Den Anfang macht RTL: Am 5. Dezember steht beim Privatsender "2021! Menschen, Bilder, Emotionen" auf dem Programm. Zur besten Sendezeit wird Günther Jauch am Sonntagabend mit prominenten Gästen auf das Jahr zurückblicken. Während in den kommenden Wochen reihenweise solche TV-Formate laufen, kann auch an der Börse Bilanz gezogen werden. Noch ist zwar die eine oder andere Verschiebung möglich, im Großen und Ganzen dürften die Gewinner und Verlierer des Jahres aber feststehen.
Vor vier Wochen hat sich die Redaktion in einem Zertifikate Spezial (Ausgabe 44/2021) bereits mit dem unteren Ende der Performance-Tabelle beschäftigt. Dabei wurden Bonus-Papiere vorgestellt, mit denen Anleger teilgeschützt auf den Turnaround der "Gefallenen Engel" setzen können. Jetzt richten wir den Fokus auf die Spitzenreiter. Anleger, welche die Top-Performer im Depot haben, sind mit folgender Frage konfrontiert: "Soll ich die Gewinne mitnehmen oder dabeibleiben?" Viele andere zerbrechen sich den Kopf darüber, ob die Highflyer noch Potenzial haben und sich der Einstieg lohnt.
Eine Art Mittelweg weisen Zertifikate. Mit diesen Finanzvehikeln können sich Anleger die Börsengewinner ins Depot holen und dabei unterschiedlichste Strategien fahren. Wir haben die Kursrenner 2021 aus DAX, MDAX und SDAX zusammengetragen und jeweils für die Top-3-Aktien Derivate ausgewählt. Neben Bonus- und Discount-Zertifikaten handelt es sich dabei um Hebelpapiere.
DAX: Hebel und Bonus
Der Einsatz der letztgenannten, vergleichsweise spekulativen Gattung bietet sich beim Top-Performer 2021 aus dem DAX an. An der Spitze steht mit einem Plus von 62 Prozent Sartorius. Der Laborausrüster ist erst am 20. September im Zuge der Indexerweiterung in den DAX aufgestiegen. Trotz dieses Ritterschlags scheiterte die Aktie daran, nach oben über die runde Marke von 600 Euro auszubrechen. Angesichts der steilen Aufwärtsbewegung kann die Konsolidierung nicht schaden.
Die fundamentalen Treiber hinter der Rally von Sartorius sind intakt. Insbesondere die Corona-Pandemie schiebt die Geschäfte des 1870 gegründeten Unternehmens an. Sartorius stattet sowohl die für die Auswertung von Covid-19-Tests zuständigen Diagnostiker als auch die Entwickler und Hersteller von Impfstoffen mit Laborwaagen, Pipetten, Filtern oder Bioreaktoren aus. Selbst wenn die Pandemie endlich ihren Schrecken verlieren sollte, möchte Vorstandschef Joachim Kreuzburg weiter kräftig wachsen.
Vor diesem Hintergrund dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis die Sartorius-Aktie den Ausbruch schafft. Mutige Anleger können sich mit einem Mini-Future auf der Long-Seite positionieren. Das in der Tabelle auf Seite 42 aufgeführte Produkt partizipiert mit einem Hebel von aktuell 4,4 an steigenden Kursen. Mit 477,44 Euro liegt der Stop Loss unter der horizontalen Unterstützung im Bereich von 490 Euro. Gleichwohl drohen überproportionale Verluste, sobald der Basiswert unter Druck gerät. Sollte Sartorius die Schwelle berühren oder unterschreiten, verfällt der Mini-Future - Halter müssten sich mit einem kleinen Restwert begnügen.
Auf Platz 2 des DAX-Rankings konnte sich zuletzt Merck KGaA vorschieben. Beim Pharma- und Spezialchemiekonzern hat die Pandemie das Wachstum ebenfalls forciert. In Ausgabe 47/2021 haben wir ausführlich erklärt, wie Merck mit seinen drei Segmenten ein führendes Wissenschafts- und Technologieunternehmen des 21. Jahrhunderts werden möchte.
Eine Alternative zum dabei empfohlenen Aktienkauf bietet ein Bonus-Cap-Zertifikat. Mit 260 Euro entspricht der Höchstbetrag des Derivats dem Kursziel von BÖRSE ONLINE. Solange Merck nicht auf oder unter die Barriere von 180 Euro fällt, wird das Produkt in gut einem Jahr in dieser Höhe zurückbezahlt. Insofern ist die Gewinnchance von 15,2 Prozent durch einen Risikopuffer von knapp 15 Prozent teilgeschützt. Sollte das Polster nicht reichen, schaltet sich der Bonusmechanismus ab. In diesem Fall müsste der Basiswert bis zum Laufzeitende wieder auf oder über den Cap klettern, damit es beim skizzierten Gewinn bleibt. Gelingt dies nicht, liefert die Bank Vontobel als Emittentin eine Merck-Aktie je Zertifikat.
Bei klassischen Bonuszertifikaten gilt prinzipiell dieselbe Funktionsweise. Allerdings ist die Renditechance hier nicht auf den Höchstbetrag begrenzt, ein solches Derivat nimmt per Verfall vollumfänglich an steigenden Kursen teil. Bei beiden Varianten verzichtet der Anleger auf die Dividenden - sie werden vom Emittenten zur Finanzierung der skizzierten Funktionsweise verwendet.
Allein deswegen ist Daimler als Basiswert für eine Bonusstrategie interessant. Nach der Corona-bedingten Delle zeigt sich der Automobilkonzern wieder spendabel. Den aktuellen Schätzungen zufolge soll die Dividende für 2021 das Niveau der jüngsten Zahlung um rund 180 Prozent übertreffen. Möglich macht den Sprung eine starke operative Entwicklung. Sie hat die Daimler-Aktie, neben dem nahenden Börsengang der Lkw-Sparte, auf den dritten Platz der DAX-Tabelle gehoben. Jetzt stehen die Chancen gut, dass der Large Cap zum ersten Mal seit dem Frühjahr 1998 dreistellige Kurse erreicht.
Bei 100 Euro hat die DZ Bank die Bonusschwelle für ein im Oktober lanciertes Zertifikat fixiert. Daraus folgt: Solange Daimler bis Mitte Juni 2023 nicht die Barriere von 65 Euro reißt, wirft das Derivat mindestens 17,7 Prozent ab. Sollte die Autoaktie weiter beschleunigen und in das dreistellige Terrain rasen, würde die Rendite mit nach oben gehen.
Übrigens: Der Briefkurs des Zertifikats liegt knapp über dem aktuellen Wert von Daimler. Anleger müssen also nur ein kleines Aufgeld bezahlen. Hier macht sich neben der relativ langen Restlaufzeit die hohe Dividende bemerkbar. Bei Bonuszertifikaten, die früher fällig sind oder deren Basiswerte eher geringere Ausschüttungen leisten, kann es zu deutlichen Preisaufschlägen kommen. Ein Umstand, der die Renditechance schmälert und im Falle einer Barriereverletzung für einen vergleichsweise teuren Einstieg bei der zugrunde liegenden Aktie sorgt.
MDAX: Rabatt auf zwei Mid Caps
Neben Bonuspapieren zählen Discountzertifikate zu den beliebtesten Anlageprodukten am deutschen Derivatemarkt. Bei diesen Papieren ist der Höchstbetrag das zentrale Ausstattungsmerkmal. Notiert die zugrunde liegende Aktie am Laufzeitende auf oder über dieser Kursmarke, ist die Maximalrendite fix. Andernfalls buchen die Emittenten Anlegern in der Regel den Basiswert ins Depot. Gleichzeitig kommt der Discount ins Spiel. Solange der Basiswertkurs höher ausfällt als der für das Derivat bezahlte Preis, endet das Investment in den schwarzen Zahlen.
Interessante Konditionen bringt ein Rabattpapier auf Hugo Boss mit. Der Modekonzern ist für uns mit einem Kursdoppler die Nummer 1 im MDAX, da wir das eigentlich führende Unternehmen Zooplus wegen der anstehenden Übernahme außen vor lassen. Einen Discount von aktuell 8,8 Prozent räumt die Société Générale bei einem Zertifikat auf Hugo Boss ein. Der Cap liegt bei 60 Euro und damit ein gutes Stück über dem aktuellen Aktienkurs. Schafft es der Mid Cap bis zum Laufzeitende auf oder über diese Marke, wirft das Derivat 20,1 Prozent ab. Angenommen, Hugo Boss tritt im kommenden Jahr auf der Stelle, dann würde die Aktie mit einem Plus von knapp zehn Prozent im Depot auftauchen.
Zum Discounter greifen wir auch bei Nemetschek, der viertstärksten MDAX-Aktie des Jahres. Ausschlaggebend für diese Wahl ist die vergleichsweise hohe Volatilität des Bausoftware-Titels. Da Anleger bei dieser Derivategattung de facto als Verkäufer der impliziten Kursschwankungsbreite agieren, peppt diese Kennziffer die Konditionen auf. Natürlich gibt es an der Börse nichts geschenkt. Mit der stärkeren Volatilität geht auch ein höheres Risiko einher, dass der Basiswert die Laufzeit unter dem Cap beendet. Beim Produkt auf Nemetschek liegt der Höchstbetrag mit 100 Euro etwas unter der aktuellen Notierung. Die Seitwärtsrendite fällt dennoch prozentual zweistellig aus.
Beim zweitstärksten MDAX-Wert des Jahres, K + S, erhält ein Bonus-Cap-Zertifikat den Vorzug. Mitte November hat die Société Générale eine Neuemission auf den Düngemittelspezialisten an den Markt gebracht. Ohne Aufgeld geht es bei dieser Aktie zwar nicht, angesichts der Kombination einer Bonusrendite von 33 Prozent mit einem Risikopuffer von knapp einem Viertel ist die Prämie aber vertretbar.
SDAX: Heiße Wetten mit den Kleinen
Zum SDAX: An der Spitze des Small Cap Index steht SGL Carbon, obwohl der Grafitspezialist die Höchstkurse nicht halten konnte. Zuletzt ist die Aktie am Tag der Zahlenvorlage für das dritte Quartal am kurzfristigen Abwärtstrend abgeprallt. Dabei hatten die Hessen solide Ergebnisse präsentiert und die im Sommer erhöhte Prognose bestätigt. Offenbar bremst die Sorge, wonach der allgemeine Kostendruck dem Vorstand doch noch einen Strich durch die Rechnung machen könnte, die Aktie. Wer sich dieser Meinung anschließen möchte, kann mit einem Turbo Short auf weiter fallende Kurse setzen. Anders als beim Mini-Future entspricht der Knock-out dem Basispreis. Daher erleidet der Anleger einen Totalverlust, sobald SGL Carbon nach oben dreht und die Schwelle von aktuell 11,13 Euro erreicht.
Eine Hebelspekulation auf der Long-Seite erachten wir bei PVA Tepla als aussichtsreich. Das Technologieunternehmen zählt erst seit September zum SDAX und hat sich gleich auf Platz 2 der Jahreswertung geschoben. Zuletzt ist die PVA-Aktie an der Marke von 50 Euro abgeprallt. Gleichwohl blieb der technische Aufwärtstrend intakt. Da der Halbleiterausrüster dank eines prall gefüllten Auftragsbuchs weiter kräftig wachsen dürfte, trauen wir ihm einen Vorstoß bis 55 Euro zu. Unsere spekulative Alternative zum Kauf des Small Cap ist ein Turbo Long von HSBC.
Noch Anfang November hatte Eckert & Ziegler gute Chancen, das SDAX-Rennen für sich zu entscheiden. Doch dann drehte die Aktie des Medizintechnikunternehmens nach unten. Die Korrektur hat die Volatilität spürbar ansteigen lassen. Da Eckert & Ziegler zudem gerade versucht, im Bereich von 100 Euro einen Boden auszubilden, erachten wir auch hier ein Discount-Zertifikat für besonders interessant. Verteidigt die Aktie das dreistellige Terrain, ist die Maximalrendite von 18,1 Prozent fix. Stichtag ist der 16. Dezember 2022 - dann dürfte Günther Jauch bereits die Menschen des kommenden Jahres zu Gast gehabt haben.