Die globale Konjunktur lahmt, die wichtigsten Frühindika­toren trüben sich ein. Volkswirte weltweit senken die Wachstumsprognosen für die wichtigsten Wirtschaftsräume. Nun ist unlängst auch noch die US-Zinskurve invertiert, die kurzfristigen US-Zinsen lagen also höher als die langfristigen. In der Vergangenheit war das oftmals ein zuverlässiger Indikator für eine Rezession in den kommenden Monaten bis Jahren.

Kein Zweifel: Die Wirtschaftsnachrichten sprechen aktuell eher für eine trübe Stimmung als für Zuversicht oder gar Ausgelassenheit an den Börsen. Sicherlich gibt es für Aktieninvestoren angenehmere Zeiten. Mittlerweile gehen die Analysten nicht mehr davon aus, dass die globalen Konzerne im laufenden Jahr in der Lage sein werden, nennenswerte Gewinnsteigerungen zu erwirtschaften. Vielmehr deutet vieles auf Stagnation hin. Umso bemerkenswerter ist es, dass die Aktienkurse, nicht nur, aber vor allem in den USA, diese Schlagzeilen einfach "abschütteln".

Warum ist das so? Wenn die Gewinne der Unternehmen nicht mehr steigen, dann muss man sich zweierlei vor ­Augen führen: Erstens handelt es sich in der Regel um aggregierte Zahlen, also um die Addition der Gewinne aller Unternehmen. Und zweitens: Auch wenn die Gewinne in Summe nicht mehr steigen, so schrumpfen sie bislang auch nicht, sondern bleiben stabil.

Es gibt noch genug Konzerne, die ihre Profite ausbauen


Bei vielen wachsen die Gewinne aber, und zwar beträchtlich. Die Rezessionsangst mag viele Marktakteure erfasst ­haben, doch die Kunden von Walmart und Estée Lauder zählen ausweislich der jüngsten Quartalszahlen definitiv nicht dazu. Es gibt noch mehr als genug Konzerne, die ihr Geschäft und ihre Profite erfolgreich ausbauen.

Es ist eine Binsenweisheit, aber man kann sie nicht oft genug wiederholen: Am Ende folgen die Kurse immer den Gewinnen. Steigen die Gewinne, steigen die Notierungen. Erfolg an der Börse hat, wer diese Gewinnentwicklung am besten vorhersagen kann - und zwar nicht in Summe, sondern für einzelne Unternehmen. Diese schlichte Wahrheit mag in Trumps Twittersturm und düsteren Wirtschaftszahlen manchmal verloren gehen. Wichtig sind die Schlagzeilen, die einen Trendwechsel andeuten. Das ist der Fall, wenn eine Nachricht mehr abbildet als nur einen neuen politischen Wasserstand, wenn sie handfeste Folgen für die Unternehmenswelt hat. Wenn sie ein Signal für etwas fundamental Neues ist und nicht das Hintergrundrauschen in einer überdrehten Welt. Wer das Signal erkennt, kann daraus ableiten, was es für die Verteilung der globalen Gewinnpools bedeutet.

Das gilt umso mehr, als wir in einer Phase des Umbruchs leben. Der Klimawandel ist zweifellos die zentrale Herausforderung unserer Zeit. Sie zu meistern, ist eine Kraftanstrengung. Der Klimawandel bietet aber auch immense Chancen. Denn Investitionen und Gewinne werden in den kommenden Jahren von CO2-intensiven Unternehmen abfließen und emissionsärmeren Alternativen zur Verfügung stehen. Rund um die Themenbereiche Klimaschutz und Energieeffizienz sind in den vergangenen Jahren brillante Geschäftsmodelle entstanden und es ist nicht absehbar, dass dieser Trend bricht. Nicht alle werden profitabel sein, aber die besten unter ihnen werden den Unternehmen der alten Welt gleichermaßen die Gewinne und die Investoren streitig machen - und sich an der Börse behaupten.

Gerade aus diesem Grund ist es essenziell, die fundamentale Wertpapieranalyse mit Expertenwissen rund um das Thema Nachhaltigkeit zu verzahnen. Nur so können emissionsarme Alternativen zu alten Technologien auf Herz, Nieren, vor allem aber auf ihre Zukunftsfähigkeit hin überprüft werden.

Für Aktieninvestoren, die ihr Handwerk verstehen, sind schwierige Zeiten oft gute Zeiten. Denn jetzt lassen sich die guten Geschäftsmodelle vergleichsweise günstig einkaufen, wenn nach einer schlechten Nachricht die Kurse mal wieder in die Knie gehen. Dazu bedarf es einer fundierten Expertise und mitunter auch mal eines guten Bauchgefühls, das man sich über die Jahre am Kapitalmarkt angeeignet hat. Das ist der Schlüssel zum Erfolg.

Kurzvita

Benjardin Gärtner
Leiter des Portfoliomanagements ­Aktien bei Union Investment
Der gelernte Bank- und Diplomkaufmann war zuvor bei der ­Deutschen Bank als Co-Head des deutschen Aktienteams tätig. ­Weitere Stationen verbrachte Gärtner bei der Allianz sowie bei Goldman Sachs. Union ­Investment ist die Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken und mit rund 350 Milliarden Euro ­verwaltetem Vermögen einer der größten ­deutschen Vermögensverwalter.