Dabei gehe es auch darum, ob Geschäfte mit Vertrauten von Russlands Präsident Wladimir Putin gemacht wurden und ob die Bank intern geeignete Vorkehrungen getroffen habe, um solche Sanktionsverstöße zu verhindern. Außerdem stehe die Frage im Raum, ob die Bank die Regulierer korrekt informiert habe.

Rund um den Globus gehen Ermittler dem Verdacht nach, dass russische Kunden über die Deutsche Bank Rubel-Schwarzgeld im Wert von mindestens sechs Milliarden Dollar gewaschen haben. Mehrere Mitarbeiter in der Moskauer Niederlassung wurden deshalb vor die Tür gesetzt. Einer davon ist der ehemalige Chef-Händler in Russland, Tim Wiswell, der juristisch gegen seinen Rauswurf vorgeht.

Seine Anwältin hatte vor kurzem bereits den Verdacht geäußert, dass ihr Mandant deshalb gefeuert wurde, weil er Geschäfte mit einem Kunden gemacht habe, der Personen nahestehe, gegen die wegen des russischen Vorgehens in der Ukraine Sanktionen verhängt wurden. Die Bank hatte Wiswells Vorwürfe als unbegründet zurückgewiesen.

Am Montag bekräftigte die Deutsche Bank, die Aufklärung dubioser Geschäfte zwischen Moskau und London stehe im Vordergrund. Sie arbeite mit den Behörden zusammen, habe bereits disziplinarische Maßnahmen getroffen und werde das gegebenenfalls weiterhin tun, sagte ein Sprecher. An der Börse sorgten die Nachrichten dennoch für Verunsicherung: Die Deutsche-Bank-Aktie gab im Vormittagshandel knapp zwei Prozent nach und war damit Schlusslicht im Leitindex Dax.

ANGST VOR DER RECHNUNG



Die im Juni bekannt gewordene Russland-Affäre ist ein schwerer Rückschlag für die Deutsche Bank, die sich bereits vor drei Jahren einen "Kulturwandel" verordnet hat. Windige Geschäfte wie vor der Finanzkrise, die zu teuren Geldstrafen führen, sollten eigentlich ein für allemal der Vergangenheit angehören.

Das Thema Sanktionen ist für die Deutsche Bank nun in zweierlei Hinsicht brisant: Erstens sind die vom Westen, inklusive der Europäischen Union, verhängten Strafmaßnahmen gegen Russland noch relativ frisch - sie gehen auf die Ukraine-Krise 2014 zurück, wie die "FT" schreibt. Zweitens verhandelt die Deutsche Bank mit den US-Behörden schon länger über eine Einigung im Streit um mutmaßliche Sanktionsverstöße mit Ländern wie dem Iran.

Der Branchenprimus hatte Finanzkreisen zufolge gehofft, dieses Kapitel in Kürze abschließen zu können und mit einer Strafe davonzukommen, die unter den 1,45 Milliarden Dollar liegt, die die Commerzbank im März gezahlt hatte. Ob diese Rechnung nun aufgeht, ist ungewiss. Die Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten hat die Bank jüngst noch einmal erhöht. Auch deshalb hatte die Russland-Affäre im Aufsichtsrat für großen Ärger gesorgt, wie Insider berichteten.

Der neue Bankchef John Cryan, der im Juli die Nachfolge des glücklosen Anshu Jain angetreten hat, ist derzeit dabei, radikal aufzuräumen. Das Investmentbanking in Russland macht er nach den jüngsten Vorkommnissen dicht. Der bisherige Co-Chef des Investmentbankings, Colin Fan, hat die Bank in der vergangenen Woche kurzfristig verlassen, nachdem Cryan einen Vorstands- und Konzernumbau angekündigt hatte. An diesem Donnerstag will Cryan nun in allen Details die neue Strategie von Deutschlands größtem Geldhaus vorstellen.