Deutsche-Ban-Chef John Cryan betrachtet das als ersten Aufschlag und geht fest davon aus, den Betrag in den nun anlaufenden Marathon-Sitzungen noch drücken zu können. "Die Deutsche Bank erwartet ein Verhandlungsergebnis, das im Bereich ihrer Wettbewerber liegt, die sich mit dem US-Justizministerium bereits auf deutlich niedrigere Beträge geeinigt haben", erklärte das Institut. Intern gibt es weiter die Hoffnung, eine der größten Altlasten bis Jahresende vom Tisch zu haben.
Auch Investoren wünschen sich nichts sehnlicher. Von der Zuversicht der Bank ließen sie sich jedoch nicht anstecken. Die Deutsche-Bank-Aktie verlor im frühen Handel sieben Prozent und zog auch andere Finanztitel ins Minus. Selbst ein Drittel der angedrohten Strafe wäre eine schwere Last für eine Firma mit einem Börsenwert von nur noch 18 Milliarden Euro, rechnete Analyst Neil Wilson vom Brokerhaus ETX Capital vor.
Man frage sich, ob die Regulierer mit derart hohen Strafen nicht mehr Schaden anrichteten als Gutes zu tun. "Angesichts der prekären Finanzlage einiger europäischer Banken, von denen die Deutsche eine des risikobehaftetsten und systemrelevantesten ist, ist dies verstörend und wirkt kurzsichtig und unnötig strafend."
In der Tat ist der Druck groß. Die Deutsche Bank steckt mitten in der Sanierung und verdient deshalb momentan kaum Geld. Die Kapitaldecke ist im Vergleich zu Wettbewerbern dünn. Eine weitere milliardenschwere Kapitalerhöhung hat Cryan zwar wiederholt ausgeschlossen - er setzt darauf, dass sich das Geldhaus durch den Abbau von Risiken gesundschrumpfen kann.
Aber viele Analysten sind skeptisch. Nun kommt im schlimmsten Fall eine Strafzahlung hinzu, die die Bank überfordern könnte. "Alles über sieben Milliarden Dollar wäre für die Deutsche Bank sehr gefährdend", sagte einer der zehn größten Investoren der Bank. Dann müsste die Deutsche Bank über eine Kapitalerhöhung oder einen Verkauf der Vermögensverwaltung nachdenken. Einen Bedarf für Staatshilfen sehe er aber nicht. "Es gibt keine Krisenstäbe", betonte ein deutscher Bankenaufseher. "Wir betrachten das aber sehr intensiv - das ist kein Pappenstil."
Für sämtliche noch offene Rechtsstreitigkeiten, darunter auch der Geldwäsche-Skandal in Russland, hatte das Institut zur Jahresmitte 5,5 Milliarden Euro zur Seite gelegt - und wähnte sich damit eigentlich auf der sicheren Seite. Davon werden für den Hypothekenstreit eine Summe von 2,5 bis drei Milliarden Euro veranschlagt, wie ein Insider berichtet. Die Rechnung, die das US-Justizministerium nun aufmachte, sei erst zu Wochenbeginn ins Haus geflattert. "Jetzt geht es ans Eingemachte, um die konkrete Summe. Alle Dokumente sind ausgetauscht."
Der Großinvestor rechnet mit einer Strafe von vier bis 5,5 Milliarden Dollar. "Da wir im US-Wahlkampf sind, kann die Summe aber auch höher ausfallen - etwa sechs oder sieben Milliarden Dollar", sagte er Reuters. "Auch der Streit der EU mit Apple und Google kann durchaus dazu führen, dass die Summe höher ausfällt als vergleichbare Strafzahlungen von US-Banken." Die EU-Kommission fordert von Apple eine Steuerrückzahlung von 13 Milliarden Euro, weil sie die von Irland eingeräumten Sonderkonditionen für unrechtmäßig hält. Das US-Finanzministerium hatte sich umgehend beschwert.
WIE EIN BUMERANG
Das Hypothekenthema geht auf die Zeit vor der Finanzkrise zurück und betrifft nicht allein die Deutsche Bank. Viele Großbanken hatten sich auf dem amerikanischen Immobilienmarkt über Jahre eine goldene Nase verdient. Sie reichten Hypotheken an mittellose Familien aus und blähten damit ihr Kreditgeschäft auf. Die Risiken wurden anschließend an Investoren weitergereicht - in Form von hochkomplexen Anleihen, die den Banken ebenfalls hohe Gebühren in die Kasse spülten. Als der Markt 2007 kollabierte, erwiesen sich diese Bonds als wertlos. Viele der Käufer fühlten sich über den Tisch gezogen und klagten erfolgreich gegen die Banken. Im Frühjahr hatte Goldman Sachs einen Vergleich mit dem US-Justizministerium eingetütet - rund fünf Milliarden Dollar schwer. Nur ein Teil davon ist allerdings eine Barzahlung an die Behörden. In vielen Fällen mussten betroffene Banken auch Anleger entschädigen.
Die Deutsche Bank betonte, man beabsichtige "auf keinen Fall, diese möglichen zivilrechtlichen Ansprüche in einer Höhe zu vergleichen, die auch nur annähernd der genannten Zahl entspricht". Branchenkennern zufolge haben die Banken in den Gesprächen mit den Behörden durchaus Verhandlungsspielraum zu ihren Gunsten.
Wie groß der Spielraum bei einem ausländischen Institut ist, ist allerdings offen. Das US-Justizministerium wollte sich zur Sache nicht äußern. Aktienhändler Markus Huber vom Brokerhaus City of London hat seine eigene Interpretation: "Das Justizministerium hat die Deutsche Bank dazu auserkoren, ihren Teil beim Stopfen des enormen US-Haushaltsdefizits beizutragen."
rtr