Der Herbst war für Aktionäre bislang eher unerfreulich. Der DAX ging von Mitte September bis in die letzten Oktobertage von 13.250 Punkten auf rund 11.500 Punkte zurück, die Unsicherheit wuchs. In den vergangenen Tagen haben sich die Märkte zwar wieder etwas erholt, doch nicht zuletzt aufgrund steigender Corona-Neuinfektionen bleibt ein flaues Gefühl bei den Anlegern. Viele Experten erwarten, dass unruhige Zeiten bevorstehen.

Das ständige Auf und Ab der Kurse wird durch eine bedeutende finanzmathematische Kennzahl ausgedrückt: die Volatilität. Sie zeigt an, wie stark der Kurs eines Wertpapiers oder eines Börsenindex schwankt. Damit gilt sie als Risikomaß: Ein Titel mit heftigen Ausschlägen wird als riskanter wahrgenommen als einer mit gleichmäßigerem Kursverlauf.

Gerade in unsicheren Zeiten wie aktuell kann es sich für Investoren auszahlen, bei ihren Aktienengagements auf Werte zu setzen, die schwankungsärmer als der Durchschnitt sind. €uro am Sonntag stellt einige Konzepte vor, mit denen sich Anleger entsprechend aufstellen können.

Eine weitverbreitete Möglichkeit ist der Einsatz von Exchange Traded Funds (ETFs), die eine Minimum-Volatility-Strategie verfolgen. Diese passiven Fonds bilden einen Index ab, der ausschließlich schwankungsarme Aktien enthält. Um zu bestimmen, welche Titel dafür infrage kommen, wird die historische Volatilität betrachtet. Sie entspricht der Standardabweichung und beschreibt, wie stark die Rendite eines Wertpapiers im Lauf der Zeit von ihrem Mittelwert abgewichen ist.

Meist werden diese schwankungsarmen Aktien einem gängigen, breit aufgestellten Kursbarometer entnommen. Der bekannte Weltaktienindex MSCI World beispielsweise enthält 1.602 Titel. Aus diesen wählt der Indexanbieter MSCI 302 Aktien mit niedriger Volatilität aus und konstruiert aus ihnen ein neues Kursbarometer, den MSCI World Minimum Volatility.

Bei dieser Selektion gelten jedoch weitere Einschränkungen, um unerwünschte Verzerrungen zu vermeiden. In einem Kursbarometer, das seine Bestandteile ausschließlich anhand der Volatilität bestimmen würde, wären die Sektoren Basiskonsum und Versorger überaus dominant. Denn diese beiden Branchen sind kaum von der allgemeinen konjunkturellen Lage abhängig. Deshalb schwanken Aktien dieser Unternehmen im Regelfall weniger stark als Titel aus anderen Sektoren.

Aus diesem Grund werden die Minimum-Volatility-Indizes angepasst. Zum einen gelten Obergrenzen für einzelne Branchen. Zum anderen wird darauf geachtet, dass der Index einigermaßen breit über Länder oder Unternehmen unterschiedlicher Größe verteilt ist. Extreme Ungleichgewichte werden damit beseitigt.

Der Fokus auf schwankungsarme Titel ist aber keinesfalls ETFs vorbehalten. Auch aktiv gemanagte Fonds können einen solchen Ansatz verfolgen. Manche offenbaren ihre Strategie bereits im Namen. Bestandteile wie "Low Risk" oder "Low Vol" deuten darauf hin, dass Aktien mit niedrigen Schwankungen bevorzugt werden. Auch die Begriffe "Conservative" oder "Stable" im Produktnamen können auf ein entsprechendes Konzept hinweisen.

Aktiv gemanagte Produkte dieser Art arbeiten häufig sehr zahlenbezogen und durchforsten Datenbanken anhand bestimmter Kenngrößen nach geeigneten Titeln. Volatilität ist dabei ein wichtiger Parameter, aber nie der einzige. Zusätzlich werden Kennzahlen wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis oder die Dividendenrendite berücksichtigt. Mit einem solchen regelbasierten Ansatz gehören diese Produkte zur Gruppe der quantitativen Fonds.

Eine weitere Strategie aktiv gemanagter Portfolios zur Glättung des Kursverlaufs besteht in der Verringerung der Investitionsquote. Ein Fonds, der beispielsweise nur zu 70 Prozent in Aktien engagiert ist, wird zwangsläufig weniger stark schwanken als ein Fonds mit einer Quote von 100 Prozent. Derartige Produkte sind für gewöhnlich zwar voll in Aktien investiert, doch sie nutzen Derivate, um Teile des Portfolios abzusichern und reduzieren auf diese Weise ihre Investitionsquote.

Das Mittel der Absicherung steht zwar prinzipiell jedem Fonds zur Verfügung, doch einige verwenden es ausgiebig und es ist ein wichtiger Teil der Investmentstrategie. Ein Beispiel sind die TRC-Fonds der DWS, die auf bekannten Portfolios des Fondshauses basieren und zusätzlich die Investitionsquote je nach Marktlage anpassen.

Puffer in beide Richtungen

Das Wesen eines Minimum-Volatility- Produkts ist klar beschreibbar: Geht es mit dem breiten Markt zügig aufwärts, bleibt diese Strategie meist dahinter zurück. In einem solchen Umfeld greifen die Anleger eher bei hochdynamischen oder konjunktursensiblen Titeln zu und lassen bodenständige Aktien häufig außen vor. In Phasen des Kursabschwungs hingegen übertreffen schwankungsarme Titel in der Regel den Gesamtmarkt: Ihre defensiven Qualitäten sind nun gesucht. So blieb etwa der MSCI World Minimum Volatility Index in den starken Aktienjahren 2019 und 2017 ungefähr fünf Prozentpunkte hinter dem normalen MSCI World zurück. Schwächelte die Börse wie 2018 und 2015, überflügelte der schwankungsarme Tochterindex den Standard-Weltaktienindex hingegen um mehr als sechs Prozentpunkte.

Nicht unerwähnt bleiben soll eine weitere Unterart aktiv gemanagter Aktienfonds mit niedriger Volatilität: solche, die auf Papiere von Unternehmen in Sondersituationen setzen. Dazu zählen beispielsweise Firmenübernahmen. Diese folgen gesetzlich klar definierten Schritten, was zu einer hohen Kalkulierbarkeit führt. Oft gibt es Übernahme- oder Abfindungsangebote an die Aktionäre, die den Börsenkurs eines Unternehmens nach unten absichern.

In der Investor-Info links finden Anleger bewährte Produkte mit unterschiedlichen Ansätzen für verschiedene Regionen. Ihnen ist gemein, dass sie in Aktien investieren und gleichzeitig die Schwankungen minimieren wollen. In der Vergangenheit ist ihnen das ausgezeichnet gelungen. Anleger, die sich defensiv am Aktienmarkt engagieren möchten, sind bei ihnen an der richtigen Adresse. Vor generellen Kursrückgängen schützen die Portfolios aber nicht. Sie machen sie allerdings ein wenig erträglicher.
 


INVESTOR-INFO

iShares MSCI World Min. Vol.

Passiv und global

Rund 300 schwankungsarme Aktien aus dem MSCI World Index stecken im iShares MSCI World Minimum Volatility ETF. Defensive Sektoren wie Versorger und Basiskonsum haben im Portfolio ein höheres Gewicht als im Mutterindex. Insgesamt sind die Branchen relativ ausgewogen verteilt. Der Anteil an US-Aktien ist dagegen etwas geringer. Top-Positionen sind die Telekommunikationskonzerne NTT Docomo (Japan) und Verizon (USA) sowie der Schweizer Lebensmittelriese Nestlé.

DWS Qi LowVol Europe

Aktiv und europäisch

Der DWS Qi LowVol Europe sucht in ganz Europa nach konservativen Titeln. Fondsmanagerin Tanja Schubring wählt aus den attraktivsten Aktien diejenigen aus, die eine niedrige Schwankungsintensität erwarten lassen. Mithilfe einer quantitativen Analyse werden die Ertragsprognosen für jedes einzelne Unternehmen ermittelt. Aktuell sind die Papiere von Swisscom, Roche, Iberdrola und Unilever am höchsten gewichtet.

Paladin One

Speziell und deutsch

Nebenwerte gelten nicht gerade als defensives Investment. Doch dem Paladin One gelingt es trotz seines Fokus auf kleine, überwiegend deutsche Unternehmen, die Volatilität eng zu begrenzen. Er nutzt Sondersituationen (etwa Übernahmen) aus, die stabile Aktienkurse zur Folge haben, und hält häufig viel Liquidität. Top-Picks sind derzeit das Berliner Pharmaunternehmen Medios und der Betreiber von Solar- und Windparks, Blue Elephant Energy aus Hamburg.