Letztlich war die Nachfolge rasch geklärt. Nachdem der 65 Jahre alte Shinzo Abe Ende August aus gesundheitlichen Gründen überraschend seinen Rücktritt als japanischer Premier angekündigt hatte, wurde Yoshihide Suga schnell als neuer Regierungschef gehandelt. Am vergangenen Montag ist der 71-Jährige zum Vorsitzenden der Liberaldemokratischen Partei (LDP) gekürt worden. Die Wahl zum Premierminister am 16. September galt wegen der Mehrheit der LDP im maßgeblichen Unterhaus des Parlaments dann nur noch als Formsache.
Suga war seit der Wahl Ende 2012 fast acht Jahre lang als Kabinettssekretär die rechte Hand von Abe. Er will dessen Politik nun fortsetzen. Für die einen verspricht dies begrüßenswerte Kontinuität. Andere Beobachter verweisen darauf, dass neue Impulse von Suga erst einmal kaum zu erwarten seien.
An der Fortsetzung der Abenomics auch ohne Shinzo Abe dürfte allein schon wegen des Konjunktureinbruchs infolge der Corona-Pandemie kein Weg vorbeiführen. Die nach Abe benannte Wirtschaftspolitik setzt auf die Mischung aus einer extrem lockeren Geldpolitik der Zentralbank, einer schuldenfinanzierten Fiskalpolitik des Staats sowie Deregulierung.
Gemischte Abenomics-Bilanz
Die großen Hoffnungen, die am Anfang mit den Abenomics verbunden wurden, haben sich allerdings kaum erfüllt. Die Bilanz falle bestenfalls gemischt aus, sagt DZ-Bank-Ökonom Wolf Rütger Teuscher. Das Wirtschaftswachstum habe nur temporär beschleunigt werden können. Nachhaltige Strukturreformen seien in enttäuschender Weise zu kurz gekommen. Abes Politik habe das Land immer- hin aus der Dauerdeflation gebracht. Wobei das Inflationsziel von zwei Prozent allerdings in weiter Ferne blieb.
Als wichtigen Erfolg von Abe verbucht Luke Barrs von Goldman Sachs Asset Management die Reformen bei der Corporate Governance, die zu mehr Unabhängigkeit der Aufsichtsräte sowie besseren strategischen Entscheidungen und höheren Renditen für Aktionäre in Form von Dividenden und Aktienrückkäufen geführt hätten.
Investmentstratege John Vail von Nikko Asset Management sieht hier auch einen Grund für die Käufe von US-Investorenlegende Warren Buffett am japanischen Aktienmarkt. Seine Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway ist in den vergangenen Monaten bei fünf großen Handelshäusern - Itochu, Marubeni, Mitsubishi, Mitsui und Sumitomo - eingestiegen, die vor allem im Energie- und Rohstoffbereich aktiv sind. "Buffett demonstriert damit sein Vertrauen in die unternehmerischen Fähigkeiten der ausgewählten Firmen, aber auch in die japanische Rechnungslegung und Corporate Governance im Allgemeinen", stellt Vail fest.
Hoffen auf den Buffett-Schub
Buffett bleibe zudem seiner Maxime treu, Value-Aktien zu einem Zeitpunkt zu kaufen, an dem diese noch wenig gefragt seien. "Das Investment dürfte andere Anleger inspirieren und sie dazu bringen, sich zu fragen, ob er noch andere Sektoren in Japan ins Visier nehmen könn- te", meint Vail. Schließlich passe die Charakterisierung "ungeliebte Value-Titel" auf einen Großteil des japanischen Aktienmarkts.
Im Rahmen der Corporate-Governance-Bemühungen sei es ein Zeichen des Vertrauens in die Zukunft, wenn Unternehmen ihre Dividenden nicht kürzten. Bei den fünf Handelshäusern habe sich diese Strategie ausgezahlt. "Sie haben die Dividende auf Rekordniveau gehalten und damit bewiesen, dass sie Vertrauen ins Unternehmen haben und sich um die Aktionäre kümmern", sagt Vail. Dank dieser Zielsetzung und wegen des Bemühens um die anhaltende Gunst Buffetts dürften ihre Dividenden hoch bleiben.
Der Buffett-Schub löse zwar nicht alle Probleme, dürfte aber einen echten Wendepunkt für japanische Aktien markieren, meint Vail: "Niemand kann jetzt mehr mürrisch urteilen, ohne dass die Antwort lautet: Buffett ist anderer Meinung!"
Vom neuen Premier Suga erwartet Vail, dass er bestimmte Reformen eher vorantreiben könnte als Abe. Die Förderung der Digitalisierung der Wirtschaft und die Modernisierung der Regionalbanken dürften dazu gehören, aber auch ein verstärkter Preiswettbewerb bei Telekommunikationsdiensten. Dan Carter von Jupiter Asset Management erinnert in diesem Zusammenhang an kritische Äußerungen von Suga zu den hohen Preisen im Telekommunikationssektor.
Erst mal die Krise managen
Die nächsten regulären Wahlen zum Unterhaus sind für Oktober 2021 vorgesehen. Über einen vorgezogenen Urnengang wird nun jedoch eifrig spekuliert. Stratege Barrs von Goldman Sachs erwartet auch für diesen Fall, dass die LDP erfolgreich sein würde und weiter die Regierung stellen könnte. Das liege auch an der recht schwachen Opposition im Land.
Bei Nikko Asset Management hält man vorgezogene Wahlen in den nächsten Monaten indes für unwahrscheinlich, weil die Wähler dies während der Corona-Krise nicht gutheißen würden. Manage Suga die Krise erfolgreich - vor allem in den Monaten vor der Entscheidung über die Olympischen Spiele und die Paralympischen Spiele in Tokio - dürfte er nach Vails Einschätzung aber von einem Übergangskandidaten zur bestimmenden Figur der Unterhauswahlen im Oktober des nächsten Jahres werden.
Erfolgreicher Ansatz: Der Comgest-Fonds zählt seit Langem zu den erfolgreichsten Produkten für Aktien aus Japan. Ins Portfolio kommen Qualitätsunternehmen mit langfristigem Wachstumspotenzial.