von Andreas Büchler




Chart 1 - DAX Intradaychart auf Ein-Minuten-Basis





Der auf einem Allzeithoch notierende Index hat derzeit nach Norden freie Bahn, und wie es schon in der Vergangenheit vielfach zu beobachten war, wenn Orientierungspunkte für Verkaufs-Kursziele fehlen, nutzt er den Spielraum auch großzügig aus.

Wieviel Luft bleibt noch? Das ist nun die entscheidende Frage für alle kurzfristig handelnden Anleger, deren nervöser Zeigefinger bereits über dem Verkaufen-Knopf schwebt. Doch dann ist da noch der Gedanke "etwas mehr geht doch sicher", der die Hand noch in der Luft verharren lässt. Und tatsächlich: Oft stoppte eine Rally im vergangenen Jahrzehnt erst, wenn der Markt sich um mehr als 3,6 bis 3,8 Prozent von seinem Monatsdurchschnittskurs (21-Tage-GD-Linie) nach oben abgesetzt hat - aktuell sind es nur drei Prozentpunkte, dazu kommt noch die Steigung dieses Mittelwertes von aktuell etwa 20 Zählern je Börsentag - erkennbar ist dies im Chart auf der zweiten Seite.

Diese Milchmädchenrechnung ergibt für den Mittwoch Luft bis mindestens 11.310 Punkte - wer so kalkuliert, will jetzt natürlich nicht verkaufen. Bedenkt man dann noch, dass es sogar vereinzelt schon Ausreißer von acht bis neun Prozent über die 21-Tage-Linie gegeben hat, verfällt der Körper geradezu in eine angenehme Schockstarre, aus welcher der Anstieg des DAX weiter verfolgt wird. Verursacht durch Käufer, für die der Begriff Chance-Risiko-Verhältnis ein Fremdwort ist, und die der Börsen in einigen Wochen vermutlich frustriert den Rücken kehren werden - kaum etwas trifft das eigene Ego härter, als nahe am Hoch noch in den Markt eingestiegen zu sein, obwohl die Warnsignale schon offensichtlich sind.

Vor allem ein Signalgeber mahnt zur Vorsicht: Die prozentuale Anzahl der Aktien im Index, die oberhalb der 200-Tage-Linie notieren (unterer Indikator im zweiten Chart), liegt bereits um 90 Prozent - in den vergangenen Jahren ging es danach nicht mehr nennenswert aufwärts. Die 200 Tage-Durchschnittskurve ist unter Börsianern populär um den langfristigen Trend abzubilden, die Situation sieht aber nicht viel anders aus wenn beispielsweise 250 Handelstage zur Berechnung herangezogen werden (das entspricht etwa einem Börsenjahr). Insbesondere wenn dann auch noch die Anzahl der Papiere über der 21-Tage-Linie ebenfalls einen vergleichbar hohen Wert aufweist (mittlerer Indikator im zweiten Chart), der Markt also kurz- und langfristig überkauft ist, wird es kritisch - in diese Phase tritt der DAX nun langsam ein.

Auch wenn also noch theoretisches Potenzial für eine Schwankung weit nach oben über den Monatsdurchschnitt vorhanden ist, dürfte es dem DAX schwer fallen viel von diesem Spielraum in der Praxis noch auszunutzen. Anleger sollten dies berücksichtigen, und bestehende Long-Positionen je nach Risikoneigung und persönlicher Gier noch halten, aber sich bei neuen Engagements bremsen - hier ist ausgehend vom aktuellen Kursniveau allenfalls im sehr kurzfristigen Bereich noch zu verdienen. Oder aber auf der Short-Seite, doch gegen den starken übergeordneten Aufwärtstrend zu spekulieren ist nur was für Mutige. Hierbei hilft ein Rückschlag unter die Zone 11.140/11.160, der Abwärtspotenzial bis zunächst 11.070/11.080 erwarten lässt.

Die nächste Stufe auf dem Weg nach unten liegt dann im Areal von 10.930 bis 11.000 Zählern, hier ist der bis Monatsanfang zurück reichende Ex-Widerstand sicher ein viel beachtetes Kursniveau - auch die 21-Tage-Linie verläuft knapp unter dieser Zone, sie diente in den vergangenen Mini-Korrekturen des Marktes oft als Orientierungspunkt für Nachkäufer. Lockt die Kombination dieser stabilisierenden Faktoren nicht genug Schnäppchenjäger an, werden die Abstände nach unten bis zu weiteren Unterstützungen langsam größer - bei 10.765/10.820 ist im Intradaychart die nächste Häufung von Wendepunkten erkennbar.

Darunter folgt letztendlich die 10.600er-Marke, dort hatte die laufende Aufwärtswelle ihren Ursprung am 10. Februar, als sich diese Zone als tragfähiger Boden erwies. Damals griffen Schnäppchenjäger verstärkt auf diesem Kursniveau zu, das sich bereits Ende Januar als Kaufzone herausstellte. Dieser Schwellenwert bleibt daher auch für die zukünftige Kursentwicklung von großer Bedeutung, wird er unterschritten, würde dies einen deutlichen Vertrauensverlust der Marktteilnehmer signalisieren.

Von einer Korrektur können Anleger beispielsweise mit dem am Ende der Analyse (auf Seite 6) vorgestellten Short-Hebelzertifikat profitieren. Ein Long-Produkt für DAX-Optimisten findet sich dort gleichermaßen.

Chart 2 - DAX-Chart mit Anzahl Aktien über 21- und 200-Tage-Linie in %



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Chart 3 - Tageschart mit Abstand zur 21-Tage-Linie in %



Gemessen am Abstand zur 21-Tage-Linie verbleibt noch Potenzial nach oben, von den Extremwerten zwischen 8 und 9 Prozent ist der DAX noch weit entfernt. Doch die meisten Wendepunkte erfolgten bereits zwischen 3,6 und 3,8 Prozent - dieser Schwellenwert ist bald erreicht.





Chart 4 - Wochenchart mit Abstand zur 200-Tage-Linie



Wie weit kann es langfristig nach den neuen Allzeithochs nun noch gehen? Die Statistik hilft, diese Frage zu beantworten: Unter dem Kursverlauf des DAX haben wir im Wochenchart den Abstand der Kurse zur 200-Tage-Linie (entspricht etwa dem 40-Wochen-Durchschnitt) abgebildet. Mit dieser Methode lassen sich Kursziele auf der Oberseite bei maximal rund 11.100 bis 11.700 Zählern errechnen - diese Werte entsprechen den in der Vergangenheit im Idealfall gemessenen 14 bis 20 Prozent Abstand des Index zu seinem langfristigen Durchschnittspreis.

Zu Beginn des Jahrtausends waren es auch mal 33 Prozent und mehr - doch das sollten sich Anleger lieber nicht wünschen, auch wenn der DAX dadurch noch rechnerisches Potenzial bis jenseits der 12.940er-Marke hätte. Denn anschließend startete damals der dreijährige Abwärtstrend, im Zuge dessen sich der Indexstand fast viertelte.



Chart 5 - Kerzenchart auf Tagesbasis





Unterstützungen und Widerstände



























































Andreas Büchler ist Herausgeber des "Index-Radar", der größte tägliche Börsenstatistik-Report Deutschlands. Der Experte für Handelssysteme ist zudem Vorstand der Qarat AG, einer auf Quantitative Analyse und Algorithmic Trading spezialisierten Forschungsgesellschaft.

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