Investoren und Aktionäre setzen darauf, dass der künftige Vorstandschef John Cryan bei der skandalgeplagten Bank aufräumt und für frischen Wind sorgt. "Er ist jemand, der auch durchsetzt, was er verspricht, oder die Ziele sogar übererfüllt", sagte einer der zehn größten Anteilseigner der Nachrichtenagentur Reuters. Der Brite sei der Richtige für den Top-Job. "Bei der Bank hat es in den vergangenen Jahren nicht an Visionen gemangelt, sondern an der Umsetzung."

Besonders beim drängenden Thema Kostensenkung, wo die unter Dauer-Kritik stehenden bisherigen Chefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen hinter den Erwartungen zurückblieben, werde Cryan konsequenter vorgehen, glauben viele. Der Investmentbanker hat sich als Finanzvorstand der Schweizer Großbank UBS von 2008 bis 2011 einen guten Ruf als Aufräumer erworben. "Er wird für einen Neustart sorgen", sagt Fondsmanager Guy de Blonay vom britischen Vermögensverwalter Jupiter Financial. Die Analysten der Citigroup verteilten Vorschusslorbeeren: Cryan sei hoch angesehen. Ihm könne es gelingen, die eingeschlagene Strategie besser umzusetzen und höhere Gewinne zu erzielen. "Wir glauben, dass die Deutsche Bank an einem Wendepunkt steht."

Einen radikalen Kurswechsel der Deutschen Bank erwarten Experten von Cryan allerdings nicht. Der 54-Jährige, der seit 2013 im Aufsichtsrat des Instituts sitzt, steht grundsätzlich hinter dem von Jain und Fitschen eingeleiteten Strategiewechsel, wie Bank-Insider betonen. Bei den Details hat der neue Mann an der Spitze aber Spielraum. Darauf setzen die Investoren, die den lange erwarteten Strategieentwurf von Jain und Fitschen auf der Hauptversammlung im Mai durchfallen ließen. "Wir haben viel weniger Liquidität, weil die Banken sich richtigerweise aus dem Investmentbanking zurückziehen. Ich würde es sehr begrüßen, wenn wir auch bei der Deutschen Bank mehr davon sehen würden", sagte der frühere Schweizer Notenbanker Philipp Hildebrand vom weltgrößten Vermögensverwalter Blackrock, dem mit sechs Prozent größten Aktionär der Deutschen Bank.

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Cryan könnte im Investmentbanking stärker durchgreifen. "Er tut sich bei Kürzungen im Investmentbanking sicher leichter als Jain, der die Sparte viele Jahre geleitet hat", sagt der Top-10-Aktionär. Auch andere Baustellen wie das Privatkundengeschäft in einigen südeuropäischen Ländern oder einen Verkauf des Anteils an der chinesischen Bank Hua Xia, könnte der neue Chef unbelastet beherzter angehen. Die Analysten von Berenberg geben zu bedenken, dass ein drastisches Schrumpfen der Investmentbank auch die Gewinne schrumpfen ließe. "Wir sehen derzeit nicht, dass alleine der Chefwechsel die Deutsche Bank langfristig wieder in die Erfolgsspur bringt."

Aufsichtsratschef Paul Achleitner setzt darauf, dass der als bescheiden und bodenständig geltende Cryan den "Kulturwandel" der Bank glaubhafter verkörpern kann als die vor drei Jahren angetretene Doppelspitze. Der neue Chef stehe "persönlich und beruflich für die Werte, die nötig sind, die Deutsche Bank voranzubringen", schrieb Achleitner in einem Brief an die rund 100.000 Mitarbeiter des Instituts.

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MIT JAIN GEFREMDELT



Jain und Fitschen hatten am Sonntag überraschend das Handtuch geworfen. Ausschlaggebend dafür war laut Insidern auch die heftige Kritik von Investoren auf der Hauptversammlung. 39 Prozent des anwesenden Kapitals - darunter große Investoren aus Deutschland und den USA - stimmten bei dem Aktionärstreffen Ende Mai gegen die Entlastung von Jain. Der gebürtige Inder hat viele Jahre die Investmentbank-Sparte der Deutschen Bank geführt, in der viele Altlasten und Rechtsstreitigkeiten ihren Ursprung haben. Bundeskanzlerin Angela Merkel war offenbar vorab davon informiert: "Ich hatte keinen Überraschungseffekt", sagte sie am Montag nach Abschluss des G7-Gipfels in Bayern. Sie habe aber ein Interesse daran, dass die Deutsche Bank erfolgreich arbeite. Dass Cryan bereits einige Zeit in Deutschland gearbeitet hat und deutsch spricht, dürfte auch bei der Politik gut ankommen, die mit Jain immer gefremdelt hatte.

In Teilen der deutschen Öffentlichkeit und auch in der Bank wurde Jain seit seinem Amtsantritt kritisch gesehen. Der Rückzug sei richtig, sagte Blackrock-Chef Larry Fink der "Financial Times". "Das Unternehmen verliert einen cleveren Kopf. Aber leider ging es in den Nachrichten zuletzt vor allem um ihn als Person."

Jain wird die Deutsche Bank bereits Ende Juni verlassen, der 67 Jahre alte Fitschen soll noch bis zur Hauptversammlung im Frühjahr 2016 bleiben, um eine geordnete Übergabe an Cryan sicherzustellen. Die Aktie der Bank hat seit ihrem Amtsantritt im Juni 2012 nur sechs Prozent zugelegt, der deutsche Leitindex Dax verzeichnete gleichzeitig ein Plus von 77 Prozent. Am Montag lag das Papier nach Börsenschluss 3,57 Prozent im Plus und war damit der einzige Dax-Gewinner.

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Nach dem Rücktritt der beiden Bankchefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen trat genau das ein, was Beobachter erwartet hatten: Der Aktienkurs des größten deutschen Geldhauses schoss am Montag vormittag um acht Prozent nach oben. Nur ein Führungswechsel - so die Meinung der Börsianer - konnte der Aktie und dem Bankhaus neuen Schwung bringen, und genau das ist jetzt passiert.

Dabei wirkt die Berufung eines Mitglieds des Aufsichtsrats wie eine Übergangslösung. Mit dem früheren UBS-Finanzchef, dem 54-jährigen Briten John Cryan, tritt ein ausgewiesener Investmentbanker die Nachfolge des erfolglosen Führungsduos an. Ein radikaler Kurswechsel ist von ihm nicht zu erwarten - im Gegenteil. Er wird vielmehr die kürzlich eingeleitete strategische Neuausrichtung des Geldhauses umsetzen. Zu gute kommt ihm dabei, dass er im Gegensatz zum bisherigen Management von allen Skandalen des Geldhauses unbelastet ist.

Zumindest in dieser Hinsicht bietet die Situation auch die Chance auf einen Neuanfang. Die Aktie bleibt dennoch ein sehr spekulativer Bankenwert. Nur für risikoorientiere Anleger. Empfehlung: Halten. Kursziel: 33,0, Stopp: 25,50.

Wolfgang Ehrensberger