Der Vorstand des Initiators Real I.S. zu den Perspektiven für Geschlossene Fonds  Von Stefan Rullkötter

BÖRSE ONLINE: Deutsche Immobilien bleiben bei Investoren aus dem In- und Ausland stark gefragt - sehen Sie die Gefahr einer Blasenbildung?


Jochen Schenk: Man muss hier penibel zwischen den Segmenten unterscheiden. Der Wohnimmobilienmarkt und der Gewerbeimmobiliensektor entwickeln sich sehr unterschiedlich. Bei letzterem sehe ich definitiv keine Blasenbildung - die Spanne zwischen Nullzins für Spareinlagen und Cap-Rates von aktuell durchschnittlich vier Prozent ist hier sehr groß.

Wie groß ist das Rückschlag-Potenzial bei deutschen Wohnimmobilien?


Zwar sind in Premiumlagen deutscher Metropolen die Kaufpreise für Wohnobjekte stark gestiegen. Die Blasengefahr ist durch die eingeschränkte Kreditvergabepraxis der Banken infolge von Basel III und Solvency II aber auch hier eher gering. Denn auch in den Ballungszentren haben sich die Kaufpreise von den Mieten nicht auf breiter Basis entkoppelt.

Welche Auswirkungen wird der Brexit für den deutschen Immobilienmarkt haben?


Das ist generell für Immobilien-Fondsobjekte schwer fassbar. Die hohe Nachfrage institutioneller Anleger nach Immobilien in Deutschland wird sich nach vollzogenem Brexit mit hoher Wahrscheinlichkeit fortsetzen.

Hat das für den Finanzplatz Frankfurt besondere Vorteile?


Der Standort Frankfurt am Main wird nicht automatisch vom Brexit profitieren. Viele Finanzgeschäfte zwischen institutionellen Anlegern sind nicht vom EU-Passport abhängig, der Transaktionen innerhalb der EU ermöglicht. Damit ist nicht sicher, dass die Finanzbranche viele Arbeitsplätze von London verlagern wird - und die Nachfrage nach Büro- und Wohnimmobilien an Standorten wie Frankfurt, Paris, Madrid und Dublin automatisch anzieht.

Wie wird sich vor diesem Hintergrund der deutsche Immobilien-Beteiligungsmarkt entwickeln?


Ich rechne mit einer Erholung des Marktes - die Platzierungszahlen bei Publikums-Fonds werden in den nächsten Jahren wieder steigen. Die Anbieter haben die neuen Vorgaben des Kapitalanlagegesetzbuchs inzwischen umgesetzt und können sich wieder auf ihr Kerngeschäft konzentrieren. Zudem sind die Anleger-Interessen durch die gesetzlichen Rahmenbedingungen nun besser geschützt.

Können Sie beim Vertrieb neben freien Vermittlern auch wieder auf die Unterstützung der Banken bauen?


Banken und Sparkassen, die sich seit der Finanzkrise aus dem Vertrieb weitgehend verabschiedet hatten, bieten Kunden wieder häufiger Sachwertanlagen als Fonds an. Gefragt können beispielsweise regionale Themen sein, etwa Fondsobjekte am Bankenstandort, die Investoren selbst in Augenschein nehmen können. Grundsätzlich gilt weiterhin, dass diese Anlageform kein Selbstläufer ist - wir müssen jedes einzelne Geldinstitut überzeugen, dass ohne Immobilien-Beteiligungen etwas in der Beratung fehlt.

Wie ist der Stand bei Ihrem aktuellem AIF-Angebot, dem Real I.S.- Grundvermögen?


Wir haben vor Vertriebsstart zwei Immobilien für das Portfolio erworben, um nicht als Blind-Pool in die Eigenkapital-Akquise zu gehen. Inzwischen ist das notwendige Eigenkapitalvolumen platziert, für ein drittes Objekt schließen wir gerade die Kaufverhandlungen ab

Welche europäischen Immobilienstandorte außerhalb Deutschlands kommen derzeit für Ihre Investments in Frage?


Wir haben Paris, Brüssel und Dublin unter besonderer Beobachtung, der Standort London fällt derzeit für Akquisitionen aus.

Real I.S. hat eine eigene Niederlassung in Australien und tritt hier aktuell auch als Käufer auf. Was macht den Kontinent für Investoren attraktiv?


Der australische Immobilienmarkt bietet aktuell deutlich bessere Ertragschancen als Europa: Auch bei konservativer Fonds-Kalkulation kann hier bei den Ausschüttungen eine fünf vor dem Komma stehen. Aktuell stellen wir ein Immobilienportfolio mit den Standorten Melbourne, Brisbane und Sydney aus Einzelhandels-, Logistik- und Büro für institutionelle Investoren zusammen. Für 2017 planen wir unsere Australien-Fondsserie für Privatanleger mit dem zehnten Angebot fortzusetzen.

Mehr zum Thema Immobilien-AIFs lesen Sie in der neuen Ausgabe des Wirtschaftsmagazins €uro, das ab 21.9. im Handel erhältlich ist.