Außerdem sei die Luft für die Aktienmärkte nach der Rally der vergangenen Monate sehr dünn geworden, warnte Didier Saint-Georges, Geschäftsführer beim Vermögensverwalter Carmignac. "Es sollte allen bewusst sein, dass die Zyklen nicht ewig dauern und dass man von nun an sehr wachsam auf Zeichen für eine Trendwende achten muss."

Vor diesem Hintergrund beobachteten Investoren die Koalitionsbemühungen in Großbritannien sehr aufmerksam. "Eine stabile Regierung ist kaum zu erwarten, denn die nordirische Democratic Unionist Party dürfte die Tories eher mit nordirlandspezifischen Sonderwünschen vor sich hertreiben als am Erfolg einer Tory-Regierung interessiert zu sein", betonte Felix Herrmann, Anlagestratege für Deutschland, Österreich und Osteuropa beim weltgrößten Vermögensverwalter Blackrock.

NOTENBANK-SITZUNGEN WERFEN SCHATTEN VORAUS



Gleichzeitig stelle die mit 2,9 Prozent überraschend hohe Inflation die Bank von England (BoE) vor ein Dilemma, sagte Analyst Neil Wilson vom Brokerhaus ETX Capital. "Sie muss das Risiko einer Inflation über Zielwert und deren Auswirkungen auf den Konsum gegen das Risiko, die Erholung in einem kritischen Moment für die Wirtschaft abzuwürgen, abwägen." Die Notenbank berät am Donnerstag über ihre Geldpolitik.

Das Pfund Sterling ging dennoch auf Erholungskurs und verteuerte sich um mehr als einen halben US-Cent auf 1,2737 Dollar. "Nach dem desaströsen Wahlergebnis für ihre konservative Partei wächst der Druck auf Premierministerin Theresa May, ihre bisherige harte Brexit-Strategie zu überdenken", sagte Commerzbank-Analystin Thu Lan Nguyen. Ein "sanfter Brexit", bei dem das Vereinigte Königreich seinen Zugang zum EU-Binnenmarkt behält oder Teil der Zollunion bleibt, wäre mit deutlich geringeren Kosten für die Wirtschaft verbunden.

Am Mittwoch entscheidet die Führung der US-Notenbank über ihren weiteren Kurs. Eine Zinserhöhung um 25 Basispunkte gilt als sicher. "Die Marktteilnehmer werden das Fed-Statement und die Pressekonferenz nach Äußerungen zum Wirtschaftswachstum oder den Inflationsaussichten durchsuchen", sagte Analyst Konstantin Oldenburger vom Online-Broker CMC Markets. Außerdem hofften sie auf Signale zum Abbau der billionenschweren Wertpapierbestände.

SCHNÄPPCHENJÄGER BEI TECH-WERTEN UNTERWEGS



Am Aktienmarkt waren die Verlierer des Vortages wieder gefragt: Das Softwarehaus SAP sowie die Chip-Hersteller Infineon und STMicroelectronics gewannen bis zu 2,2 Prozent. An der Wall Street machten Amazon, Apple & Co. ebenfalls einen Teil ihrer jüngsten Verluste wett und gewannen vorbörslich bis zu ein Prozent.

Bei den italienischen Finanzwerten griffen Investoren ebenfalls beherzt zu. So gewannen Ubi Banca, Bper Banca und die HVB-Mutter Unicredit bis zu fünf Prozent. Sie profitierten weiterhin von der Aussicht auf eine baldige Rettung der beiden Krisenbanken Popolare di Vicenza und Veneto Banca. "Es ist recht offensichtlich, dass die Behörden nicht daran interessiert sind, irgendein Geldinstitut wirklich scheitern zu lassen", sagte Johnathan Roy, beratender Investmentmanager beim Brokerhaus Charles Hanover. "Es gibt immer einen Deal in letzter Minute."

rtr