Allein fünfmal passierten die 30 deutschen Standardwerte in den vergangenen Wochen die psychologisch wichtige Marke auf Schlusskursbasis von unten nach oben, sechsmal ging es in die entgegengesetzte Richtung. Bleibt der DAX seinem Salsa-Rhythmus treu, müsste er sich schon bald wieder in den fünfstelligen Bereich emporschwingen. Doch so einfach machen es die derzeitigen Rahmenbedingungen dem Index nicht. Die Sorgen um die Weltwirtschaft - ausgehend von China - zerren an den Bluechips ebenso wie die Ungewissheit, wann die USA das nächste Mal die Zinsen erhöhen wird. Hinzu kommt, dass auch die europäische Konjunktur trotz Erfolgen in der jüngsten Vergangenheit noch nicht endgültig über den Berg ist.
Dies zeigt die aktuelle Preisentwicklung. Obwohl die Europäische Zentralbank (EZB) mit den Zinsen bereits im negativen Bereich angekommen ist, wurde im April hierzulande die allseits gefürchtete Deflation festgestellt. Dies gilt ebenso für den Euroraum. Ökonomen rechnen mit einer Teuerungsrate für April von minus 0,3 Prozent. Anleger sollten sich von dem Gezappel beim DAX aber nicht allzu sehr nervös machen lassen. Wohin der Markt kurzfristig gehen wird, lässt sich kaum vorhersagen. Chancen und Risiken halten sich in etwa die Waage.
Umfangreiche Analyse
Daher gilt es, die Aufmerksamkeit den einzelnen Konzernen zu schenken, denn Qualitätsunternehmen setzen sich langfristig immer durch. Investorenlegende Warren Buffett predigt seit jeher, dass günstig bewertete Qualitätstitel zum Erfolg führen. Um diese Aktien herauszufiltern, haben wir alle 30 DAX-Mitglieder auf den Prüfstand gestellt. Vom Gewinnwachstumspotenzial über die aktuelle Bewertung bis hin zur Dividendenrendite und der Bilanzqualität deckt unser Check alle wichtigen Kriterien der Aktienanalyse ab. Darüber hinaus haben wir noch die aktuellen Zwischenberichte genauestens unter die Lupe genommen.
In Summe können sich die Bilanzen zum ersten Quartal 2016 sehen lassen. Ganze 20 von bisher 27 vorgelegten Abschlüssen übertrafen die Erwartungen der Analysten. Auch ging es mit den Gewinnen mehrheitlich nach oben. Zwei Drittel der Bluechips meldeten ein Ergebniswachstum, zum Teil sogar prozentual zweistellig wie Adidas. Der Sportartikelhersteller gilt als Musterknabe in dieser Berichtssaison. Die Herzogenauracher schnitten nicht nur oberhalb der Prognosen ab, sie hoben auch das Gewinnziel für das Gesamtjahr an. Die Latte höher schraubten mit Continental, HeidelbergCement und Vonovia drei weitere DAX-Mitglieder. Das Trio konnte zudem ebenso die Konsensschätzungen übertreffen. Nicht so gut lief es dagegen bei Beiersdorf, BMW, Lufthansa, Munich Re und SAP. Das Quintett schrammte an den Markterwartungen vorbei.
Allerdings müssen Anleger nicht gleich die Flinte ins Korn werfen. So haben der Münchner Autobauer wie auch Europas größter Softwarekonzern, SAP, ihre Ausblicke auf das Gesamtjahr bekräftigt und klargemacht, dass im Rest des Jahres der Druck auf das Gaspedal zunehmen wird. Für beide Aktien gilt auch künftig unser "Kaufen"-Rating. Insgesamt dürfen sich 20 Unternehmen über eine Kaufempfehlung freuen. Vorsicht ist dagegen weiterhin bei den beiden Energiekonzernen Eon und RWE sowie bei der Deutschen Bank geboten. Das Trio bleibt trotz Erfolgen von Januar bis März vorerst auf "Verkaufen".
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Günstig bewertet
Viele der Titel überzeugen mit attraktiven Bewertungen, so etwa der Softwarekonzern SAP, der bei einem durchschnittlich erwarteten Gewinnwachstum von knapp 30 Prozent zwischen 2015 und 2017 nur ein 2017er-Kurs-Gewinn-Verhältnis von 16 aufweist. Eine ähnliche Diskrepanz offenbart die BÖRSE ONLINE-Analyse bei HeidelbergCement. Der Baustoffkonzern wird beim Ergebnis in den kommenden zwei Jahren um rund ein Fünftel im Schnitt zulegen, das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) beträgt dagegen nur bescheidene 12,8.
Experte Andreas Hürkamp von der Commerzbank hält auch den Gesamtmarkt für nicht teuer. Seiner Ansicht nach erinnert der enttäuschende Jahresstart - der DAX steht seit Silvester immer noch sieben Prozent in den Miesen - viele Investoren an das negative Börsenjahr 2008. "Die DAX-Bewertung ist jedoch deutlich attraktiver als 2008: Die Dividendenrendite liegt um 200 Basispunkte über der Rendite von ‚BBB‘-Unternehmensanleihen, und das DAX-KGV notiert fünf Punkte unter dem S&P-500-KGV." Der Stratege hält ein negatives Szenario wie 2008 für unwahrscheinlich: "Wir erwarten vielmehr, dass der DAX aufgrund der Bewertung im Bereich von 8800 bis 9000 einen soliden Boden findet." Auf den folgenden Seiten stellen wir Ihnen sechs Aktien vor, die wegen ihrer guten operativen Aussichten und günstiger Bewertung das Zeug dazu haben, weitgehend unabhängig vom DAX-Verlauf Kursgewinne zu erzielen.
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Adidas
Langeweile wird bei Herbert Hainer auch in den letzten Monaten seiner mehr als 15-jährigen Amtszeit sicher nicht aufkommen. Ehe er im Oktober den Adidas-Chefsessel für den bisherigen Henkel-Boss Kasper Rorsted frei macht, stehen mit der Fußballeuropameisterschaft sowie mit den Olympischen Sommerspielen zwei Topereignisse an. Im Vorfeld der geschäftsträchtigen Großveranstaltungen präsentiert sich der Sportartikelkonzern in Hochform. Bei einem Umsatzplus von 17 Prozent steigerte Adidas im ersten Quartal das Betriebsergebnis um mehr als ein Drittel.
Als Wachstumstreiber entpuppten sich die Lauf-, Trainings- und Fußballartikel der Marke mit den drei Streifen. Nachdem Hainer die Prognose für das Sportjahr 2016 bereits bei der Zahlenvorlage nach oben geschraubt hatte, legte er jetzt noch einmal nach. Der Gewinn aus dem fortgeführten Geschäft soll 2016 um ein Viertel auf 900 Millionen Euro steigen. Zuvor hatte der dienstälteste DAX-Vorstand ein Wachstum von 18 Prozent in Aussicht gestellt. Grund für die zweite Erhöhung binnen weniger Wochen war das Ende der Partnerschaft mit dem FC Chelsea. Der britische Club steigt aus einem Ausrüstervertrag aus und muss dafür einen zweistelligen Millionenbetrag an die Franken überweisen. Zugegeben: Die Adidas-Aktie ist nach ihrem immensen Höhenflug kein Schnäppchen mehr. Allerdings rechtfertigt der Bluechip den stattlichen Preis mit einem prozentual zweistelligen Gewinnwachstum. Hinzu kommen eine grundsolide Bilanz sowie das starke operative Momentum. Schließlich dürfte der positive Newsflow schon allein wegen der anstehenden Sporthighlights bis auf Weiteres nicht abreißen.
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Daimler
Nicht nur im Motorsport fahren die Silberpfeile derzeit die Konkurrenz schwindelig. Auch auf dem Automarkt haben die Rivalen das Nachsehen. Im Rennen der drei Premiumhersteller Audi, BMW und Daimler um die Weltmarktführerschaft musste der Platzhirsch aus Bayern im ersten Quartal die Poleposition räumen. BMW erzielte zwar einen Auslieferungsrekord, doch mit einem Anstieg von zwölf Prozent schlug die Marke mit dem Stern ein doppelt so hohes Tempo an. Auch bei der Marge zeigte Daimler den Wettbewerbern zuletzt die Rücklichter. Zwei Quartale in Folge schaffte es die Autosparte der Stuttgarter, das mittelfristig anvisierte Renditeziel von mehr als zehn Prozent zu erreichen.
Zwar verpasste Daimler im Auftaktviertel 2016 das Triple, allerdings dürfte der Renditeknick von etwas mehr als zwei Prozentpunkten ein temporäres Problem sein. Ursächlich waren nämlich unter anderem Absatzrückgänge bei der wichtigen E-Klasse. Von der 1993 erstmals eingeführten Mittelklasselimousine kam kürzlich bereits eine neue Version auf dem Markt. Die Fortsetzung der Modelloffensive stimmt Konzernlenker Dieter Zetsche zuversichtlich: "Im Jahresverlauf werden wir uns kontinuierlich verbessern und 2016 zu einem weiteren Erfolgsjahr für Daimler machen." Die Absatzzahlen für den April setzten ein Ausrufezeichen hinter diese Aussage. Aufgrund von zuletzt fünf Markteinführungen wurden 10,8 Prozent mehr Autos abgesetzt. "Wir wachsen seit 38 Monaten in Folge", freut sich Vertriebschef Ola Källenius. Angesichts der positiven Entwicklung hält Daimler am Ziel für das Gesamtjahr, das operative Ergebnis leicht zu steigern, trotz der kleinen Gewinndelle in den ersten drei Monaten fest. Wegen der langfristig guten Aussichten des Autokonzerns sowie der aktuell günstigen Bewertung zählt die Daimler-Aktie zu unseren Top-Favoriten innerhalb der deutschen Börsenelite.
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Deutsche Telekom
Am 18. November jährt sich der erste Börsengang der Deutschen Telekom zum 20. Mal. Bekanntlich folgte auf den rasanten Aufstieg der T-Aktie ein jäher Absturz. Knapp zwei Jahrzehnte nach dem Debüt präsentiert sich der ehemalige Staatskonzern als grundsolider Large Cap. Vorstandschef Timotheus Höttges buhlt mit einer attraktiven Ausschüttungspolitik um die vom notorischen Zinstief geplagten Investoren. Analysten gehen im Schnitt davon aus, dass die Bonner für das laufende Jahr 60 Cent je Aktie auskehren. Damit zeigt die Deutsche Telekom eine Dividendenrendite von 3,8 Prozent und übertrifft den DAX-Durchschnitt deutlich. Operativ legt Höttges einen Schwerpunkt auf den Ausbau des Highspeed-Internets und die damit verbundenen Produkte. Allein im ersten Quartal kamen in Deutschland 660 000 neue Glasfaseranschlüsse dazu - ein Rekordwert.
Als zentraler Wachstumstreiber entpuppte sich einmal mehr das US-Geschäft. T-Mobile US gewann von Januar bis März das vierte Quartal in Folge mehr als zwei Millionen Neukunden. Mit insgesamt 65,5 Millionen Nutzern festigte die Telekom-Tochter ihren Platz als Nummer 3 auf dem US-Markt. "Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie phänomenal das ist", erklärte Höttges. Damit sich die auch beim Ergebnis stark wachsende Tochter auf dem hart umkämpften US-Markt behaupten kann, greift der Konzern ihr finanziell unter die Arme. Für die laufende Versteigerung von neuen Handyfrequenzen stellt das Unternehmen vier Milliarden Dollar bereit. Wegen der stattlichen Cashflows - 2016 peilt Höttges knapp fünf Milliarden Euro an - stellt die mögliche Geldspritze keine Gefahr für die Solidität der T-Aktie dar.
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Deutsche Post
Frank Appel verfolgt ehrgeizige Ziele: Geht es nach dem Vorstandschef der Deutschen Post, wird der Logistikkonzern sein Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) 2016 um mindestens eine Milliarde Euro verbessern. Nachdem der operative Profit 2015 um fast ein Fünftel auf 2,4 Milliarden Euro geschrumpft war, peilt Appel im laufenden Jahr eine Spanne von 3,4 bis 3,7 Milliarden Euro an. Eine zentrale Rolle für das Erreichen der Prognose spielt die Sanierung der Frachtsparte - sie hatte den Bonnern im vergangenen Jahr den skizzierten Gewinneinbruch beschert. Ein Blick auf die jüngsten Zahlen zeigt, dass die Deutsche Post tatsächlich dabei ist, in die Wachstumsspur zurückzukehren. "Mit einem Ebit von 873 Millionen Euro haben wir das beste erste Quartal in unserer Unternehmensgeschichte verzeichnet", sagt Appel.
Die Deutsche Post meldete nicht nur ein kräftiges Wachstum von 21 Prozent, sie übertraf zudem deutlich die Markterwartungen: Analysten hatten dem Konzern lediglich ein Ebit in Höhe von 830 Millionen Euro zugetraut. Während dem Unternehmen im Kerngeschäft die jüngste Portoerhöhung in die Hände spielte, profitierte das Expresssegment einmal mehr vom boomenden Onlinehandel. Zudem machten sich in der Frachtsparte die Maßnahmen zur Kostensenkung bezahlt. An der Börse könnte sich der Quartalsbericht als eine Art Initialzündung entpuppen. Jedenfalls brach die Deutsche-Post-Aktie nach der Veröffentlichung aus dem vor über einem Jahr lancierten Abwärtstrend aus. Neben dem charttechnischen Momentum spricht die Bewertung für weiter steigende Kurse. Aktuell zeigt der Bluechip für 2017 ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von weniger als 13. Angesichts des erwarteten Wachstums - im nächsten Jahr könnte das Ergebnis je Aktie den 2015er-Wert um knapp zwei Drittel übertreffen - ist die Aktie geradezu ein Schnäppchen.
Auf Seite 7: HeidelbergCement
HeidelbergCement
Bei HeidelbergCement lässt sich hinter jedes der vier Kriterien im DAX-Check getrost ein Haken setzen. Mit den Zahlen für das erste Quartal unterstrich der Baustoffkonzern seine Wachstumsqualitäten. Steigende Absätze in den Kernmärkten sorgten zusammen mit Preiserhöhungen und fallenden Energiekosten dafür, dass HeidelbergCement beim operativen Gewinn um knapp ein Fünftel vorankam. Zudem erhöhte Vorstandschef Bernd Scheifele die Prognose für das Gesamtjahr. Da der Konzern 2017 beim Wachstum sogar noch eine Schippe drauflegen könnte, lässt das Kurs-Gewinn-Verhältnis von 12,3 Spielraum für Kursgewinne. In puncto Bilanzqualität überzeugen die Kurpfälzer mit einer stattlichen Eigenkapitalquote von deutlich über 50 Prozent - der drittbeste Wert im DAX. Seit 2007 hat das Unternehmen die Nettoschulden von 14,6 Milliarden Euro auf zuletzt weniger als sechs Milliarden Euro abgetragen.
Mit dieser finanziellen Power im Rücken möchte Scheifele die milliardenschwere Übernahme von Italcementi demnächst in trockene Tücher bringen. Er hofft, dass die Kartellbehörden in Europa und den USA den Deal bis spätestens Anfang Juni absegnen. Scheifele verspricht sich aus dem Zukauf Synergien in Höhe von 400 Millionen Euro. Gleichzeitig bietet HeidelbergCement dem Branchenkrösus Lafarge Holcim die Stirn. Übrigens: Der französisch-schweizerische Gigant verbuchte im ersten Quartal einen Ergebnisrückgang und verfehlte die Analystenerwartungen. Dagegen hinterlässt das verbesserte Sektormomentum in den Zahlen von HeidelbergCement bereits deutliche Spuren - womit hinter ein weiteres Checkkriterium der Haken gesetzt werden kann.
Auf Seite 8: SAP
SAP
Nicht gerade berauschend sind die jüngsten Quartalszahlen von SAP ausgefallen. Der Softwarekonzern hat die Markterwartungen klar verfehlt. Vorstandschef Bill McDermott verweist darauf, dass es bei mehreren volumenstarken Aufträgen zu Verschiebungen gekommen ist, und hält daher an der Zielsetzung für das Gesamtjahr fest. Das Gros der Analysten teilt die Zuversicht - nach dem Zahlentermin kam es zu keinen stärkeren Abwärtsrevisionen. Für 2016 haben die Experten beim Gewinn je Aktie im Schnitt ein Plus von 30 Prozent auf dem Zettel. Kommendes Jahr soll die Wachstumsrate lediglich um einen Prozentpunkt geringer ausfallen.
Vor diesem Hintergrund ist die SAP-Aktie mit einem 2017er-Kurs-Gewinn-Verhältnis von 15,9 nicht zu teuer. Ganz zu schweigen von der Bilanzqualität der Walldorfer: Die Eigenkapitalquote beträgt mehr als 50 Prozent; damit zählt der Technologiekonzern zu den fünf substanzstärksten DAX-Mitgliedern. Gleichwohl tritt der Bluechip seit mehreren Monaten auf der Stelle. Den Impuls für einen Ausbruch nach oben könnte der Cloud-Bereich liefern. Währungsbereinigt peilt McDermott für die Sparte 2016 ein Umsatzwachstum um bis zu ein Drittel an. Dass die Softwareschmiede auch 44 Jahre nach ihrer Gründung vor Innovationskraft strotzt, beweist SAP S4/HANA: Innerhalb von nur gut einem Jahr konnte der Konzern 3200 Kunden für die besonders schnelle und effektive Echtzeitlösung zur Steuerung von Geschäftsprozessen gewinnen.