"Das Coronavirus, welches von den Anleger zuletzt aus den Köpfen verdrängt wurde, ist nun wieder präsent." Dax und EuroStoxx50 gaben am Mittwoch um jeweils etwa 0,3 Prozent nach auf 12.986 beziehungsweise 3266 Punkte. In den USA signalisierten die Futures einen uneinheitlichen Handelsauftakt.

Auf die Stimmung drückten die jüngsten Rückschläge im Kampf gegen das Virus. Die US-Pharmakonzerne Johnson & Johnson (J&J) und Eli Lilly hatten zuletzt die Tests für einen Corona-Impfstoff beziehungsweise eine Arznei zur Behandlung von Erkrankten wegen Sicherheitsbedenken ausgesetzt. Zudem wurden in vielen europäischen Ländern die Corona-Regeln verschärft, zum Teil gelten in zwischen wieder Ausgangssperren. Die Pandemie wirft die Wirtschaft nach Einschätzung der führenden Forschungsinstitute um Jahre zurück, das Vorkrisenniveau werde erst wieder Ende 2021 erreicht.

Gleichzeitig stecken die Gespräche zwischen Demokraten und Republikanern im US-Kongress über ein neues Konjunkturprogramm fest. "Mit der näher heranrückenden US-Präsidentschaftswahl, der Hängepartie zwischen Demokraten und Republikanern im US-Konjunkturpaket und dem grassierenden Coronavirus in der alten Welt bleibt der Risikoappetit überschaubar", sagte Timo Emden vom gleichnamigen Analysehaus.

ANLEIHEN UND GOLD GEFRAGT


Vor diesem Hintergrund nahmen weitere Anleger Kurs auf "sichere Häfen" wie Staatsanleihen. Dies drückte die Rendite der zehnjährigen Bundestitel auf ein Fünf-Monats-Tief von minus 0,552 Prozent. Ihre Pendants aus Italien markierten mit plus 0,636 Prozent den fünften Tag in Folge ein Rekordtief. Sie profitierten Börsianern zufolge von Spekulationen auf eine Ausweitung der Wertpapierkäufe durch die Europäische Zentralbank (EZB). Die Länderrisiken rückten zunehmend in den Hintergrund, sagte Marc Decker, Chef der Vermögensverwaltung bei der Privatbank Merck Finck. Das komme den Ländern bei der Finanzierung der Staatshaushalte zugute. "Doch diese Marktentwicklung wird lange dauern und mitnichten linear verlaufen."

Auch die "Antikrisen-Währung" Gold war gefragt und verteuerte sich um 0,6 Prozent auf 1902,51 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Da die wirtschaftlichen Belastungen durch die Pandemie länger anhalten dürften als zunächst gedacht und die Zinsen auf absehbare Zeit niedrig blieben, sei mit weiteren Kursaufschlägen bei Gold zu rechnen, prognostizierte Harshal Barot, Analyst bei der Beratungsfirma Metal Focus.

Am Devisenmarkt legte das britische Pfund am Tag vor dem EU-Gipfel 0,5 Prozent zu auf 1,2998 Dollar. Eine Einigung ist Insidern zufolge zwar schwierig, aber immer noch möglich, wenn beide Seiten sich in den kommenden Wochen anstrengen.

DELIVERY HERO GEFRAGT


Am deutschen Aktienmarkt standen die Aktien von Delivery Hero mit einem Plus von bis zu drei Prozent an der Dax-Spitze. Sie profitierten von den guten Zahlen des Rivalen Just Eat Takeaway: Wegen der Pandemie-Restriktionen fuhr der Essenslieferant im dritten Quartal 46 Prozent mehr Mahlzeiten aus. Die aggressive Investitionsstrategie der "Lieferando"-Mutter zahle sich aus und der Vorsprung zur Konkurrent wachse, lobte Analyst Giles Thorne von der Investmentbank Jefferies. Außerdem habe sich der bisherige Problem-Markt Australien zum Wachstumstreiber gemausert. In Amsterdam steuerten die Titel von Just Eat Takeaway mit einem Plus von fas sechs Prozent auf den größten Tagesgewinn seit vier Monaten zu.

rtr