Eine Sprecherin sagte: "Diese Meldung ist falsch. Die Bundesregierung bereitet keine Rettungspläne vor. Anlass für derartige Spekulationen gibt es nicht. Die Bank hat dies ausdrücklich klargestellt." Nach dem Absturz der Aktie zu Wochenbeginn meldete sich Deutsche-Bank-Chef John Cryan persönlich in der "Bild"-Zeitung zu Wort und betonte, Staatshilfe sei für sein Haus kein Thema.

Zuletzt war in Medienberichten der Eindruck erweckt worden, Cryan habe in Berlin zumindest vorgefühlt. Dazu stellte er klar: "Ich habe die Bundeskanzlerin zu keinem Zeitpunkt um Hilfe gebeten. Ich habe auch nichts dergleichen angedeutet." Auch die Frage nach einer Kapitalerhöhung, über die am Markt immer wieder spekuliert wird, stelle sich nicht. Die Deutsche Bank erfülle alle regulatorischen Anforderungen, habe ein komfortables Liquiditätspolster und deutlich weniger Risiken in den Büchern als früher. "Die Situation ist besser, als sie von außen wahrgenommen wird."

Unerwartete Schützenhilfe bekam Cryan von der Bank of England. Deren Vize-Chefin Minouche Shafik warnte in London vor überzogenen Vergleichen. Es gebe keine direkten Parallelen zwischen der Deutschen Bank und der 2008 kollabierten US-Investmentbank Lehman Brothers, die die weltweite Finanzkrise auslöste, erklärte Shafik. Lehman war an einem Liquiditätsengpass zugrunde gegangen, die US-Regierung war nicht eingesprungen.

Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, ging dagegen bei seinem mit Spannung erwarteten Besuch in Berlin auf Distanz zur Deutschen Bank. Die Niedrigzinspolitik der Notenbank - von Cryan zuletzt heftig als Belastungsfaktor für die Bank kritisiert - sei nicht Schuld an der Misere der deutschen Geldhäuser, erklärte Draghi laut Teilnehmern vor dem Europaausschuss des Bundestages. In seiner zuvor gemachten öffentlichen Erklärung hatte der EZB-Chef betont, die Banken müssten ihre Geschäftsmodelle an das neue Umfeld anpassen und ihre eigenen strukturellen Probleme angehen.

EINE KURZE ATEMPAUSE



Die Deutsche-Bank-Aktie notierte am Mittwoch zwar deutlich im Plus, wozu auch der besiegelte milliardenschwere Verkauf der britischen Versicherungstochter Abbey Life an den Finanzkonzern Phoenix beitrug. Das wird Händlern zufolge als wichtiger Meilenstein beim ausgerufenen Schrumpfkurs gewertet, auch wenn das Institut bei dem Verkauf wohl einen Verlust von 800 Millionen Euro machen wird. Die grundsätzlichen Zweifel der Investoren an der Widerstandsfähigkeit der Bank bleiben aber. Die Kapitalquote mag über den Mindestanforderungen der Regulierer liegen. Doch im Vergleich zu vielen internationalen Konkurrenten hinkt die Deutsche Bank hinterher - dabei ist sie weltweit systemrelevant, kann also nach Einschätzung der Aufsichtsbehörden das gesamte Finanzsystem ins Wanken bringen.

Und weil die Bank mitten in der Sanierung steckt, verdient sie momentan kaum Geld - dabei müssen noch viele große Rechtsstreitigkeiten bezahlt werden, Altlasten der Finanzkrise. Zu einem der größten Fälle könnte sich der Streit mit den US-Behörden um faule Hypothekenpapiere auswachsen. Hier steht eine Strafe von umgerechnet gut zwölf Milliarden Euro im Raum. Zum Vergleich: Die gesamte Deutsche Bank ist an der Börse noch knapp 15 Milliarden Euro wert. Erst in dieser Woche markierte die Aktie ein neues Rekordtief von 10,18 Euro.

Welche Summe das Institut im Hypothekenstreit am Ende tatsächlich zahlen muss, ist völlig offen. Die Verhandlungen laufen gerade an und in der Führungsriege geht man fest davon aus, die Summe noch ordentlich drücken zu können, wie es auch andere Großbanken getan haben. Aber so lange diese Ungewissheit anhält, dürfte sich weder der Aktienkurs erholen, noch dürften die Spekulationen über den Kapitalbedarf der Bank abreißen, sagen Analysten unisono. Experten halten das deutsche Bankensystem insgesamt für dringend reformbedürftig, die Niedrigzinsen verschärfen den Druck. Der Chef des Münchner Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, Clemens Fuest, sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", die Risiken für eine Krise stiegen.

DAS TESTAMENT GIBT ES SCHON



Schon Cryans Vor-Vorgänger Josef Ackermann hatte mitten in der Finanzkrise erklärt, er würde sich schämen, sollte die Deutsche Bank Staatshilfe annehmen. Am Ende war es die Commerzbank, die der Bund stützen musste - unter anderem, indem er einen Anteil von 25 Prozent an der Bank erwarb. Dieses Szenario brachte "Die Zeit" nun auch für die Deutsche Bank ins Spiel. Auch Verkäufe von Unternehmensteilen, mitunter gestützt durch staatliche Garantien, gehörten zu den Planspielen der Beamten, die derzeit in Berlin, Brüssel und Frankfurt an einem entsprechenden Konzept tüftelten, berichtete die Zeitung ohne Nennung von Quellen. Der Plan solle aber nur dann umgesetzt werden, wenn die Deutsche Bank sich nicht selbst frisches Geld am Markt besorgen könne.

In all diese Überlegungen müsste auch die deutsche Finanzaufsicht BaFin eingebunden sein. Aber auch hier betonten Insider, es gebe keinen solchen Notfallplan. Was es aber gibt, sind sogenannte "Testamente": Seit einigen Jahren müssen Banken solche Pläne vorlegen, wie sie im Notfall restrukturiert oder geordnet abgewickelt werden können. Dazu gehört in aller Regel auch der Verkauf von Geschäftsteilen, um eine Bank zu stabilisieren. Die Testamente sind meist Hunderte Seiten lang und müssen von den Aufsichtsbehörden abgesegnet werden. Sie sind eine Antwort auf die Finanzkrise - Steuerzahler sollen bei künftigen Bankpleiten möglichst verschont bleiben.

rtr