Erstaunlich gut lag Dietrich Denkhaus mit seinen Prognosen von März 2018 und März 2019: Er prognostizierte einen bis Frühjahr 2020 fallenden DAX und nannte ein Mindestziel von 10 000 Punkten sowie schlimmstenfalls eine Korrektur bis 8000 Zähler. Dort sind wir mit dem bisherigen Tief nahezu gelandet.
Börse Online: Mit der Herbstrally beim DAX haben Sie Ihre eigentlich blendende Prognose korrigiert und bereits die entscheidende Wende in den neuen Bullenmarkt ausgerufen. Wie sehr ärgert Sie das?
Dietrich Denkhaus: Die Signale waren stark genug, um das Negativszenario abzukürzen. Gern hätte ich die Schwäche schon im Herbst gesehen. Alles sehr ärgerlich. Im September hatte der DAX nach Unterschreiten der 200-Tage-Linie alles in der Hand, den Bärenmarkt fortzusetzen. Dann kam die Fed. Das Gegenteil passierte. Irritiert hat mich vor allem, dass die DAX-Konsolidierung von anderthalb Jahren für einen Bärenmarkt zu kurz war. Es fehlte ein finaler Ausverkauf als C-Welle, der jetzt vorliegt. Corona hat die Amplitude der Abwärtswelle verstärkt. So drastisch hätte es nicht kommen müssen.
Haben wir das DAX-Tief bereits gesehen?
Im großen Bild, ja. Das letzte Puzzlestück ist gefunden. Der DAX erreichte den sehr langfristigen Aufwärtstrend und strategische Unterstützungen. Ich werte den Absturz als fünfteilige C-Welle. Aus einer Dreiecksformation (Welle 4) heraus könnte sich über einen Test der Tiefs (Welle 5) eine Bodenformation ausbilden. Davon haben wir die schwächste Unterwelle 3 definitiv gesehen. Die letzte Wel- le 5 muss keine signifikant tieferen Tiefs produzieren, der Absturz an sich war bereits.
Vom Gefühl her sind die US-Indizes, insbesondere der Nasdaq 100, der noch deutlich über dem 2018er-Tief notiert, zu weit oben. Sehen Sie das genauso, und könnte das den DAX nicht noch massiv belasten?
Ob man mag oder nicht, die Nasdaq wird vermutlich Outperformer bleiben. Ich sehe keinen wesentlichen Einbruch mehr und die Korrektur als vollständig. Sorgenkinder wie Banken und Autos gibt es im Nasdaq nicht. Das Unterschreiten der Mehrjahrestiefs im europäischen Banken- und Autosektor war Signal für den Zusammenbruch. Wachstumssegmente mit genügend Liquiditätspuffer und hohem Anteil am Internethandel sind Gewinner der Krise, auch technisch. Nehmen Sie den TecDAX, der ebenso ein Eigenleben aufbaut. Das ist ein sehr positives Signal.
Bleiben Sie bei der Prognose, dass 2021 im DAX 18 000 Punkte drin sind?
Leider nein. Die 200-Tage-Linie und das Jahresendziel sind unterschritten. Das zweite Halbjahr wird aber positiv, ein kräftiger Rebound gen 12 000 Punkte ist wahrscheinlich. Vermutlich wird der DAX zwei Jahre kämpfen, um neue Hochs anzusteuern.
Wie sieht der DAX-Fahrplan für die kommenden Monate und Jahre aus?
Die Bodenbildung bis maximal Juni wird von einer Aufwärtswelle 1 abgelöst, die hochvolatil Richtung 12 000 Punkte geht. Zwischenkorrekturen enden um 10 000 Punkte, ein holpriger Pfad über zwei Jahre. Allzeithochs sehe ich erst in drei Jahren, die mit einem Kursfeuerwerk auf 18 000 Punkte und mehr unterlegt werden. Das ist der Beginn einer übergeordneten Aufwärtswelle 3, die acht Jahre Anstieg in Aussicht stellt. Zeitlich betrachtet, haben Aktienmärkte ihr ideales Tief in der seit 2018 laufenden A-B-C-Wellen-Korrektur mit der Corona-Krise ausgebildet.
Viele Leser interessieren sich für Gold. Ist der Einstieg in der Nähe des Siebenjahreshochs noch sinnvoll?
Gold sollte den bullishen Trend fortsetzen. Spätestens im Juni dürfte die Konsolidierung beendet werden. Ich erwarte Welle 3, eine dynamische Hausse über idealerweise drei Jahre mit Verdopplungspotenzial. Gold ist währungsbereinigt die stärkste Assetklasse 2020. Anleihen, Aktien und Internetwährungen haben das Nachsehen. Das Ratio Gold/Nasdaq deutet darauf hin, dass Gold auch vor der stärksten Aktienklasse liegen kann.