Die Börse Hongkong verbuchte mit einem Plus von 3,9 Prozent den größten Tagesgewinn des Jahres. Dort zog Regierungschefin Carrie Lam nach monatelangen Protesten einen umstrittenen Gesetzentwurf endgültig zurück, der die Auslieferung Beschuldigter an China erlaubt hätte. "Es besteht aber das Risiko, dass es inzwischen um mehr geht als das verhasste Gesetz", warnte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. Die Demonstranten fordern unter anderem das Recht der Hongkonger, ihre Führung selbst zu wählen.
Investoren griffen dennoch beherzt bei Luxusgüter-Werten zu, für die die ehemalige britische Kronkolonie ein wichtiger Absatzmarkt ist. In Zürich gewannen die Titel der Uhren-Anbieter Swatch und Richemont je etwa drei Prozent. Die Louis Vuitton-Mutter LVMH und der Gucci-Eigner Kering gewannen in Paris ähnlich stark. Die Modefirmen Burberry und Moncler zogen bis zu 3,8 Prozent an. Die in Asien stark engagierten britischen Banken HSBC und Prudential rückten um bis zu 4,3 Prozent an.
Brexit-Streit geht in nächste Runde - neue Regierung in Rom
Gefragt war auch das Pfund Sterling, das sich um 0,9 Prozent auf 1,2195 Dollar verteuerte. Das britische Parlament wollte am Mittwoch ein Gesetz verabschieden, das eine dreimonatige Verschiebung des EU-Austritts bis zum 31. Januar 2020 vorsieht, sollte vorher kein Brexit-Vertrag zustande kommen. Premier Johnson kündigte für diesen Fall Neuwahlen an, denen das Unterhaus aber mit einer Zweidrittel-Mehrheit zustimmen müsste. Bislang sei unklar, ob die größte Oppositionspartei Labour dafür votieren würde, sagte Hussein Sayed, Chef-Anlagestratege des Brokerhauses FXTM.
Im Rom wollte der amtierende Ministerpräsident Giuseppe Conte Staatspräsident Sergio Mattarella am Mittwoch seinen Vorschlag für ein Kabinett aus populistischer 5-Sterne-Bewegung und sozialdemokratischer PD unterbreiten. In der Hoffnung auf eine Haushaltspolitik innerhalb der EU-Richtlinien deckten sich Investoren mit Anleihen des südeuropäischen Landes ein. Dies drückte die Rendite der zehnjährigen Titel auf ein Rekordtief von 0,803 Prozent.
Die Erleichterung der Anleger spiegelte sich auch im Goldpreis wider: Das in Krisenzeiten gefragte Edelmetall verbilligte sich um 0,6 Prozent auf 1536,30 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Die ebenfalls als sicher geltenden Bundesanleihen flogen auch aus den Depots. Dies trieb die Rendite der zehnjährigen Bonds auf minus 0,646 Prozent.
Spekulation um Aufzugssparte beflügelt Thyssen
Wenige Stunden, bevor die Deutsche Börse den Abstieg von Thyssenkrupp aus dem Dax bekannt geben sollte, rückte der Mischkonzern noch einmal ins Rampenlicht. Die Aktie stieg um bis zu 5,5 Prozent, nachdem das "Handelsblatt" berichtete, Thyssen wolle seine Aufzugssparte nicht an die Börse bringen, sondern verkaufen. Ein Firmensprecher betonte allerdings, es würden weiter beide Optionen geprüft.
rtr