Trotz zusätzlicher Kosten für die Neuaufstellung und Einbußen im wichtigen Investmentbanking verdiente Deutschlands größtes Geldhaus mehr als Experten ihm zugetraut hatten. Für Rückenwind sorgte, dass die Corona-Pandemie die Geschäfte weniger stark belastete als noch 2020 befürchtet worden war: Wie bei der Konkurrenz sank auch bei Deutschlands größtem Geldhaus die Risikovorsorge im Vergleich zum Vorjahreszeitraum kräftig. Die Anleger konnte die Bank trotz der längsten Gewinnserie seit 2012 nicht überzeugen. Mit einem Minus von mehr als sechs Prozent war die Aktie mit Abstand schwächster Wert im Leitindex Dax
Im Zeitraum Juli bis September erwirtschaftete die Bank unter dem Strich einen Gewinn von 194 Millionen Euro - ein Plus von sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Analysten hatten nur mit 135 Millionen Euro gerechnet. Die Erträge stiegen um zwei Prozent auf sechs Milliarden Euro.
Die Deutsche Bank steckt seit Jahren in einem umfassenden Umbau, bei dem ganze Abteilungen geschlossen, riskante Teile des Investmentbankings abgestoßen und umfassende Sparmaßnahmen angeschoben wurden. Bis 2022 sollen weltweit rund 18.000 Arbeitsplätze wegfallen. Im dritten Quartal kostete diese Transformation 583 Millionen Euro. Deshalb konnte die Bank ihren Kostensenkungskurs nicht fortsetzten: Die zinsunabhängigen Aufwendungen stiegen um vier Prozent auf 5,4 Milliarden Euro. "Insgesamt haben wir bereits 90 Prozent der erwarteten Belastungen durch die Transformation geschultert und sind auf bestem Weg, die Umbaukosten bis Ende des Jahres fast vollständig verdaut zu haben", schrieb Sewing in einem Brief an die Mitarbeiter. Er warnte aber zugleich: "Lassen Sie uns nicht den Fehler aus vergangenen Zeiten wiederholen: dass wir an Tempo verlieren, wenn wir gerade wieder in der Spur sind."
DEUTSCHE-BANK-AKTIE GRÖSSTER VERLIERER IM DAX
Die Rendite- und Kostenziele für 2022 bekräftigte der Konzernchef. Die Bank strebt für 2022 eine Nachsteuerrendite von acht Prozent an. Die Aufwand-Ertragsrelation soll dann bei 70 Prozent liegen. Das bedeutet, dass für jeden Euro Ertrag 70 Cent aufgewendet werden müssen. Diese Messgröße hatte Ende September noch bei 82 Prozent gelegen. Auch bei dem Ziel, 2022 Erträge von mindestens 25 Milliarden Euro zu erzielen, sieht sich das Geldhaus im Plan. Dazu trügen unter anderem ein über den Erwartungen liegendes Kreditwachstum und stärkere Zuflüsse in der Vermögensverwaltung bei, sagte Finanzchef James von Moltke. Dazu komme ein im Ganzen wieder günstigeres Zinsumfeld. "Das hilft uns auch im nächsten Jahr."
Nord/LB-Analyst Michael Seufert erklärte, das Geldhaus habe zwar die Schätzungen der Analysten schlagen können. Der Markt habe aber nach den starken Zahlen der US-Banken auf eine höhere Dynamik gehofft. Die Investoren schienen den Prognosen noch keinen echten Glauben zu schenken, meinte Konstantin Oldenburger, Analyst bei CMC Markets. Positiv äußerten sich die Analysten des US-Bankhauses JP Morgan: "Insgesamt halten wir die Ergebnisse für stark und glauben, sie signalisieren, dass die Deutsche Bank auf dem richtigen Weg ist, um ihre strategischen Ziele zu erfüllen."
RISIKOVORSORGE GESUNKEN
Zugute kommt der Bank, dass sie weniger Vorsorge treffen musste für faule Darlehen als noch 2020. Die Risikovorsorge im Kreditgeschäft sank im dritten Quartal um 57 Prozent auf 117 Millionen Euro. Im wichtigen Investmentbanking gingen die Erträge allerdings um sechs Prozent auf 2,2 Milliarden Euro zurück. Im vergangenen Jahr hatte die Bank im Zuge der Pandemie noch von einer außergewöhnlich hohen Nachfrage nach Finanzprodukten von Unternehmen und Staaten profitiert. Im Geschäft mit Anleihen und Währungen, einem Kerngeschäft des Frankfurter Instituts, sanken die Erträge um zwölf Prozent. Dagegen nahmen die Erlöse im Emissions- und Beratungsgeschäft um 22 Prozent zu. Zu den Geschäften im Investmentbanking im Oktober sagte Sewing, die Aktivitäten seien sehr robust.
Die Erträge im Geschäft mit Unternehmenskunden blieben im dritten Quartal stabil. In der Privatkundenbank sanken die Erlöse um zwei Prozent auf 2,0 Milliarden Euro. Kräftige Zuwächse gab es dagegen in der Vermögensverwaltung: Hier legten die Erlöse um 17 Prozent zu. Die Sparte verzeichnete inzwischen das sechste Quartal in Folge Nettozuflüsse.
Auf der anderen Seite des Atlantiks hatten die großen US-Rivalen unlängst starke Quartalszahlen vorgelegt. Sie profitierten von der Konjunkturerholung und sprudelnden Einnahmen mit der Beratung von Fusionen und Übernahmen. Beim US-Branchenprimus JP Morgan stieg der Gewinn im Sommerquartal um 24 Prozent, bei Morgan Stanley um 38 Prozent. Amerikas führende Investmentbank Goldman Sachs verbuchte gar einen Gewinnschub von 63 Prozent.
rtr