Alles wurde Händlern zufolge dominiert vom Warten auf Draghi, der gegen 14.30 Uhr (MESZ) vor die Presse treten wollte. Anleger rechneten nicht damit, dass die Notenbank schon jetzt ihren Kurs ändert, aber sie dürfte eine Eindämmung der Geldflut verbal vorbereiten.

"Die EZB muss Farbe bekennen - zumindest ein bisschen", sagte LBBW-Analyst Martin Güth. Das Dilemma der EZB bestehe darin, dass die gewichtigen Argumente für einen Ausstieg aus dem bis Jahresende laufenden Anleihekaufprogramm immer stärker werden. "Die Aufwertung des Euro in den vergangenen Wochen belastet aber die Aussichten für die Inflation und die Unternehmensgewinne."

Die Gemeinschaftswährung hat seit Jahresbeginn zum Dollar etwa 13 Prozent an Wert gewonnen. Mit einem Kursniveau von 1,19/20 Dollar stehe sie an einer wichtigen Schwelle, erläuterten die Analysten der Metzler Bank. "Eine aus Sicht der Marktteilnehmer unerwartete Aussage könnte leicht einen Kurssprung respektive -einbruch von mehreren Cent auslösen." Draghi stehe vor einem Balanceakt, da jedes ausgesprochene oder fehlende Wort auf die Goldwaage gelegt werde. "Denn es ist nicht zu verhehlen, dass sich der Markt ohnehin einen Spaß daraus macht, die Schmerzgrenze der EZB beziehungsweise ihres Chefs zu testen", konstatierten die Metzler-Analysten. Der Euro notierte am Vormittag bei 1,1965 Dollar und blieb damit in Tuchfühlung mit dem vorige Woche erreichten Zweieinhalb-Jahres-Hoch von 1,2069 Dollar. Die Zinsentscheidung wurde für 13.45 Uhr erwartet.

Das verbale Abrüsten in der Korea-Krise beruhigte einige Anleger. Südkoreas Präsident Moon Jae In schloss einen Krieg auf der koreanischen Halbinsel aus. Sein russischer Kollege Wladimir Putin betonte, der Konflikt könne mit diplomatischen Mitteln gelöst werden. In Washington präsentierte unterdessen Präsident Donald Trump eine Einigung mit dem Kongress auf eine Zwischenfinanzierung für die amerikanische Bundesregierung bis zum 15. Dezember, womit ein sogenannter "government shutdown" vermieden wird. Damit sei das Thema erst einmal vom Tisch, auch wenn es in einigen Monaten wieder hochkochen dürfte, sagten Börsianer.

ANALYSTENSTUDIEN HELFEN VERSORGERN UND AIXTRON



Im Dax standen die Aktien von RWE und E.ON mit Kursgewinnen von über drei beziehungsweise zwei Prozent ganz oben. Die Analysten der Deutschen Bank hatten ihre Kaufempfehlungen bekräftigt. Für die Konzerne gehe es nicht zuletzt dank des Gesetzes zu Atom-Altlasten nun bergauf.

Besonders zuversichtlich äußerten sich die Experten von Deutschlands größtem Geldhaus auch zum Chipanlagebauer Aixtron, dessen Aktienkurs sich im bisherigen Jahresverlauf bereits etwa verdreifacht hat. Die im TecDax gelisteten Titel legten fast elf Prozent auf 9,62 Euro zu und notierten damit so hoch wie seit Anfang Januar 2015 nicht mehr.

Ansonsten setzten die Autowerte ihren am Mittwoch begonnenen Erholungskurs fort: Daimler und BMW legten je rund zwei Prozent zu, während VW ein Prozent gewannen. Auch hier waren Analystenkommentare ausschlaggebend: Goldman Sachs hatte Daimler zum Kauf empfohlen.

rtr