Der Essenslieferdienst Delivery Hero hat den Bruttowarenwert und den Umsatz in den vergangenen drei Monaten deutlich gesteigert. In den digitalen Warenkorb auf Konzernebene legten Kunden Waren im Gesamtwert von 10,1 Milliarden Euro und damit fast 31 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum, wie das im DAX notierte Unternehmen am Donnerstag in Berlin mitteilte.
Der Umsatz der Segmente - also der Konzernerlös vor Abzug von Gutscheinen - kletterte um gut die Hälfte auf rund zwei Milliarden Euro und übertraf die Erwartungen von Analysten bei weitem. Vor allem die beiden Regionen Asien sowie Nordafrika/Naher Osten legten zu. Der Bruttowarenwert in Asien liege im ersten Quartal um drei Prozent über der Markterwartung, schrieb Analyst Marcus Diebel von JPMorgan in einer ersten Reaktion auf die Quartalszahlen. Dort habe der Essenslieferant im März sogar den Breakeven vor Konzernkosten erreicht, hierauf dürfte sich auch das Interesse der Investoren richten.
Delivery Hero kamen Marketingaktivitäten in Form von Gutscheinen sowie der Vertrieb von Abonnements etwa für kostenfreie Lieferungen zugute. All das kostet aber auch viel Geld. Das Unternehmen probiert sich zurzeit aus und versucht in unterschiedlichen Märkten, zusätzliche Einnahmen zu generieren. In Chile und Argentinien etwa testete der Vorstand eine Servicegebühr für Bestellungen, die in den kommenden Monaten eingeführt werden soll.
In der Branche sind solche Maßnahmen allerdings nicht neu. Uber Eats etwa bietet schon lange Abos für kostenfreie Lieferungen an, während andere Anbieter sich für ihren Service zusätzlich eine Pauschalgebühr berechnen lassen. Dementsprechend scheint es so, als hätte Delivery Hero zu lange damit gewartet. Finanzchef Emmanuel Thomassin argumentiert, dass zunächst das Kundenwachstum an oberster Stelle gestanden habe, nicht ein Gewinn. Das solle sich nun ändern.
Gegenwind nach überdurchschnittlichem Wachstum
Vorerst rechnet Delivery Hero allerdings mit einer trägeren Geschäftsentwicklung. "Es wird in den nächsten zwei Quartalen wahrscheinlich ein Plateau beim Wachstum geben", erklärte Thomassin. Entsprechend dürfte die Entwicklung des Bruttowarenwertes zwischen April und September schwächer ausfallen. Überraschend ist das allerdings nicht, nachdem Delivery Hero infolge von geschlossenen Restaurants und Corona-Lockdowns in den vergangenen zwei Jahren deutlich profitiert hatte. Menschen bestellten mehr Essen nach Hause.
Die Prognose für das laufende Jahr bestätigte Konzernchef Niklas Östberg zwar. Im operativen Geschäft rechnet der Vorstand ein weiteres Mal mit einem Verlust: Der Fehlbetrag vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Sondereffekten (bereinigtes Ebitda) dürfte sich auf 1 bis 1,2 Prozent des Bruttowarenwerts belaufen, was zumindest besser wäre als im Jahr zuvor. Der konzernweite Bruttowarenwert dürfte laut den Erwartungen bei 44 bis 45 Milliarden Euro liegen, was bis zu knapp zehn Milliarden Euro mehr wäre als 2021. Der Umsatz der Segmente soll ohne den spanischen Zukauf Glovo bei 9,5 bis 10,5 Milliarden Euro liegen. Das entspräche im besten Fall einem Zuwachs von fast 60 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert.
Delivery Hero hat kein Interesse an US-Geschäft von Lieferando-Eigner
Derzeit steht das US-Geschäft Grubhub von Just Eat Takeaway.com zum Verkauf. Delivery Hero winkt hier ab. "Delivery Hero schaut nur von der Seitenlinie zu", sagte Firmenchef Niklas Östberg der Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag. Er habe keine Idee, wer Interesse an Grubhub haben könne. Erst vergangene Woche hatte der Lieferando-Eigner Just Eat Takeaway.com angekündigt, einen Verkauf vonGrubhub weniger als ein Jahr nach der 7,3 Milliarden Dollar schweren Übernahme zu prüfen.
Östberg will sich jetzt erstmal darauf konzentrieren, Delivery Hero im kommenden Jahr wie versprochen auf Konzernebene profitabel zu bekommen.
Einschätzung zur Delivery Hero-Aktie
Die Aktien von Delivery Hero fallen zeitweise um mehr als zehn Prozent auf 26,36 Euro. Damit sind sie größter DAX-Verlierer und notieren so tief wie seit knapp fünf Jahren nicht mehr. Kurz nach Handelsstart hatten sie noch neun Prozent zugelegt.
Händler sahen zuächst keinen unmittelbaren Auslöser für die Kehrtwende. "Vielleicht will der ein oder andere schnell Kasse machen", sagte ein Börsianer. Jefferies bezeichnete das erste Quartal als "positiven Start in ein kritisches Jahr."
Goldman-Sachs-Analyst Rob Joyce führte den Einbruch der Aktie darauf zurück, dass Delivery Hero seine Bestellzahlen nicht veröffentlicht hat und dies künftig auch nicht tun möchte.
Die Delivery-Hero-Aktie hat im bisherigen Jahresverlauf nun schon fast drei Viertel an Wert verloren. Wir von Börse Online bleiben skeptisch und empfehlen die Aktie nicht zum Kauf.
dpa-AFX/rtr/fh