Höhenbergsteiger wissen, dass sich ein möglicher Gipfelerfolg erst auf den letzten Metern entscheidet. Denn je dünner die Luft wird, desto mehr schmerzt jeder noch so kleine Schritt. Der DAX scheint dagegen derzeit mit zusätzlichem Sauerstoff unterwegs zu sein. Seit der Index am 24. April seine bisherige Bestmarke von 12 390,75 Punkten überwand, gibt es kaum noch ein Halten. Anfang Mai markierten die Bluechips an sechs Tagen in Folge neue Rekorde und knackten dabei sogar die 12 800er-Marke.

Der Bullenzug überrollte auch das im Januar vorgestellte Kursziel von 12 551 Punkten innerhalb von nur wenigen Wochen. Die Analysten haben bereits auf die Rally reagiert und reihenweise ihre Ziele nach oben angepasst. Nach Berechnungen des Datendienstleisters Factset liegt das durchschnittliche Kursziel für den DAX aktuell bei 13 167 Punkten. Mit Blick auf das derzeitige Niveau entspricht dies zwar "nur" einem Plus von gut drei Prozent. Doch wer sagt, dass nicht noch mehr drin ist?



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Die Konjunktur brummt



Es gibt gute Gründe, warum die Hausse am deutschen Aktienmarkt noch längst nicht vorbei ist. Über allem steht eine Konjunktur, die sich in einer blendenden Verfassung präsentiert. So legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im vergangenen Jahr um beachtliche 1,9 Prozent zu. An diesem positiven Trend wird sich auch 2017 nichts ändern. Dafür sorgt allein schon die Binnenkonjunktur, die von einer niedrigen Arbeitslosigkeit und verhältnismäßig hohen Reallohnzuwächsen angetrieben wird. Der Ifo-Geschäftsklimaindex, der im April den höchsten Wert seit Sommer 2011 erreichte, deutet bereits auf ein sehr starkes Wachstum im ersten Quartal hin.

Deutschland profitiert aber auch von verbesserten Bedingungen in den Schwellenländern. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf China, der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt. Dort hat sich das Wachstum in den zurückliegenden beiden Quartalen wieder etwas beschleunigt. Von Oktober bis Dezember 2016 betrug das BIP-Plus 6,8 Prozent, im Auftaktviertel 2017 waren es sogar 6,9 Prozent.

Auch die geopolitischen Risiken - insbesondere in Europa - nahmen zuletzt spürbar ab. Die Sorgen, dass sich bei den Parlamentswahlen in den Niederlanden und Frankreich die Eurogegner durchsetzen könnten, haben sich nicht bewahrheitet. Nun steht am 24. September noch der Urnengang in Deutschland an, wo allerdings keine negativen Überraschungen zu erwarten sind. Eine hundertprozentige Entwarnung kann auf politischer Ebene aber noch nicht gegeben werden. In Italien, wo die Zustimmung der Bürger zur Gemeinschaftswährung eher gering ist, muss bis spätestens Mai 2018 neu gewählt werden.

Apropos Währung: Die anhaltend niedrigen Zinsen auf dem alten Kontinent machen den Euro günstig und sorgen für einen florierenden Außenhandel. Ein Trendwechsel ist nicht in Sicht: Während in den USA in diesem Jahr noch mit zwei Leitzinserhöhungen gerechnet wird, hält die Europäische Zentralbank an ihrer äußerst expansiven Geldpolitik fest. Ein Umstand, der letztlich auch die Unternehmensergebnisse anschiebt.

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Steigende Gewinne treiben Kurse



Die zu Ende gehende Berichtssaison hat eindrucksvoll gezeigt, dass sich Deutschlands Großkonzerne in blendender Verfassung befinden. Knapp drei Viertel der DAX-Mitglieder konnten die Gewinnerwartungen übertreffen. Fast jedes fünfte Unternehmen hat die Prognose für das Gesamtjahr angehoben. "Sollten die Unternehmensgewinne ihre Dynamik beibehalten, sollte der DAX weitere Rekorde aufstellen", konstatieren die Experten von M.M. Warburg. In einer aktuellen Studie rechnen sie vor, dass jeder KGV-Punkt mittlerweile rund 1000 Punkte im DAX bedeutet. Geht die Bewertung also noch einen Tick nach oben, ist den Warburg-Analysten zufolge ein Indexstand von 14 000 Zählern möglich.

Ähnlich sieht das DZ-Bank-Experte Christian Kahler, der sich bis zum Jahr 2019/20 ein ebenso hohes Niveau vorstellen kann. "Das Gewinnwachstum sollte sich 2017/18 beschleunigen, sodass die Aktienmärkte ihren Aufschwung trotz teils hoher Bewertung und geopolitischer Risiken fortsetzen sollten", sagt Kahler.

Als fünfter und letzter Grund, warum der Gipfelsturm des DAX anhalten könnte, ist die Charttechnik zu nennen. Wie eingangs erwähnt, wurde in den vergangenen Wochen neues Terrain betreten. Auch wenn sich aktuell leichte Überhitzungserscheinungen zeigen, dürfte die Reise in höhere Kursregionen noch andauern - Barrieren sind momentan nicht auszumachen. Erst bei der psychologisch wichtigen Marke von 13 000 Zählern wird es wieder spannend. Runde Zahlen erweisen sich auf dem Weg nach oben oft als klassische Widerstände. Sind diese dann aber überwunden, mutieren sie in der Regel schnell zu Unterstützungen, wie es sich zuletzt bei der 12 000er-Marke zeigte. Und eine Absicherung nach unten kann bei einer Gipfelexpedition keinesfalls schaden.

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BMW-Aktie: Partystimmung in Blau-Weiß



BMW kommt derzeit aus dem Feiern nicht mehr raus. Nach dem 100-jährigen Firmenjubiläum 2016 knallen die Korken dieses Jahr in Dingolfing. Europas größtes BMW-Werk wird nämlich 50. Die Erfolgsgeschichte des Konzerns ist eng mit der Produktionsstätte in Niederbayern verbunden. Dort werden unter anderem die hochprofitablen Nobelschlitten der 5er- und 7er-Serie gefertigt, von denen alle 36 Sekunden einer vom Band rollt.

Ein hohes Tempo schlugen die Münchner auch zu Beginn dieses Jahres an. Umsatz, Absatz und Gewinn stiegen deutlich an. Da erscheint der bestätigte Ausblick arg konservativ. Der Autobauer erwartet für 2017 lediglich einen leichten Zuwachs bei den Auslieferungen, den Erlösen im Segment Automobile und beim Konzernergebnis vor Steuern. Infolgedessen könnte es dieses Jahr noch zu positiven Überraschungen kommen, die auch die Aktie antreiben könnten.

Mittelfristig stehen die Chancen ebenfalls gut, dass der Konzern voll in Fahrt bleibt. Zum einen geht BMW davon aus, auch 2017 der weltweit führende Hersteller von Premiumfahrzeugen zu bleiben (zumindest, wenn die Marke Mini mit eingerechnet wird). Zum anderen ist der Konzern bei den Zukunftstrends Elektromobilität, Digitalisierung und autonomes Fahren vorn dabei.

Zum Beispiel konnte BMW den E-Auto-Absatz im ersten Quartal auf knapp 20 000 Einheiten verdoppeln. Vor dem Hintergrund möglicher Elektroauto-Quoten in China dürfte die Marke BMW i auch künftig in der Erfolgsspur bleiben.

An der Börse fährt die BMW-Aktie dagegen seit längerer Zeit hinterher. Angesichts der guten operativen Aussichten, der moderaten Bewertung und der hohen Dividendenrendite bietet der Titel eine Einstiegsgelegenheit.





Fresenius-Aktie: Hohe Gewinnziele, hohe Kurschancen



"Aller guten Dinge sind vier" lautet die Erfolgsformel bei Fresenius. Der Bad Homburger Gesundheitskonzern befindet sich mit seinen Geschäftseinheiten Fresenius Medical Care (FMC), Kabi, Helios und Vamed bereits seit vielen Jahren auf Erfolgskurs. Seit weit mehr als einem Jahrzehnt klettern Umsatz und Gewinn kontinuierlich nach oben.

Das Berichtsjahr 2017 wird sich unzweifelhaft in den positiven Trend einfügen. 19 Prozent Umsatzwachstum sowie ein operativer Ergebnisanstieg (Ebit) von 27 Prozent sprechen eine eindeutige Sprache. Der Großteil der Profite stammt von dem ebenfalls börsennotierten Dialysespezialisten FMC.

Als eines der wenigen DAX-Unternehmen hob Fresenius die Gewinnziele für das laufende Geschäftsjahr schon nach dem ersten Quartal an. Die Hessen profitieren stark von ihrer im vergangenen Jahr angestoßenen anorganischen Expansion.

2016 sorgte Vorstandschef Stephan Sturm mit der Übernahme der spanischen Klinikkette Quirónsalud für gut 5,7 Milliarden Euro sogar für die größte Akquisition der Firmengeschichte. Hinzu kommen noch die jüngsten Zukäufe: der US-Generikahersteller Akorn sowie das Biosimilarsegment der deutschen Merck.

Wie es sich für einen Dividendenaristokraten gehört, schraubte Fresenius trotz der milliardenschweren Übernahmen die Gewinnbeteiligung für die Aktionäre 2016 erneut nach oben. Im Einklang mit höheren Ergebnissen soll sich dieser Trend auch in den Folgejahren fortsetzen.

Aus charttechnischer Sicht steht die Ampel für den Titel ebenfalls auf Grün, nachdem der Kurs im Zuge des guten Zwischenberichts den hartnäckigen Widerstand bei 75 Euro endlich aus dem Weg räumen konnte.





Infineon-Aktie: Heiß begehrte Chips aus Bayern



Die Zeit des Jammerns ist vorbei: Laut dem Marktforscher Gartner hat der Halbleitermarkt wieder in den Wachstumsmodus geschaltet. Nach einem noch etwas zurückhaltenden Anstieg um 1,5 Prozent im vergangenen Jahr sagen die Experten für 2017 ein weltweites Plus von 7,2 Prozent voraus. "Der Umschwung, der Ende des zweiten Quartals 2016 begonnen hat, wird an Kraft gewinnen, und wir erwarten, dass die verbesserten Bedingungen über das ganze Jahr anhalten", lautet die Prognose von Gartner-Analyst Ganesh Ramamoorthy.

Für Infineon ist das noch nicht genug. Im abgelaufenen Quartal steigerten die Münchner ihre Erlöse sogar um zehn Prozent auf 1,7 Milliarden Euro. Der Konzern profitiert derzeit vor allem vom boomenden Automobilgeschäft. Aber auch die Nachfrage nach Industrieanwendungen, Stromversorgungen und Haushaltsgeräten zieht laut Vorstandschef Reinhard Ploss spürbar an.

Aufgrund einer überraschend stabilen Auftragslage sieht er zudem kein Ende dieses Trends. Die operative Umsatzrendite soll im laufenden Quartal von zuletzt 16,8 auf 17,5 Prozent steigen. Folglich sollte Infineon auch die erhöhte Prognose für 2016/17 (30. September), welche eine Erlössteigerung von acht bis elf Prozent und eine Umsatzrendite von 17 Prozent vorsieht, relativ locker erreichen können.

Die Konsensschätzungen gehen zwischen 2016 und 2018 von einem durchschnittlichen Gewinnwachstum je Anteilschein von 22,7 Prozent pro Jahr aus. Demgegenüber steht ein 2018er-KGV von lediglich knapp 19. Für die Aktie sprechen aber nicht nur die guten Fundamentaldaten, bei Infineon schwingt zudem immer etwas Übernahmefantasie mit.





SAP-Aktie: Nicht mehr weit bis "Wolke dreistellig"



Bereits seit vielen Jahren befindet sich SAP nun in einem Transformationsprozess. Nicht mehr der Verkauf von Softwarelizenzen steht im Vordergrund, sondern die Vermietung der Programme - Stichwort Cloud. Dass ein derartiger Strategieschwenk Geld verschlingt, versteht sich fast von selbst. Von Margen jenseits der 30-Prozent-Marke auf Basis des IFRS-Ergebnisses wie zuletzt 2011 mussten sich die Walldorfer seither verabschieden.

Die Wende ist auch noch nicht ganz geschafft. Im Gegenteil: Im ersten Quartal musste SAP noch einmal einen größeren Dämpfer einstecken. Der unbereinigte operative Gewinn sank aufgrund steigender Entwicklungskosten für neue Cloud-Software sowie höherer Marketingaufwendungen um 17 Prozent. Belastend hinzu kommen in diesem Jahr noch Restrukturierungskosten wegen des Umbaus der Belegschaft.

Anleger sollten sich davon aber nicht abschrecken lassen, denn SAP befindet sich bereits am Ende der Übergangsphase. Dies zeigt sich vor allem an dem schnell wachsenden Geschäft mit der "Wolke". Zwischen 2010 und 2016 haben sich die Cloud-Subskriptions- und -Supporterlöse mehr als verzehnfacht. Im Zuge des starken Wachstums gewinnt der Marktführer für Firmensoftware Marktanteile hinzu. Laut Finanzchef Luka Mucic werden sich die Bemühungen bereits ab 2018 bezahlt machen.

Dann soll nicht nur der Umsatz, der dieses Jahr von Januar bis März um beachtliche zwölf Prozent anstieg, weiter dynamisch zulegen. Auch stellt der Vorstand eine steigende operative Marge in Aussicht.

Spätestens im zweiten Halbjahr dürfte dieses Thema an der Börse an Relevanz gewinnen und den Aktienkurs in dreistellige Sphären katapultieren.





Siemens-Aktie: Spannung auf allen Ebenen



Bis dato ist das Geschäftsjahr 2016/17 (30. September) ein voller Erfolg für Siemens. Der Konzern, der sich gerade zum digitalen Industrieunternehmen wandelt, konnte die Erwartungen der Finanzgemeinde klar übertreffen. Zudem haben die Münchner ihre Ziele für das Gesamtjahr bereits zweimal nach oben angepasst. Der aktuelle Plan sieht vor, dass der Überschuss auf bis zu 6,5 Milliarden Euro zulegen soll, ein Plus von 16 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Neu an dieser Prognose ist, dass die Integrationskosten für den Kauf des US-Softwarespezialisten Mentor Graphics sowie die Fusion der Windkraftsparte mit Gamesa mit eingerechnet sind.

Apropos Fusion: Siemens könnte schon bald mit seiner Medizintechniksparte einen ähnlichen Weg gehen. Finanzvorstand Ralf Thomas hält einen Zusammenschluss der Sparte mit einem bereits an der Börse gelisteten Unternehmen ebenso für möglich wie den Verkauf neuer Aktien am Markt oder eine Übertragung der neuen Papiere an die Siemens-Aktionäre wie zuletzt bei Osram. Für welche Variante sich das Management auch entscheiden wird - fest steht, dass die Spekulationen darüber die Siemens-Aktie in Schwung halten dürften.

Rückenwind bekommt der Titel auch vom derzeit guten Geschäftsverlauf. Dass sich daran so schnell nichts ändern wird, zeigen jüngste Erfolge beim Auftragseingang. Beispielsweise erhielt die Medizintechniksparte einen Rahmenvertrag vom US-Verteidigungsministerium für Radiologiesysteme mit einem Volumen von bis zu 4,1 Milliarden Dollar. Alles in allem beste Voraussetzungen für die Siemens-Aktie, um die im Vergleich zum DAX überdurchschnittliche Performance fortzusetzen.





Volkswagen-Aktie: Vertrauen verspielt, Vertrauen gewonnen



Gut eineinhalb Jahre sind vergangen, seit die US-Umweltbehörde publik machte, sie habe Beweise für Manipulationen von Abgaswerten durch Volkswagen. Das kostete nicht nur mehr als die Hälfte der Börsenkapitalisierung, die Wolfsburger haben auch jede Menge Vertrauen verspielt.

Doch selbst wenn "Dieselgate" noch immer nicht ganz vom Tisch ist, scheint die Zuversicht unter den Investoren wieder zuzunehmen. Und dies hat einen einfachen Grund: Anders als von vielen vermutet, bleiben die Verkaufszahlen hoch. Die Autoauslieferungen zogen im vergangenen Jahr trotz des Abgasskandals um 3,7 Prozent auf 10,3 Millionen Einheiten an. Für 2017 geht der Vorstand von weiteren Steigerungen aus.

Und auch der Gewinn kommt wieder in Schwung. Im ersten Quartal erreichte der Konzern eine operative Marge von beachtlichen 7,8 Prozent. Damit befindet sich VW bereits im Zielbereich von sieben bis acht Prozent, der von der Führung erst für das Jahr 2025 ausgegeben wurde. Fürs Gesamtjahr wird zwar nur eine Spanne von sechs bis sieben Prozent angepeilt, was aber im Vergleich zu 2016 (3,3 Prozent) ebenfalls eine enorme Verbesserung bedeutet. "Der Großteil der Belastungen aus dem Dieselskandal dürfte bereits verdaut sein", glaubt auch Nord-LB-Analyst Frank Schwope.

Zudem geht der Experte davon aus, dass Volkswagen aufgrund seiner starken Position in China 2017 - 35,7 Prozent der Fahrzeuge werden derzeit im Reich der Mitte verkauft - mit rund 10,5 Millionen Fahrzeugen größter Automobilhersteller der Welt vor Toyota bleiben wird.

Infolgedessen dürfte sich die Erholung der Aktie - wenn auch wie zuletzt unter größeren Schwankungen - weiter fortsetzen.