Die Hauptversammlung der Deutschen Bank am 23. Mai droht zu einem Scherbengericht zu werden. Die einflussreichen Stimmrechtsberater Glass Lewis und Institutional Shareholder Services (ISS) haben den Aktionären des größten deutschen Geldhauses empfohlen, Vorstand und Aufsichtsrat nicht zu entlasten. Insbesondere Aufsichtsratschef Paul Achleitner könnte damit ein ähnliches Schicksal ereilen wie Bayer-Chef Werner Baumann vor zwei Wochen oder die UBS-Führung. Mit Baumann ist erstmals einem amtierenden DAX-Chef die Entlastung verweigert worden.

Der Aufsichtsrat der Bank war bereits im vergangenen Jahr nur mit einem relativ knappen Ergebnis von 84 Prozent entlastet worden, die Vorstände mit 94  Prozent. Damals hatte sich aber insbesondere der einflussreiche Berater ISS noch für eine Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat ausgesprochen. Nun ist auch ISS umgeschwenkt.Der Stimmrechtsberater begründete die Empfehlung in einem Bericht an die Aktionäre damit, dass sich die Führungsgremien der Bank "für viele Jahre mit erheblichen Belastungen für Finanzen und Reputation" verantworten müssten.

"Noch nie so weit gegangen"


Nach den Empfehlungen der Stimmrechtsberater richten sich mittlerweile die meisten Großinvestoren und Fonds insbesondere angelsächsischer Herkunft. Laut einem Reuters-Bericht stört sich ISS insbesondere an der Geldwäsche-Razzia bei der Bank im vergangenen November. Auch dass die Finanzaufsicht Bafin einen Sonderaufpasser in die Bank geschickt hat, komme demnach nicht gut an. Man sei noch nie so weit gegangen, die Nichtentlastung zu empfehlen. "Ab einem bestimmten Zeitpunkt sollten die Aktionäre aber ihren Bedenken Gehör verschaffen."

Die Bank hat die Vorwürfe inzwischen zurückgewiesen. Sie spiegelten "nicht die aktuelle Situation unserer Bank und ihrer Kontrollsysteme wider". Eine Nichtentlastung hat zwar keine unmittelbaren rechtlichen Folgen, gilt aber als klares Misstrauensvotum seitens der Anteilseigner. Bei Bayer erklärten anschließend maßgebliche Investoren, sie setzten weiter auf eine Zusammenarbeit mit dem amtierenden Vorstand. Die Nichtentlastung wollten sie als Denkzettel verstanden wissen.

Im Gegensatz zur Deutschen Bank kann sich die Commerzbank auf eine ruhigere Hauptversammlung einstellen. ISS und Glass Lewis stellten sich hier hinter das Management und sprachen sich für eine Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat auf der Hauptversammlung am 22. Mai in Wiesbaden aus. Glass Lewis bezeichnete den Kursverfall der Commerzbank-Aktie zwar als enttäuschend. Es gebe jedoch keine Anhaltspunkte, dass der Vorstand seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen sei.