Der Medienandrang im Gerichtssaal B 273 des Münchener Landgerichts war enorm, noch nie war ein Dax-Konzern so prominent - mit einem amtierenden und zwei Ex-Vorstandschefs - auf der Anklagebank vertreten. Die Beschuldigten gaben sich zum Prozessauftakt betont ernst und zurückhaltend.

Neben Fitschen gehören seine beiden Vorgänger an der Spitze von Deutschlands größtem Geldhaus, Rolf Breuer und Josef Ackermann, sowie mit Clemens Börsig und Tessen von Heydebreck zwei weitere Ex-Vorstände zu den Beschuldigten. Ihnen allen wird vorgeworfen, in den Jahren 2011 und 2012 im Verfahren um Schadenersatzforderungen von Kirch gelogen und sich deshalb des versuchten Prozessbetrugs schuldig gemacht zu haben. Im äußersten Fall drohen bis zu zehn Jahre Gefängnis. Fitschen, der stets seine Unschuld betont hat und um seine Ehre kämpfen will, trat vor Gericht gelassen auf. Mit ruhigem Blick in seine Unterlagen verfolgte er der Verlesung der 110-seitigen Anklageschrift.

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"TATPLAN"

Kirch, der 2011 starb, hatte die Deutsche Bank für den Zusammenbruch seines Medienimperiums 2002 verantwortlich gemacht, weil der damalige Deutsche-Bank-Chef Breuer in einem Interview Kirchs Kreditwürdigkeit angezweifelt hatte. Der Medienmogul verklagte die Bank auf zwei Milliarden Euro. Kernfrage in dem Schadenersatzprozess vor dem Oberlandesgericht München war, ob Breuer mit dem Interview beabsichtigte, der Bank lukrative Aufträge zur Zerschlagung der Mediengruppe zu verschaffen. Der Manager bestritt ein Interesse der Bank an solchen Aufträgen. Doch das damalige Gericht glaubte ihm nicht und sprach von einem Täuschungsversuch, obwohl Breuer Rückendeckung von seinen Vorstandskollegen bekam.

Im nun angelaufenen Strafprozess schilderte Staatsanwältin Serini das Vorgehen der Banker als Verschwörung, mit der Kirch um seinen Schadenersatzanspruch habe betrogen werden sollen. "Die Angeklagten begannen damit gemeinsam, den vom Angeklagten Dr. Breuer bereits zuvor gefassten und von ihm am 25.2.11 begonnenen Tatplan fortzuführen." Doch während Breuer, Ackermann, Börsig und Heydebreck falsch ausgesagt hätten, habe der amtierende Deutsche-Bank-Co-Chef vor Gericht mündlich nicht gelogen. "Fitschen hielt sich nicht an die zumindest stillschweigend geschlossene Vereinbarung", sagte Serini. "Der Angeklagte Fitschen machte bei seiner Anhörung vage und in sich nicht schlüssige Angaben." Er habe versucht, Falschaussagen zu vermeiden, ohne die Abwehrstrategie der Kollegen zu torpedieren.

Er sei jedoch an falschen schriftlichen Erklärungen beteiligt gewesen und habe Falschaussagen seiner Vorstandskollegen wider besseres Wissen nicht gestoppt. Damit habe er sich des schweren Betrugs mitschuldig gemacht.

Für die Deutsche Bank kommt der Prozess zur Unzeit. Deutschlands größtes Geldhaus steht gerade vor dem größten Umbau seit Jahren - die Postbank soll verkauft werden, die Investmentbank schrumpfen. Während der Konzern dafür die volle Mannschaftsstärke braucht, muss ausgerechnet Fitschen nun vorerst einmal pro Woche in München verbringen.

Reuters