Bankwerte. Sie profitierten von der Aussicht auf steigende US-Zinsen. Der europäische Bankenindex kletterte zeitweise um ein Prozent auf den höchsten Stand seit Anfang August. Größter Gewinner waren Deutsche-Bank-Aktien mit einem Plus von 3,3 Prozent. Commerzbank-Titel legten 0,2 Prozent zu.
Die rote Laterne im Dax trug der Darmstädter Pharmakonzern Merck mit einem Kursverlust von 1,2 Prozent. Auf einem Kapitalmarkttag mit Analysten sagte Finanzchef Marcus Kuhnert, es werde "verdammt schwierig", die Jahresziele zu erreichen.
In Stockholm warfen Anleger Aktien von H&M nach einem Gewinnrückgang im dritten Quartal im hohen Bogen aus ihren Depots: Die Titel brachen um fünf Prozent ein.