Ein KI-Modell aus China sorgt für Turbulenzen im Silicon Valley und setzt bekannte KI-Größen wie Nvidia unter Druck. Bedeutet das einen Wendepunkt für US-Tech-Werte – oder sind die aktuellen Kursverluste eine Gelegenheit zum Einstieg?

Es war nur eine Frage der Zeit: Seit Ende 2022 haben amerikanische Unternehmen wie OpenAI mit Chatbots wie ChatGPT die Welt der Künstlichen Intelligenz (KI) revolutioniert. Davon profitierten vor allem US-Tech-Giganten wie Nvidia, Alphabet, Microsoft und Co. Diese Unternehmen wurden zum Synonym für den technologischen Fortschritt in der KI-Branche und trieben den Nasdaq nach oben.

Doch der KI-Boom ist längst kein rein amerikanisches Phänomen mehr. Auch China will bei diesem Megatrend ganz vorne mitspielen – und hat dabei einige Vorteile. Anders als in den USA unterliegt die Datennutzung in China kaum Einschränkungen durch Datenschutzgesetze. Und da Daten nunmal der Grundbaustein für KI-Modelle sind, verschafft dies chinesischen Unternehmen einen erheblichen Wettbewerbsvorteil.

Am gestrigen Montag der Schock: Aktien wie Nvidia lagen zweistellig Prozent im Minus, selbst DAX-Star Siemens Energy verlor rund 20 Prozent. Was ist passiert?

Chinas DeepSeek erschüttert das Silicon Valley – KI-Aktien stürzen ab

Es war wie ein Knall: DeepSeek, ein chinesisches KI-Modell, überholte ChatGPT als meistgenutzte kostenlose App in den USA. Das neueste Modell, DeepSeek-V3, veröffentlichte das Unternehmen erst am 10. Januar – und es revolutioniert die Branche. Der Clou: DeepSeek soll mit günstigeren Chips arbeiten und weniger Daten benötigen. Diese Effizienz zieht Nutzer an und hat das Vertrauen der Anleger in etablierte KI-Werte erschüttert.

Zunächst schienen die Karten für amerikanische Unternehmen wie Nvidia gut gemischt. Die US-Regierung hat den Export von Hochleistungschips nach China streng reguliert. DeepSeek-V3 wurde mit den H800-Chips von Nvidia trainiert, die speziell für den chinesischen Markt entwickelt wurden und weniger leistungsstark sind als die modernsten Chips. Dennoch zeigt das chinesische Modell beeindruckende Ergebnisse – und erschüttert damit Annahmen über die Dominanz der US-KI-Industrie.

Chinesisches ChatGPT – Experten sehen keinen Grund zur Panik

Trotz der Marktreaktionen bleiben Experten gelassen. Masahiro Ichikawa, Chef-Marktstratege bei Sumitomo Mitsui DS Asset Management, sagte gegenüber „Reuters“: „Die Vorstellung, dass die modernsten Technologien in Amerika, wie Nvidia und ChatGPT, weltweit die überlegensten sind, gibt Anlass zur Sorge, dass sich diese Perspektive ändern könnte. Ich denke, das ist vielleicht noch etwas verfrüht.“

Auch Analysten von Bernstein Research halten die Sorgen für übertrieben. „Das Weltuntergangszenario, das gerade im Twitter-Universum verbreitet wird, scheint übertrieben", so die Experten laut "dpa". Sie betonen, dass DeepSeek zwar effizient und kostengünstig ist, jedoch keine revolutionären Technologien verwendet. Vielmehr basiert das Modell auf der sogenannten Mixture-of-Experts-Architektur (MoE), die darauf ausgelegt ist, die Betriebskosten zu reduzieren, indem nur Teile der Modellparameter aktiv sind. Diese Technik sei bekannt und werde auch von anderen Top-KI-Entwicklern eingesetzt.

Die größte Unsicherheit für Investoren liegt in den niedrigen Preisen, die DeepSeek für seine Dienste verlangt. Diese könnten zwar die Nachfrage ankurbeln, werfen jedoch Fragen über die langfristige Wirtschaftlichkeit auf.

Fazit

Auch, wenn DeepSeek für Nervosität sorgt, gibt es keinen Grund für überstürzte Entscheidungen. Innovationen wie diese sind notwendig, um die steigenden Kosten für den globalen KI-Ausbau zu bewältigen. Die bisherigen Entwicklungen zeigen eher, dass Effizienzgewinne in der Tech-Branche langfristig zu einem Wachstum der Nachfrage führen.

Die aktuellen Rückschläge könnten also eine Chance für Anleger sein – nicht nur bei Nvidia und Co., sondern auch in anderen betroffenen Branchen wie der Energieversorgung. Siemens Energy, das von der Nachfrage nach rechenintensiven Systemen profitiert hat, dürfte langfristig ebenfalls gestärkt aus der aktuellen Unsicherheit hervorgehen.

Mit Material von dpa

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